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Reiche-Berater fordern Politik zu mehr Mut bei Reformen auf

Wie kann es in Deutschland wirtschaftlich wieder bergauf gehen? Wissenschaftler, die Wirtschaftsministerin Reiche beraten, sprechen sich für eine «Wachstumsagenda» aus.

Berater von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche sehen Deutschland in einer schweren strukturellen Krise.
Foto: Sebastian Christoph Gollnow/dpa

Berater von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche warnen vor einer schweren strukturellen Krise in Deutschland und fordern die Politik auf, mutiger bei grundlegenden Reformen zu sein. Ohne einen Kurswechsel drohen eine schleichende Deindustrialisierung, steigende Verteilungskonflikte und der Verlust internationaler Wettbewerbsfähigkeit, heißt es in einem Papier. Der Ökonom Justus Haucap betonte, dass nicht jedem bewusst sei, wie ernst die Lage des Standorts Deutschland sei. Es reiche nicht aus, dass sich die Stimmung verbessere.

Deutschland steckt in einer langen Phase der Wachstumsschwäche. Wirtschaftsverbände sehen seit langem strukturelle Gründe wie im internationalen Vergleich hohe Energiekosten und Steuern, steigende Sozialabgaben und zu viel Bürokratie. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) setzt auf einen Stimmungsumschwung vor allem in der Wirtschaft. Er hat außerdem einen «Herbst der Reformen» angekündigt. Geplant ist unter anderem eine Reform des Bürgergelds. Zur Zukunft zum Beispiel der Rente hat die Regierung Kommissionen eingesetzt.

Reiche hatte zur wirtschaftspolitischen Beratung einen Beraterkreis einberufen. Dazu gehören neben Haucap vom Düsseldorfer Institut für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität die «Wirtschaftsweise» Veronika Grimm, dazu Stefan Kolev, wissenschaftlicher Leiter des Ludwig-Erhard-Forums für Wirtschaft und Gesellschaft in Berlin und der frühere «Wirtschaftsweise» Volker Wieland.

Berater schlagen «Wachstumsagenda» vor 

Laut dem Beraterkreis stagniert die Wirtschaftsleistung in Deutschland seit Jahren, während vergleichbare Volkswirtschaften deutlich dynamischer wachsen. Als Hauptursachen werden ein zu geringes Produktivitätswachstum, strukturelle Demografieprobleme, Investitionsschwäche und übermäßige Regulierung genannt.

Die Wissenschaftler schlagen konkret vor, Regulierungen zu vereinfachen – vom Datenschutz bis zum Baurecht. Es wird empfohlen, Sozialsysteme zu reformieren. Die Ökonomen befürworten unter anderem ein höheres Renteneintrittsalter. Auch Reiche hatten gefordert, dass die Deutschen länger arbeiten müssen. Als Beispiel nennen ihre Berater Dänemark, wo das Renteneintrittsalter bis 2040 auf 70 Jahre steigen wird.

Die Ökonomen plädieren außerdem dafür, den Strukturwandel nicht aufzuhalten, sondern zuzulassen. Das Ziel sollte nicht zwingend darin liegen, bestehende Unternehmen und Industrien durch staatliche Unterstützung wettbewerbsfähig zu machen, sondern einen «wachstumsorientierten Strukturwandel» zu ermöglichen. Grimm sagte, es gehe darum, Technologieführerschaft in wichtigen Branchen zu erreichen. Sie nannte die Bio- und Medizintechnologie, aber auch die Nukleartechnologie. Firmen würden aber durch regulatorische Barrieren Stein in den Weg gelegt.

dpa