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Deutschland plant den Bau von Gaskraftwerken

Energiewirtschaft betont Willen zur schnellen Umsetzung. Neue Kraftwerke sollen flexibel einspringen und mit Wasserstoff betrieben werden können.

Die Koalition hat sich auf eine Kraftwerksstrategie geeinigt. Bis 2032 sollen insgesamt 12 Gigawatt steuerbare Leistung entstehen, vor allem durch neue Gaskraftwerke. (Archivbild)
Foto: Rolf Vennenbernd/dpa

Die Energiewirtschaft betont nach den Beschlüssen des Koalitionsausschusses zum Neubau von Gaskraftwerken ihren Willen zur schnellen Umsetzung. Der Neubau von Kraftwerken mit insgesamt zwölf Gigawatt Leistung wurde beschlossen. Sie sollen flexibel einspringen, wenn während und nach dem Kohleausstieg nicht genügend Wind- und Sonnenstrom vorhanden ist.

Man stehe bereit, sich mit rund zwei Gigawatt hocheffizienten und wasserstofffähigen Kraftwerken einzubringen, sagte etwa ein Sprecher des Energiekonzerns Uniper in Düsseldorf. Projekte an zwei Standorten seien im fortgeschrittenen Planungsstadium. Weitere Standorte würden geprüft. «Wichtig sind jetzt ein schneller Abschluss der Gespräche mit Brüssel sowie ein baldiger Beginn des Gesetzgebungsprozesses möglichst vor der Weihnachtspause für mehr Planungssicherheit», sagte Uniper-Chef Michael Lewis.

Steag: «Gaskraftwerke sind Brücke in klimaneutrale Zukunft»

Bei der Steag Iqony Group (Essen) sind die Planungen für ein Gaskraftwerk mit einer Leistung von knapp einem Gigawatt nach Angaben eines Sprechers ebenfalls «weit fortgeschritten». Man stehe «in den Startlöchern». Deutschland brauche diese Kraftwerke, so der Sprecher. «Gaskraftwerke sind die Brücke in eine klimaneutrale Zukunft.»

Ein Sprecher von Deutschlands größtem Verteilnetzbetreiber Eon begrüßte, dass der Koalitionsausschuss zusätzlich zu Gaskraftwerken bei den Ausschreibungen auch auf andere Flexibilitätslösungen setze. «Voraussetzung hierfür muss aber sein, dass Batteriespeicher das Energiesystem entlasten und sich netzdienlich verhalten.» Auf die Frage, ob Eon sich mit Speicher-Projekten an den Ausschreibungen beteiligen werde, antwortete der Sprecher: «Da uns die Ausschreibungsbedingungen noch nicht vorliegen, können wir heute auch noch keine Aussage darüber treffen, ob wir uns daran beteiligen werden.»

RWE will erste Kraftwerke 2030 in Betrieb nehmen

Bereits am Mittwoch hatte RWE-Finanzvorstand Michael Müller drei Standorte benannt, «an denen wir schnell mit dem Bau loslegen könnten». Insgesamt drei Gigawatt an neuer flexibler Kraftwerkskapazität in Deutschland könne man sich vorstellen. Ein Konzernsprecher sagte nach den Beschlüssen: «Jetzt warten wir auf die Details der Ausschreibungen, die dann frühzeitig im kommenden Jahr stattfinden müssen. Dann könnten erste Anlagen 2030 den Betrieb aufnehmen.»

Der Koalitionsausschuss der schwarz-roten Bundesregierung hatte am Donnerstagabend unter anderem neue Eckpunkte für die Kraftwerksstrategie beschlossen. Damit sich die Investitionen für Energieunternehmen rechnen, soll es eine staatliche Förderung geben. Dieser muss die EU-Kommission zustimmen. Eine Einigung mit der EU wird laut Beschlusspapier «schnellstmöglich» angestrebt.

Regierung: Alle Gaskraftwerke müssen wasserstofffähig sein

Laut dem Papier wird die Bundesregierung bis 2026 Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von zehn Gigawatt ausschreiben, die bis 2031 in Betrieb gehen sollen. Im Vergleich dazu hat das große Steinkohlekraftwerk Datteln 4 eine Leistung von rund einem Gigawatt. Zwei der zehn Gigawatt sollen technologieoffen ausgeschrieben werden, wobei auch Speicher berücksichtigt werden können. Es ist wichtig zu beachten, dass alle Gaskraftwerke auch mit Wasserstoff betrieben werden können müssen.

Es ist geplant, dass im Jahr 2026/27 noch zwei weitere Gigawatt ausgeschrieben werden. Diese Kraftwerke sollen bis 2032 in Betrieb gehen, aber bereits früher verpflichtend mit Wasserstoff betrieben werden. Es wird eine Betriebskostenförderung für eine gewisse Zeit geben.

Ministerin: Strategie dringender Schritt für «Versorgungsfähigkeit»

Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) betonte, dass die «in begrenztem Umfang nötigen» neuen Gaskraftwerke so gebaut würden, dass sie in Zukunft auf grünen Wasserstoff umgestellt werden könnten. «Das sind wichtige Fortschritte für ein Energiesystem, das klimafreundlich, sicher und bezahlbar ist», hieß es in einem Statement.

Bundeswirtschaftsminister Katherina Reiche nannte die Einigung bei der Kraftwerkstrategie einen «dringenden Schritt, um Versorgungsfähigkeit zu gewährleisten». Die kurzfristige Ausschreibung von insgesamt zwölf Gigawatt seien Grundlage für eine gesicherte Stromversorgung Deutschlands und damit für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, hieß es in einer Stellungnahme.

DUH-Kritik: Regierung «planwirtschaftlich» auf Gaskraftwerke fixiert

Kritik kam von der Umweltschutzorganisation Deutsche Umwelthilfe (DUH). «Der größte Teil der Kapazitäten 2026 wird nicht technologieoffen ausgeschrieben», sagte DUH-Leiter Energie und Klimaschutz, Constantin Zerger, laut einer Mitteilung. «Batteriespeicher bekommen bei diesen acht Gigawatt also keine Chance.» Zerger sprach von einer «planwirtschaftlichen Fixierung» der Regierung auf Gaskraftwerke. Sie sei nicht begründbar und müsse aufgegeben werden. Neben der Umstellung auf Wasserstoff bleibe zudem die CCS-Technologie zur Abscheidung und Speicherung von CO2 bei den Gaskraftwerken im Rennen. «Dies droht den Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft weiter auszubremsen.»

dpa