Regierung plant Maßnahmen zur Förderung der Gesundheitsindustrie. Kostensteigerungen sollen eingedämmt, Innovationskraft gestärkt werden.
Deutschland will Pharma- und Medizintechnikstandort stärken

Laut Bundesregierung sollen in Deutschland aufgrund von Engpässen bei einigen Standard-Arzneimitteln Maßnahmen ergriffen werden, um den Pharma- und Medizintechnikstandort attraktiver zu machen. Kanzleramtsminister Thorsten Frei (CDU) betonte, dass diese Branchen entscheidend für eine hochwertige Gesundheitsversorgung sind und einen bedeutenden Beitrag zur Wertschöpfung und Innovationskraft leisten. Das Ziel ist es, bis zum nächsten Jahr Maßnahmen zur Verbesserung der Bedingungen zu entwickeln.
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sagte der Deutschen Presse-Agentur, es gelte, die Innovationskraft «Made in Germany» zu stärken und die Versorgungssicherheit weiter auszubauen. Im Blick steht nach ihren Angaben, Bürokratie abzubauen und Prozesse zu beschleunigen. «Gleichzeitig müssen die Kostensteigerungen für das Gesundheitssystem insgesamt eingedämmt werden.» Hierzu werde auch der Pharmabereich seinen Beitrag leisten müssen.
Das Treffen im Kanzleramt war der Beginn der Entwicklung einer Pharma- und Medizintechnikstrategie. Nun soll ein ressortübergreifender Dialogprozess unter der Leitung des Gesundheitsministeriums folgen. Warken betonte, dass die Themen gemeinsam mit Vertretern aus Industrie, Verbänden, Wissenschaft, der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens und Patientenvertretern diskutiert werden sollen. Die Regierung plant, bestehende Formate – eine Pharmastrategie und ein Pharmadialog – zusammenzuführen.
Arzneien immer wieder knapp
Die Pharmaindustrie in Deutschland wächst als eine der wenigen Branchen, aber es gibt immer wieder Engpässe bei Fiebersäften, Schmerz- und Diabetesmitteln oder Antibiotika. Viele Medikamente sind stark von China und Indien abhängig. Die Branche gibt dem Kostendruck, auch seitens der Politik, die Schuld daran, dass Hersteller in Deutschland die Produktion von Penicillin eingestellt haben. Aufgrund der geltenden Preisregulierung können Unternehmen die steigenden Kosten für viele Arzneimittel in Deutschland nicht einfach an die Kunden weitergeben, indem sie die Preise erhöhen.
Sorgen um Abhängigkeit von China
Die Pharma- und Chemiegewerkschaft IG BCE forderte Schritte gegen Arzneiengpässe. Der Fokus dürfe nicht allein auf Hochtechnologie und Forschung liegen, sagte Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis. «Wir müssen auch die Produktion von Standardmedikamenten und -wirkstoffen stärken.» Die langen Listen mit Engpass-Medikamenten sprächen eine deutliche Sprache.
Der Chemieverband VCI hat gefordert, dass umgehend Maßnahmen ergriffen werden, um Verfahren zu beschleunigen, Innovationen voranzutreiben und den Produktionsstandort zu sichern. Deutschland hat in der Gesundheitswirtschaft große Chancen, aber auch viel zu verlieren. Han Steutel, Präsident des Verbands forschender Pharma-Unternehmen, betonte, dass es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten entscheidend sei, die Grundlage und Wachstumsmöglichkeiten der Pharmabranche zu stärken.
Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin des Verbands Pharma Deutschland sagte: «Der Pharmadialog gibt uns die Chance, regulatorische Ineffizienzen und bürokratische Hürden anzugehen, die unseren Standort zunehmend unter Druck setzen und das Potenzial unserer Branche hemmen.»
Krankenkassen fürchten höhere Arznei-Ausgaben
Bei den Bedingungen steht mit im Blick, dass höhere Arzneimittelpreise auf die Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) durchschlagen. Neue Beitragserhöhungen will die Koalition aber auch vermeiden. Die stellvertretende Chefin des GKV-Spitzenverbands, Stefanie Stoff-Ahnis, sagte der dpa: «Wir erwarten einen konstruktiven und fairen Dialog mit konkreten Vorschlägen, um die Solidargemeinschaft vor immer höheren Kostensteigerungen zu schützen.» Die gesetzlichen Kassen mit 75 Millionen Versicherten hätten großes Interesse an einer starken Pharma- und Medizintechnikindustrie. Die Arzneimittel-Ausgaben seien aber allein im ersten Halbjahr um sechs Prozent gestiegen.








