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Metall-Tarifrunde geht in die heiße Phase

An diesem Montag läuft in der deutschen Metall- und Elektroindustrie die Friedenspflicht aus. Die IG Metall startet in den Betrieben eine erste Welle von Warnstreiks.

Trillerpfeifen gehören bei Warnstreiks dazu.
Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Die IG Metall fordert in diesem Jahr eine Lohnerhöhung von sieben Prozent für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie. Der Tarifvertrag wurde gekündigt und die vierwöchige Friedenspflicht endet am Montag (28. Oktober). Ab Dienstag wird die IG Metall bundesweit ihre Mitglieder in vielen Betrieben zu ersten Warnstreiks aufrufen.

Um was geht es?

Es geht um die Arbeitsbedingungen von etwa 3,9 Millionen Beschäftigten in verschiedenen Schlüsselbranchen der deutschen Industrie. Im regionalen Flächentarifverträgen der Metall- und Elektroindustrie sind Maschinenbau, Elektro und große Teile der Autoindustrie vertreten.

Was fordert die IG Metall? 

Die Standpunkte sind noch weit voneinander entfernt, was nach zwei Verhandlungsrunden jedoch nicht ungewöhnlich ist. Die IG Metall fordert bei einer Laufzeit von zwölf Monaten für die Arbeitnehmer 7 Prozent mehr Gehalt und überproportional 170 Euro im Monat mehr für die Auszubildenden. Außerdem strebt sie an, dass mehr Arbeitnehmer die Wahlmöglichkeit zwischen freier Zeit und Bezahlung haben. Die Gewerkschaft begründet diese dritthöchste Forderung der letzten 30 Jahre mit den Kaufkraftverlusten, die ihre Mitglieder in den vergangenen Jahren der Hochinflation erlitten haben.

Was bieten die Arbeitgeber?

Die Arbeitgeber haben flächendeckend ein erstes Angebot gemacht, das bei einer Laufzeit von 27 Monaten in zwei Schritten zu einer Steigerung von 3,6 Prozent führt. Die erste Stufe von 1,7 Prozent soll erst im Juli 2025 in Kraft treten. Gesamtmetall weist auf die schwierige wirtschaftliche Lage der Unternehmen hin, die zusätzlich unter zahlreichen Standortnachteilen leiden. Die Produktion der Unternehmen liegt bisher 7,4 Prozent unter dem Vorjahr und 15 Prozentpunkte unter dem Vorkrisenniveau von 2018. Es ist weder in diesem noch im aktuellen Jahr eine Trendwende erkennbar. Die Betriebe sollten daher nicht weiter belastet werden.

Welche Rolle spielen die parallelen Verhandlungen bei Volkswagen?

Der größte deutsche Autohersteller hat sechs Werke in Westdeutschland und 120.000 Mitarbeiter, die nicht unter den Flächentarifvertrag fallen, sondern einen eigenen Haustarif mit der IG Metall haben. Die VW-Krise, in der das Management seit September Entlassungen und Werksschließungen nicht mehr ausschließen will, wirkt sich nur indirekt auf den Flächentarif aus, zeigt aber auch die Gefahren von De-Industrialisierung und Arbeitsplatzverlust.

Aufgrund des Drucks der Gewerkschaft wurden die VW-Tarifverhandlungen um einige Wochen vorgezogen, sind jedoch eng mit strategischen Entscheidungen über die zukünftige Auslastung der Werke verbunden. Warnstreiks bei VW sind erst ab dem 1. Dezember möglich. Die Gewerkschaft fordert wie flächendeckend 7 Prozent mehr Geld und die Rücknahme der Schließungspläne.

Wann gibt es in der Fläche Warnstreiks?

Die IG Metall hat angekündigt, dass mit dem Ende der Friedenspflicht am 29. Oktober eine erste bundesweite Warnstreikwelle beginnt. Das ist durchaus unmittelbar gemeint, denn bei Tarifverhandlungen in der Vergangenheit haben die ersten Beschäftigten bereits um 00.01 Uhr in ihren Nachtschichten «den Hammer fallengelassen».

Welche Auswirkungen haben die Warnstreiks?

Die Produktion der bestreikten Betriebe wird zunächst einmal durch die Arbeitsniederlegungen gestört. Während eines Warnstreiks wird die Arbeitszeit nicht bezahlt. Im Gegensatz zu Streiks im Verkehr, bei denen Zugfahrten oder Flüge ausfallen, kann die Produktion jedoch später nachgeholt werden. Die M+E-Produkte werden oft an andere Industriebetriebe geliefert. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Endkunden zunächst größere Nachteile spüren.

Wie wird schließlich eine Lösung gefunden?

Trotz der Warnstreiks laufen die Verhandlungen in elf Regionen parallel weiter. Die Tarifgebiete Küste und Niedersachsen eröffnen bereits am Dienstag (29. Oktober) die dritte Verhandlungsrunde. Die restlichen Gebiete folgen bis zum 5. November. Es wird geprüft, wo eine Annäherung möglich ist. Wenn sich ein Pilotbezirk abzeichnet, wird dort die Verhandlung stellvertretend abgeschlossen. Dabei können auch die zentralen Einheiten, nämlich der Dachverband Gesamtmetall in Berlin und der Vorstand der IG Metall in Frankfurt, eingreifen. Wenn es ein Ergebnis gibt, wird dies in den nächsten Tagen auf die anderen Tarifgebiete übertragen.

Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf warnte im Gespräch mit dem Nachrichtenportal «t-online», es helfe überhaupt nicht, die Erwartungshaltung weiter anzuheizen. «Die Lage ist, wie sie ist.» Da machten Warnstreiks eine Einigung nicht leichter.

Wie wird der Pilotbezirk ausgewählt?

Das ist ein informeller Prozess zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern, der auch vom Ehrgeiz der regionalen Verhandler abhängt. Beide Seiten müssen zudem darauf achten, dass ihre jeweiligen Verhandlungsführer ausreichend Rückhalt auch in den anderen Regionen haben. Schon aus diesem Grund stammen die Abschlüsse der jüngeren Vergangenheit ausschließlich aus den mitgliederstarken IGM-Bezirken Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern. 1997 war mit Niedersachsen letztmals eine der kleineren Einheiten dran. Besonders häufig wird «der Pilot» in Baden-Württemberg geschmiedet, wie zuletzt auch 2022 in Ludwigsburg. Dort wurde eine Lösung in der fünften Runde gefunden, eine über die Jahre durchaus übliche Dauer. 

Wie wahrscheinlich sind reguläre Streiks? 

Zu diesem Zeitpunkt sind reguläre Streiks sehr unwahrscheinlich, auch wegen des bereits früh in der zweiten Runde vorgelegten Angebots. Der letzte reguläre Streik mit vorheriger Urabstimmung datiert aus dem Jahr 2002, als laut Zählung der Arbeitgeber 166 Betriebe in Baden-Württemberg und Berlin-Brandenburg bestreikt wurden. Die IG Metall betont zwar stets ihre volle Streikkasse, geht aber selten diesen letzten Schritt. In der Tarifrunde 2022 hat der damalige Verhandlungsführer Roman Zitzelsberger nach eigenem Bekunden mit Urabstimmung und Streik gedroht.

dpa