Drogeriemärkte sind feste Anlaufstellen für Lebensmittel mit wachsendem Bio-Umsatz. Kunden schätzen entspanntes Einkaufserlebnis und erweitertes Sortiment.
Drogerien als Lebensmittelhändler etabliert – Bio im Fokus

Wer die Einkaufskörbe der Kunden bei dm, Rossmann oder Müller betrachtet, wird feststellen, dass dort nicht mehr nur Duschgel, Deo, Windeln oder Waschmittel liegen. Immer öfter sind auch Ravioli, Aufbackbrötchen, Suppe oder Olivenöl zu finden – Produkte, die früher hauptsächlich in Supermärkten oder Discountern gekauft wurden.
Gemäß einer Untersuchung von YouGov hat zwischen Anfang April 2024 und Ende März 2025 bereits jeder fünfte bezahlte Euro in Drogeriemärkten für Lebensmittel ausgegeben. Der Umsatzanteil stieg in den letzten fünf Jahren von 16,4 auf 20,6 Prozent. Die Erlöse erhöhten sich um zwei Drittel auf 2,8 Milliarden Euro.
Laut YouGov erzielen dm & Co. inzwischen fast die Hälfte ihres Lebensmittelumsatzes mit Bio-Produkten. In Deutschland wird jeder fünfte Euro für Bio-Lebensmittel – ohne Frische und Babynahrung – in Drogeriemärkten ausgegeben.
Umfrage: dm hat die meisten Lebensmittelkäufer
Seit der Pandemie haben die Drogerien ihr Angebot an Lebensmitteln ausgeweitet. Heute haben sie sich als feste Anlaufstelle für den Einkauf etabliert – besonders im Bereich Bio und Gesundheit. Sortimente, die zuletzt deutlich an Bedeutung gewonnen haben. «Es gibt immer mehr Kunden, die ausschließlich Lebensmittel kaufen und keine klassischen Drogerieartikel», sagt YouGov-Handelsexpertin Bettina Arneth. Wenn man Frische-Produkte nicht berücksichtige, habe die Drogerie den klassischen Bioladen ein Stück weit verdrängt.
Ein weiterer Grund für den Erfolg sei das Einkaufserlebnis. «Aus Gesprächen mit Konsumenten wissen wir: In Supermärkten und Discountern ist es oft hektisch. In Drogerien geht es weniger stressig zu, die Atmosphäre ist anders», meint Arneth. Das Einkaufen mache mehr Spaß, die Kunden hätten mehr Platz und fühlten sich wohler.
Auch Mafowerk, ein Marktforschungsberatungsunternehmen, hat das Thema untersucht. Dafür wurden rund 1.000 Verbraucher repräsentativ befragt. Laut der Untersuchung kauft mehr als jeder Vierte (28 Prozent) einmal pro Woche Lebensmittel im Drogeriehandel, weitere 9 Prozent tun dies mehrmals. Für 42 Prozent der Befragten sind Lebensmittel der Hauptgrund für ihren Besuch dort. Besonders Vegetarier und Kunden unter 30 Jahren kaufen häufiger dort ein. 47 Prozent der Befragten kaufen bestimmte Ernährungsprodukte ausschließlich in Drogeriemärkten. Laut der Umfrage hat die Kette dm die meisten Lebensmittelkäufer.
«Nicht nur Idealisten kaufen heute Bio»
Das Sortiment der Drogerien umfasst Frühstücksprodukte wie Müsli und Brotaufstriche, Kaffee, Tee und Milchalternativen, Nudeln, Bulgur und Linsen, Fleischersatz und Fertiggerichte. Des Weiteren werden Backzutaten, Snacks wie Nüsse, Süßigkeiten, Getränke wie Smoothies und Hafermilch sowie Sportnahrung wie Proteinriegel angeboten. Laut eigenen Angaben bietet dm mehr als 1.500 Produkte im Bereich Ernährung an, während Rossmann und Müller keine konkreten Zahlen nennen.
Nicht alles, was es im Supermarkt gibt, findet man jedoch in der Drogerie. So fehlen unter anderem frische Artikel wie Obst und Gemüse, aber auch Wurst, Käse, Joghurt, Fleisch oder Tiefkühlprodukte. Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung beim Handelsforschungsinstitut IFH Köln, sieht darin keinen Nachteil. «Die Menschen kaufen an mehreren Orten ein. Im Schnitt sind es 3,1 Einkaufsstätten. In Drogerien können sie ihre Grundversorgung im Trockensortiment decken, frische Artikel werden woanders gekauft.»
Zahlen des Marktforschers NIQ zeigen, dass ein reduziertes Angebot kein Hindernis darstellt. Von Januar bis April 2025 haben Drogerien beim Umsatz mit Bio-Lebensmitteln im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp 21 Prozent zugelegt – und damit deutlich stärker als Supermärkte (+6,6) und Discounter (+7,6). Die Zahl der Haushalte, die Bio-Produkte in der Drogerie kaufen, lag zuletzt demnach fast 10 Prozent höher. «Nicht nur Idealisten kaufen heute Bio», sagt Thomas Montiel Castro, Bio-Experte bei NIQ. Städter griffen häufiger zu.
Viel Potenzial für Bio-Lebensmittel bis 2030
Wenig deutet darauf hin, dass der Trend bald endet. Eine 2024 veröffentlichte Studie von Handelsexpertin Stüber sieht noch großes Potenzial für Bio-Lebensmittel. Der Umsatz dürfte demnach bis 2030 noch kräftig steigen. Verhältnismäßig am stärksten profitieren voraussichtlich Drogerien. Laut Expertin Stüber machen sie den Lebensmitteleinzelhändlern zunehmend Konkurrenz: «Die Drogerien sind zu Nahversorgern geworden und genießen auch bei Lebensmitteln großes Vertrauen.» Dass sie zu kleinen Supermärkten werden, glaubt sie jedoch nicht.
Die Drogeriemarktkette dm hat nicht vor, frische Lebensmittel in ihr Sortiment aufzunehmen. «Wir gehen nicht davon aus, dass unsere Kunden in einem Drogeriemarkt Frischware wie Obst und Gemüse, Kühltheken oder tiefgekühlte Lebensmittel erwarten», sagt Sebastian Bayer, Marketing-Geschäftsführer von dm. Für ein erweitertes Angebot fehle es auch an Flächen.
Die großen Filialisten dm, Rossmann und Müller planen, ihr Lebensmittelsortiment trotzdem zu erweitern, wie die Unternehmen auf Anfrage mitteilten. dm hat jedoch auch andere Pläne. Voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte sollen Kunden rezeptfreie Medikamente wie Schmerzmittel online erwerben können.
YouGov-Expertin Arneth warnt: «Die Drogerien müssen ein bisschen aufpassen, die Kunden nicht mit weiteren neuen Sortimenten zu überfordern. Irgendwann ist mehr nicht mehr mehr.» Die Ordnung und Struktur im Laden dürfe nicht verloren gehen.