Amazon ermöglicht es anderen Online-Händlern, auf dem Amazon-Marktplatz Produkte zu verkaufen. Aber geht dabei alles mit rechten Dingen zu? Das Bundeskartellamt hat seine Zweifel.
Missbrauch mit Preisvorgaben? Kartellamt mahnt Amazon ab
Das Bundeskartellamt hat den Verdacht geäußert, dass der Handelsriese Amazon unrechtmäßig in die Preisgestaltung anderer Unternehmen auf der Handelsplattform Amazon-Marktplatz eingreift. Die Wettbewerbshüter in Bonn veröffentlichten eine entsprechende Abmahnung und vorläufige Einschätzung des Sachverhalts. Amazon bestreitet die Vorwürfe.
Die Firma hat jetzt die Möglichkeit, sich gegenüber dem Kartellamt zu äußern. Anschließend könnten die Wettbewerbshüter das Unternehmen zu einer anderen Vorgehensweise zwingen. Dagegen könnte Amazon dann wiederum klagen.
«Der Wettbewerb im Onlinehandel in Deutschland wird zu einem großen Anteil durch Amazons Regeln für die Handelsplattform bestimmt», betonte Kartellamtschef Andreas Mundt. Da Amazon auf der Plattform in den direkten Wettbewerb zu den anderen Händlern trete, sei eine Einflussnahme auf die Preisgestaltung der Wettbewerber grundsätzlich wettbewerblich bedenklich, etwa durch Preisobergrenzen für Marktplatz-Anbieter. «Dies gilt insbesondere dann, wenn die betroffenen Händler ihre eigenen Kosten nicht mehr decken können und die Handelsplattform in kartellrechtswidriger Weise zur Behinderung des restlichen Onlinehandels eingesetzt wird.»
Kritik an Intransparenz
Amazon ist mit weitem Abstand der Marktführer, seine Webseite vereint laut Angaben etwa 60 Prozent des Umsatzes im deutschen Onlinehandel. Amazon verkauft selbst Waren, öffnet aber auch seine Webseite für Drittanbieter über die Marktplatz-Funktion – wer Sportschuhe, Elektronik und andere Produkte kaufen möchte, erhält diese entweder direkt von Amazon oder von anderen Händlern, die die Amazon-Webseite nutzen und dafür Gebühren an den großen Konkurrenten zahlen.
Allerdings können die Marktplatz-Anbieter die Preise nach Darstellung des Kartellamts nicht frei festlegen, da es Preiskontrollmechanismen von Amazon gibt. Fällt ein Preis zu hoch aus, so wird das Angebot entweder vom Marktplatz entfernt, oder es wird nicht mehr in der Kaufbox («Buy Box») optisch hervorgehoben, sondern verschwindet gewissermaßen in der Bedeutungslosigkeit. Außerdem kann es nach Angaben des Kartellamts passieren, dass ein Produkt zwar noch zu sehen ist, daneben aber kein Einkaufsfeld mehr auftaucht. Amazon fordere die Anbieter zur Preissenkung auf und verweise dabei auf angeblich angemessene Referenzpreise.
Bei Deutschlands Wettbewerbshüter verursacht so ein Vorgehen starke juristische Bauchschmerzen. Sie kritisieren, dass häufig wechselnde Preisgrenzen den Wettbewerb auf dem Amazon-Marktplatz beschränken könnten. Solche Beschränkungen seien intransparent, sie folgten «keinen objektiven, überprüfbaren Grundsätzen». Händler könnten verdrängt werden.
Das Kartellamt befürchtet auch, dass Amazon seine starke Position ausnutzen könnte, um andere externe Onlinehändler davon abzuhalten, die Preise zu senken. Diese Händler würden dies tun in der Annahme, dass Amazon sowieso schnell nachziehen würde und sie keinen Preisvorteil hätten. Dies würde Auswirkungen auf den Onlinehandel insgesamt haben. Nach vorläufiger Einschätzung des Kartellamts wäre auch diese Geschäftspraxis von Amazon rechtswidrig. Deutschlands oberste Wettbewerbshüter beobachten Amazon schon seit geraumer Zeit kritisch. Im Jahr 2022 legte die Bundesbehörde die Grundlagen dafür, dass das Unternehmen einer erweiterten Missbrauchsaufsicht unterliegt.
Amazon sieht sich im Recht
Eine Amazon-Sprecherin sagte, man sei mit der Einschätzung des Kartellamts in keiner Weise einverstanden. Man unterstütze mehr als 47.500 deutsche Verkaufspartner «durch klare und faire Richtlinien, die für alle Angebote in unserem Store gelten». Kleine und mittelständische Unternehmen, die über Amazon verkaufen, böten Kunden eine große Produktauswahl an – und sie legten ihre Preise frei und unabhängig fest.
Die Sprecherin fügte hinzu, dass Amazon keine Preise fördern wolle, die nicht wettbewerbsfähig seien. «Dies würde das Vertrauen unserer Kunden in das Einkaufserlebnis und den Erfolg unserer Verkaufspartner beeinträchtigen.» Amazon zu zwingen, Kunden auf Amazon.de «überteuerte Waren» anzubieten, würde unter anderem etablierte Einzelhandelspraktiken infrage stellen, von denen bis heute Millionen Kunden profitierten.