Die schwächelnde Autokonjunktur trifft die Branche hart. Stellenstreichungen und Lohnkürzungen stehen bevor, auch Zulieferer planen Jobabbau.
Deutsche Autobauer in der Krise: Gewinneinbruch und Stellenabbau
Die weltweite Autokonjunktur befindet sich im Abschwung – insbesondere die deutschen Automobilhersteller spüren die Krise deutlich. Der operative Gewinn von Volkswagen, Mercedes-Benz und BMW betrug von Juli bis September etwa 7,1 Milliarden Euro – ein Rückgang um fast die Hälfte im Vergleich zum dritten Quartal 2023. Dies geht aus einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 weltweit größten Automobilkonzerne hervor, die von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY durchgeführt wurde.
Der Umsatz sank ebenfalls: Im dritten Quartal erzielten die deutschen Autobauer sechs Prozent weniger, insgesamt 145,4 Milliarden Euro. Für die Unternehmen aus Wolfsburg, Stuttgart und München war bereits das erste halbe Jahr alles andere als positiv: Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sank der Gewinn von Januar bis Juni um 18 Prozent, der Umsatz ging um 0,4 Prozent zurück.
Im dritten Quartal wurde jedoch die gesamte Branche von der schwächelnden Autokonjunktur getroffen: Der Umsatz aller analysierten Konzerne fiel um 1,9 Prozent auf etwa 485,9 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) betrug gut 29 Milliarden Euro – was rund 23,7 Prozent niedriger war als im Vorjahr. Besonders die Autobauer aus den USA glänzten zuletzt mit einem Gewinnzuwachs von 23 Prozent und einem Umsatzwachstum von acht Prozent.
«Die nächsten Jahre könnten brutal werden»
EY-Branchenexperte Constantin Gall teilte mit: «Vor allem hinter den deutschen Autobauern liegt ein rabenschwarzes Quartal» Die Rekorde der Nach-Corona-Jahre hätten tiefliegende strukturelle Probleme verdeckt, die nun schonungslos zutage träten. So falle es der deutschen Autoindustrie schwer, im Elektrobereich das Tempo der neuen Angreifer – zum Beispiel aus China – mitzugehen. Die Kosten seien zu hoch, die Apparate zu schwerfällig. «Die nächsten Jahre könnten brutal werden.»
Die Autoindustrie befindet sich aufgrund der schwachen Konjunktur in einer Krise und leidet unter der nachlassenden Nachfrage, insbesondere nach E-Autos. Ford plant, bis 2027 in Deutschland 2.900 Stellen abzubauen. Im vollständig auf Elektro umgerüsteten Werk in Köln, wo bereits Kurzarbeit herrscht, soll jeder vierte Arbeitsplatz gestrichen werden. Bei VW stehen Lohnkürzungen, Werksschließungen und Stellenabbau im Raum. Laut Betriebsrat sind drei Werke und Zehntausende Jobs gefährdet. Auch die Zulieferer Bosch, ZF, Continental und Schaeffler planen aufgrund von Wettbewerbsfähigkeitsproblemen Tausende Stellen zu streichen.
Sorgen in China wachsen
Die Krise zeigt sich auch in den Verkaufszahlen von Autos. Die meisten großen Unternehmen verkauften weniger Neuwagen als im Vorjahr. Insgesamt gab es einen Rückgang der Verkäufe um 5,6 Prozent. Nur wenige Firmen wie Tesla und Ford konnten mehr Fahrzeuge absetzen.
Insbesondere die Situation auf dem bedeutenden Automarkt China verschärft sich. Alle Hersteller verzeichneten im dritten Quartal bis auf Tesla zweistellige Absatzrückgänge. Tesla konnte um 30 Prozent zulegen. Der Absatzrückgang der deutschen Hersteller lag mit 17 Prozent leicht unter dem Durchschnitt aller Hersteller. Fast ein Drittel der Fahrzeuge wurde in diesem Zeitraum noch in China verkauft. Im Jahr 2020 waren es noch fast 40 Prozent.
In der Volksrepublik wird den Angaben nach der rasante Wandel hin zur E-Mobilität und das Aufkommen lokaler Hersteller, die aggressiv in den Markt drängen, zunehmend zu einem Problem für westliche Konzerne: «In China herrscht ein erbitterter Verdrängungswettbewerb, der stark über den Preis ausgetragen wird. Für die etablierten Konzerne gibt es hier aktuell nicht viel zu gewinnen», teilte Gall mit. Aber bereits allein wegen der Größe des Marktes sei ein Rückzug keine Option.
Suzuki ist profitabelster Autokonzern
Laut der EY-Analyse sind die Zeiten vorbei, in denen deutsche Autobauer zu den profitabelsten weltweit zählten. Aufgrund des Gewinneinbruchs hat sich ihre Marge, die den operativen Gewinn ins Verhältnis zum Umsatz setzt, fast halbiert und beträgt nun 4,9 Prozent. Die durchschnittliche Marge aller Konzerne lag bei 6,0 Prozent (minus 2,0 Punkte).
Suzuki war mit 12,7 Prozent der profitabelste Autokonzern. Im dritten Quartal führen die Japaner die Rangliste vor Kia (10,9 Prozent) und Tesla (10,8 Prozent) an. Mercedes-Benz belegte mit einer Gewinnmarge von 7,3 Prozent den siebten Platz. BMW folgte mit 5,2 Prozent auf dem neunten Platz, während Volkswagen abgeschlagen auf dem zwölften Rang lag (3,6 Prozent). Von den 16 analysierten Unternehmen konnten im dritten Quartal drei ihre Marge verbessern, die übrigen verzeichneten eine sinkende Profitabilität.
Herausforderungen zu groß?
Laut Gall haben vor allem die europäischen Automobilhersteller keine andere Möglichkeit, als ihre Ausgaben zu reduzieren und gleichzeitig an ihrer technologischen Wettbewerbsfähigkeit zu arbeiten. Trotz der rückläufigen Rentabilität müssen weiterhin Milliarden investiert werden, beispielsweise in Software und Batterietechnologie, aber auch wieder in die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors.
«Dieser Spagat könnte einige Unternehmen überfordern, was zu Massenentlassungen und mittelfristig auch zu einer neuen Konsolidierungswelle in der Autoindustrie führen könnte.» Umso wichtiger sei es, dass die Konzerne ihre internen Strukturen verbessern. «Massive Einschnitte gerade bei den Verwaltungskosten sind unumgänglich», so Gall. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung der deutschen Hersteller stiegen im dritten Quartal um zwölf Prozent auf 8,3 Milliarden Euro an – laut EY ein Rekordwert.