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Abgabe auf Importe von Billigwaren in EU

Von Online-Händlern wie Shein, Temu, AliExpress und Co. kommen unzählige Pakete in die EU. Um die Paketflut einzudämmen, soll es für die Importeure nun teurer werden – und somit auch für Verbraucher?

Ob günstige Produkte durch die neuen Vorgaben der EU teurer werden, dürfte abzuwarten bleiben.
Foto: Hannes P Albert/dpa

Die EU erhöht die Importkosten im Kampf gegen unerwünschte Billigimporte. Die Mitgliedsstaaten haben vereinbart, dass ab Juli 2026 jedes Paket im Wert von bis zu 150 Euro mit einer Abgabe von drei Euro belegt wird.

Die Vorgabe, die von den Finanzministern der EU bei einem Treffen in Brüssel beschlossen wurde, betrifft voraussichtlich Online-Händler wie Shein, Temu, AliExpress oder auch Amazon. Die Abgabe soll von den nationalen Zollbehörden erhoben werden. Bisher können Pakete mit einem Wert von bis zu 150 Euro zollfrei in die Staatengemeinschaft eingeführt werden.

Abgabe ist Zwischenlösung 

Die geplante neue Abgabe ist vorerst nur vorübergehend, da zukünftig alle in die EU importierten Waren ab dem ersten Euro zollpflichtig sein sollen. Es ist noch unklar, ob preiswerte Produkte dadurch teurer werden. Theoretisch könnten auch die Produzenten oder Importeure die zusätzlichen Kosten tragen.

Der Online-Handel hat in den letzten Jahren zu einem exponentiellen Anstieg der Lieferung kleiner Warenpakete mit geringem Wert in die EU geführt. Laut EU-Kommission wurden 2024 täglich etwa zwölf Millionen Pakete in der EU zugestellt – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den beiden Vorjahren.

Freigrenze soll ab 2028 abgeschafft werden

Im November wurde vereinbart, die derzeitige 150-Euro-Freigrenze in der EU abzuschaffen. Die neue Regelung, die von der Bundesregierung unterstützt wird, tritt jedoch erst 2028 in Kraft, wenn auch eine digitale Plattform für Abwicklung und Kontrolle startet. Durch die Abschaffung der Freigrenze soll sichergestellt werden, dass alle Händler – unabhängig von ihrem Standort – die gleichen Wettbewerbsbedingungen haben.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat kürzlich betont, dass er sich darum bemüht, in der Europäischen Union unfairer Handelspraktiken vorzubeugen. Es wird derzeit ein systematischer Missbrauch der Zollfreiheit von 150 Euro pro Päckchen in Deutschland beobachtet, hauptsächlich durch massenhafte Sendungen aus China. Dieser massive Missbrauch der Freigrenzen muss gestoppt werden.

Kampf gegen Betrug

Des Weiteren ist geplant, dass die neuen Vorschriften dazu dienen, Betrug zu bekämpfen: Laut der Europäischen Kommission wird geschätzt, dass bei 65 Prozent der in die EU versandten Pakete absichtlich ein zu niedriger Wert in der Zollanmeldung angegeben wird, um die Befreiung zu erhalten. Dies hat laut der Behörde negative Auswirkungen auf EU-Unternehmen, die nicht mit den entsprechend niedrigeren Verkaufspreisen konkurrieren können, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen.

Des Weiteren soll die Befreiung Importeuren Anreize bieten, größere Bestellungen beim Versand in die EU in kleinere Pakete aufzuteilen, so die Kommission. Dies führe zu unfairen Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen und verursache zusätzlich Verpackungsmüll.

EU-Kommission erwägt weitere Abgabe

Die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Ramona Pop, nannte die Maßnahmen der EU erste Schritte, um die Paketflut einzudämmen. «Außerdem müssen Online-Marktplätze grundsätzlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie unsichere oder gefährliche Produkte vertreiben», forderte sie weiter. Eine Untersuchung der Stiftung Warentest habe kürzlich wieder gezeigt, dass besonders Produkte im Preissegment unter 150 Euro häufig nicht den EU-Regelungen entsprächen, mahnte Pop.

Die EU-Kommission erwägt laut Berichten, zusätzlich zur beschlossenen vorübergehenden Abgabe und der Zollpflicht ab 2028 für preiswerte Produkte, eine Pauschalabgabe von bis zu zwei Euro auf entsprechende Bestellungen aufgrund der zunehmenden Anzahl von Paketen aus Drittstaaten.

Shoppingportale bei Verbrauchern beliebt

Der Handelsverband Deutschland (HDE) gibt an, dass täglich etwa 400.000 Pakete von Shein und Temu an deutsche Kunden versandt werden. Der Umsatz der beiden Portale in Deutschland betrug 2024 zwischen 2,7 und 3,3 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr haben laut HDE mehr als 14 Millionen Menschen hierzulande bei Temu und Shein eingekauft.

Die beiden Shoppingportale sind bei Verbrauchern sehr beliebt. Laut einem aktuellen Ranking des Handelsforschungsinstituts EHI war Shein im Jahr 2024 bereits der siebtgrößte Onlineshop in Deutschland. Temu belegt den 4. Platz bei den Marktplätzen.

Temu ist ein Online-Marktplatz, auf dem viele Unternehmen verschiedene Produkte verkaufen. Das chinesische Unternehmen ist seit Frühjahr 2023 in Deutschland tätig und erregt regelmäßig Aufmerksamkeit mit niedrigen Preisen und hohen Rabatten. Oft werden die Produkte direkt vom Hersteller zum Kunden geliefert. Der Modekonzern Shein, der in China gegründet wurde und heute seinen Sitz in Singapur hat, fungiert sowohl als Hersteller, Händler als auch als Marktplatz.

Online-Shops umstritten

Die beiden Anbieter stehen in der Kritik. Politiker, Handelsvertreter und Verbraucherschützer bemängeln unter anderem die Produktqualität, unzureichende Kontrollen und unfaire Wettbewerbsbedingungen. Sie fordern eine strengere Regulierung und einen verbesserten Schutz beim Online-Einkauf.

In Frankreich ist Shein in letzter Zeit vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Nachdem bekannt wurde, dass der Online-Händler Sexpuppen mit kindlichem Aussehen und Waffen anbietet, hat die französische Regierung ein Verfahren gegen die Plattform eingeleitet. Die Regierung kündigte an, am Pariser Flughafen 200.000 Shein-Pakete zu kontrollieren. Shein plant, mit den Behörden zusammenzuarbeiten.

dpa