Mit niedrigeren Preisen locken viele Einzelhändler ihre Kundschaft an. Aber wann werden Verbraucher in die Irre geführt? Und welche Regeln schreibt das Gesetz vor?
Rabatt, Bonus, Bestpreis – Wie Händler damit werben dürfen
Beim Einkaufen ist der Preis oft das entscheidende Argument, wenn Kunden zwischen verschiedenen Produkten wählen können. Viele Unternehmen werben daher mit Rabattaktionen, Bonusprämien oder Bestpreisgarantien für ihre Produkte. Es ist wichtig, rechtliche Aspekte zu beachten, wenn man Kunden mit Preisnachlässen anlocken möchte. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt sich aktuell mit diesem Thema.
Welcher Preis wird ausgeschrieben?
Die Preisangabenverordnung regelt, wie Unternehmen den Preis ihrer Waren oder Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern angeben müssen. Es wird festgelegt, dass immer der Gesamtpreis angegeben werden muss – also der Betrag, den Kunden einschließlich Umsatzsteuer und anderer Preisbestandteile pro Ware oder Dienstleistung zahlen müssen.
Darüber hinaus müssen Händler teilweise den Grundpreis angeben. Dies ist der Preis pro Mengeneinheit: pro Kilo, Liter, Kubikmeter, Meter oder Quadratmeter. Die Anforderung gilt für alles, was in Fertigverpackungen, offenen Verpackungen oder Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten wird – also beispielsweise Lebensmittel, Blumenerde oder Stoffe. Der Preis muss eindeutig, gut sichtbar und gut lesbar sein.
Was gilt bei Preisrabatten?
Bei der Werbung mit Preisherabsetzungen gilt grundsätzlich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher dadurch nicht in die Irre geführt werden dürfen, erklärt Rechtsanwalt Martin Jaschinski von der Berliner Kanzlei JBB Rechtsanwälte. Das sei zum Beispiel dann der Fall, wenn mit falschen Ursprungspreisen verglichen wird, die nie so hoch waren wie behauptet. «Das passiert gar nicht mal so selten», sagt der Werberechtsexperte.
Eine weitere Werbestrategie sei die Preisschaukel, bei der das Unternehmen den Preis für eine kurze Zeit hochsetzt, um danach mit einem vermeintlichen Rabatt zu werben. Auch dem setze das Wettbewerbsrecht enge Schranken: Wer nur für eine «unangemessen kurze Zeit» den höheren Preis verlange, dürfe danach nicht mit einer Preisherabsetzung werben, sagt Jaschinski. Aber wie definiert man eine solche unangemessen kurze Zeit? Und wie können Wettbewerber oder Verbraucherschützer das nachverfolgen?
Mit welchem Preis wird verglichen?
Um diesen praktischen Problemen entgegenzuwirken, hat die Europäische Union (EU) in einer Preisangabenrichtlinie festgelegt: Bei jeder Werbung mit einer Preisermäßigung muss immer der niedrigste Preis angegeben werden, der in einem Zeitraum von 30 Tagen vor dieser Preisermäßigung für das Produkt verlangt wurde – der sogenannte Referenzpreis. In Deutschland wurde diese europäische Richtlinie in der Preisangabenverordnung umgesetzt.
Wie muss dieser Preis angegeben werden?
Juristisch umstritten war zunächst, wie und wo dieser 30-Tage-Referenzpreis angegeben werden muss, sagt Fachmann Jaschinski. Im September schaffte der Europäische Gerichtshof dann Klarheit: Die Luxemburger Richterinnen und Richter entschieden, dass sich prozentuale Rabatte oder Werbeaussagen wie «Preis-Highlight» immer auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen müssen. Es reicht also nicht, den Referenzpreis etwa in einer Fußnote zu nennen, sich sonst aber auf einen höheren Preis zu beziehen.
Worum geht es nun in Karlsruhe?
Heute verhandelt der BGH über eine Klage der Wettbewerbszentrale gegen den Lebensmitteleinzelhändler Netto Marken-Discount mit Sitz in Bayern. Es handelt sich nicht um den gleichnamigen Discounter mit einem Hund auf dem Logo, der vor allem im Norden und Osten Deutschlands vertreten ist. Der Discounter hatte für ein Kaffee-Produkt geworben, indem er den Preis der Vorwoche (6,99 Euro), den aktuellen Preis (4,44 Euro) sowie den prozentualen Rabatt (-36 Prozent) angab. In einer Fußnote war auch der Referenzpreis zu finden, der mit 4,44 Euro genauso hoch war wie der vermeintlich reduzierte aktuelle Preis.
Die Wettbewerbszentrale betrachtet die Werbung als irreführend und sieht darin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. In den vorherigen Instanzen war die Klage erfolgreich. Zuletzt entschied das Oberlandesgericht Nürnberg, dass der durchschnittliche Verbraucher den Referenzpreis nur schwer erkennen kann. Er wird über den Umfang des Preisnachlasses im Dunkeln gelassen. Das Urteil wurde zwei Tage vor der wegweisenden Entscheidung des EuGH gefällt.
Welche Alternativen nutzen Unternehmen?
Infolge des EuGH-Urteils werde bereits etwas seltener mit Preisermäßigungen und dafür mehr mit unverbindlichen Preisempfehlungen (UVP) geworben, sagt Jaschinski. Es wird in der Werbung also nicht ein früherer Preis zum Vergleich herangezogen, sondern der Preis, den der Hersteller Händlern empfiehlt. Denn dafür gilt die Preisangabenverordnung nicht. «Ob sie das als UVP- oder als wirkliche Preisherabsetzung bewerben, ist für Verbraucher aber häufig gar nicht so leicht erkennbar», sagt der Berliner Anwalt. Und: Oftmals seien die UVP nicht seriös kalkuliert und lägen weit über den tatsächlichen Verkaufspreisen. «Da wird es noch viel Streitstoff geben», ist sich Jaschinski sicher.