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Konkurs abgewendet: Nord Stream 2 AG kann weiter machen

Der hoch verschuldete russische Pipeline-Betreiber Nord Stream 2 kann weiter nach neuen Investoren suchen. Die drohende Insolvenz wurde erneut abgewendet. Es wird schon über Interessenten spekuliert.

Die Pipeline und andere Vermögenswerte werden zwangsliquidiert (Archivbild)
Foto: Philipp Schmidli/KEYSTONE/dpa

Das Gericht im Schweizer Kanton Zug hat den Nachlassvertrag genehmigt, der es dem hoch verschuldeten russischen Pipeline-Betreiber Nord Stream 2 AG erlaubt, nach einem neuen Investor zu suchen. Andernfalls hätte nach Schweizer Recht der Konkurs verhängt werden müssen, was einem deutschen Insolvenzverfahren entspricht. Nord Stream 2 gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom und hat seinen Sitz im Kanton Zug.

Am 30. April einigten sich große Gläubiger wie die westeuropäischen Energiekonzerne ENGIE, OMV, Shell, Uniper und Wintershall auf einen Nachlassvertrag, wie das Gericht bekannt gab. Es wurde keine weiteren Informationen gegeben, da noch Beschwerde eingelegt werden kann.

Es ist anzunehmen, dass die Großgläubiger erhebliche Abschläge auf ihre Investitionen akzeptiert haben. Sie hatten Milliardenbeträge investiert. Der Nachlassvertrag wurde über zweieinhalb Jahre hinweg verhandelt. Die Kosten für den Bau der Pipeline beliefen sich auf knapp zehn Milliarden Euro.

Kleingläubiger entschädigt

Gemäß den Anweisungen des Gerichts sollten die Forderungen der Kleingläubiger, darunter zahlreiche Baufirmen in Mecklenburg-Vorpommern, im Januar vollständig entschädigt werden. Einige von ihnen haben in letzter Zeit bestätigt, dass ihre Rechnungen beglichen wurden.

Die Nord Stream 2 sollte Erdgas aus Russland durch zwei 1.200 Kilometer lange Stränge in der Ostsee nach Deutschland transportieren. Obwohl die Pipeline fertiggestellt wurde, wurde sie nie in Betrieb genommen. Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 stoppte die deutsche Regierung das Projekt. Einer der Röhrenstränge wurde bei einem Anschlag im September 2022 zerstört, ebenso wie die Stränge der bereits in Betrieb genommenen Nord-Stream-1-Pipeline.

US-Interesse für Pipeline 

In Medien wurde zuletzt über den Einstieg von US-Investoren spekuliert. Genannt wird etwa der wohlhabende US-Geschäftsmann und Unterstützer von US-Präsident Donald Trump, Stephen P. Lynch. Dem «Wall Street Journal» sagte er, der Kauf sei eine einmalige Gelegenheit, die Energieversorgung Europas unter amerikanische und europäische Kontrolle zu bringen. Die Idee ist, russisches Gas durch eine dann amerikanische Pipeline nach Europa zu pumpen. Lynch ist seit 20 Jahren in Osteuropa und Russland tätig. 

Der Pipeline-Betrieb könnte Teil einer amerikanisch-russischen Vereinbarung zur Beilegung des Ukraine-Kriegs werden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte im März im staatlichen Fernsehen gesagt: «Über Nord Stream wird gesprochen.» 

Der Gasmarkt-Analyst Heiko Lohmann meinte dazu: «Ich würde nicht ausschließen, dass US-Investoren die Pipeline für den Transport von russischem Gas kaufen und US-Präsident Donald Trump dann Druck ausübt, dass die Europäer das auch nutzen», sagte er der dpa. «Es gibt ja bisher keine Sanktionen gegen russisches Gas.» Allerdings hat die EU gerade erst Pläne vorgelegt, wie der Import von russischem Gas bis 2027 gänzlich gestoppt werden soll.

Neue Verwendung der Pipeline

Lohmann ist skeptisch, was die Weiterverwendung der Pipeline angeht. «Gaswirtschaftlich gesehen sehe ich keine Zukunft für die Nord Stream 2, als Erdgaspipeline», sagte Lohmann der dpa. «Wenn es überhaupt einen fairen Frieden zwischen Russland und der Ukraine gibt, mit vermittelt von der EU, dann könnten russische Gaslieferungen Teil der Zukunft sein. Aber da würde man die Pipelines durch die Ukraine und Polen nutzen. Die benötigten Mengen wären dann so, dass man die Nord Stream 2 gar nicht braucht.» 

Es sei geprüft worden, dass die Pipeline auch Wasserstoff transportieren könnte, etwa von Finnland nach Deutschland. «Wie realistisch das ist, ist schwer zu sagen», sagte Lohmann.

dpa