Scholz beendet traditionellen Kanzlerrundgang, während möglicher Nachfolger im Hintergrund agiert.
Abschiedstour des geschäftsführenden Bundeskanzlers Olaf Scholz auf der Hannover Messe

Abschiedstour für den geschäftsführenden Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Hannover Messe: Zum letzten Mal trat er in der niedersächsischen Landeshauptstadt den traditionellen Kanzlerrundgang an. Doch im Hintergrund stahl ihm schon sein voraussichtlicher Nachfolger die Show, obwohl der gar nicht vor Ort war.
Lieber hätte man schon CDU-Chef Friedrich Merz vor Ort gehabt, sagte der Präsident des Elektro- und Digitalindustrieverbandes ZVEI, Gunther Kegel. «Da hätten wir ihm das Eine oder Andere mit auf den Weg geben können.»
Scholz warnt vor Protektionismus als Wirtschaftsrisiko
Stattdessen besuchte Scholz während des traditionellen Kanzlerrundgangs die weltgrößte Industrieschau. Bei Bosch Rexroth informierte er sich über die Batteriefertigung und bei Siemens über einen Bioreaktor zur Herstellung von Medikamenten.
Im Gepäck hatte Scholz aber vor allem eine klare Botschaft mit Blick auf die angekündigten US-Zölle: Niemand profitiere vom Protektionismus, sagte der SPD-Politiker. «Wir alle gemeinsam setzen uns dafür ein, dass der Irrweg des Protektionismus nicht die Wachstumschancen der ganzen Welt zerstört.»
Kein Land könne allein hoch spezialisierte Maschinen bauen, verkaufen und weiterentwickeln. «Auch große Länder wie die USA und China sind zu klein, um spezialisierte Produkte zu entwickeln, die sich nur für ihren eigenen Markt eignen», sagte Scholz.
Doch nicht nur Handelsschranken bedrohen die ökonomische Entwicklung der Welt, sondern auch kriegerisches Treiben. Die Folgen seien etwa in der Ukraine zu sehen. «Wir müssen zurückkehren zu einer friedlichen Welt, in der ein Grundsatz klar ist: Die stärkeren Nachbarn sind keine Gefahr für ihre schwächeren Nachbarn», sagte der Kanzler.
Schuldenpakete sollen Industrie Schub geben
Themen, die auch Merz, der voraussichtliche Nachfolger von Scholz, weiterhin beschäftigen wird. Die Industrieverbände haben trotz seiner Abwesenheit nicht an weiteren Forderungen an den CDU-Chef gespart.
Zwar habe das geplante Milliarden-Paket für Verteidigung und Infrastruktur das Potenzial, der Industrie wieder Schub zu geben. IG-Metall-Chefin Christiane Benner sprach von einem wichtigen Signal: «Wir haben verstanden, wir investieren.» Jetzt komme es darauf an, dass das Geld auch in der Industrie ankomme. «Jetzt ist es entscheidend, dass genau diese Punkte gut umgesetzt.»
Verbände: Reformwille darf nicht erlahmen
Das allein werde aber nicht reichen, warnte ZVEI-Chef Kegel. Darüber hinaus müsse die nächste Bundesregierung überfällige Strukturreformen angehen. «Anderenfalls droht, dass das Sondervermögen als Strohfeuer verpufft.»
Nötig sei jetzt ein «großer Wurf», sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Peter Leibinger: niedrigere Steuern, bezahlbare Energie für die Industrie und vor allem ein radikaler Abbau der ausufernden Bürokratie. Nur so lasse sich die Stimmung im Land drehen. Doch danach sehe aber leider nicht aus, sagte Bertram Kawlath vom Maschinen- und Anlagenbauerverband VDMA. «Der Reformeifer verblasst schon wieder, bevor er so richtig begonnen hat.»
Für das laufende Jahr machen sich die Industrievertreter daher wenig Hoffnung auf Besserung. Von den in Aussicht gestellten Milliardeninvestitionen werde in diesem Jahr noch nicht viel in den Unternehmen ankommen, hieß es beim BDI. Die Industrieproduktion werde daher wohl erneut sinken, um 0,5 Prozent. «Das wäre der vierte Rückgang in Folge», so BDI-Chef Leibinger.
Künstliche Intelligenz hält Einzug
Etwa 4000 Aussteller aus über 60 Ländern präsentieren bis Freitag ihre Neuheiten, darunter 260 aus dem diesjährigen Partnerland Kanada. Ein Schwerpunkt liegt erneut auf der Künstlichen Intelligenz. Siemens stellt seinen weiterentwickelten Industrial Copilot vor, mit dem Roboter per Sprachsteuerung bedient werden können. Microsoft zeigt einen KI-gestützten Assistenten, der die Abläufe in der Fabrikhalle optimieren soll. Ebenfalls zu sehen ist ein Roboter, der mithilfe von KI Elektrobatterien demontiert.
Einen Roboter etwas anderer Art traf Scholz bei seinem Rundgang. Als sich der Kanzler im Eishockey versuchte, musste er am «Robo Goalie», einem Roboter-Torwart, vorbei. Doch Scholz setzte den Puck mit einem beherzten Schlag einige Zentimeter links neben das Tor. Passend zu seinem sportlichen Einsatz bekam der Kanzler ein Trikot mit dem Aufdruck «Scholz 25» geschenkt.