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Trumps Zolloffensive beginnt – droht die Eskalation?

Trump macht Ernst und erhebt Zölle auf Importe aus Mexiko, Kanada und China, die EU könnte bald folgen. Es droht eine Spirale aus Zöllen und Vergeltung – mit schweren Folgen für die Weltwirtschaft.

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Olaf Scholz
Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

25 Prozent Zoll auf Importe aus Mexiko und Kanada, 10 Prozent auf Einfuhren aus China: US-Präsident Donald Trump macht seine Zolldrohungen aus dem Wahlkampf wahr – und kündigt «definitiv» Zölle gegen die EU an. Droht nun ein globaler Handelskrieg? Was kommt auf Europa zu? Und was bedeuten die Zölle für die schwächelnde deutsche Wirtschaft und die hiesigen Autokonzerne?

Folgen für die Weltwirtschaft

Da China, Mexiko und Kanada bereits Gegenmaßnahmen angekündigt haben, könnte kommen, was Ökonomen seit Monaten fürchten: Eine Spirale aus Zöllen und Gegenmaßnahmen. «Trump beginnt seinen Handelskrieg», schreibt Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei der Privatbank Berenberg. Ökonomen erwarten gravierende wirtschaftliche Schäden nicht nur für Kanada und Mexiko, sondern auch für die angeschlagene, aber global wichtige chinesische Konjunktur. 

Wolfgang Niedermark, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), warnt: «Die Zollpolitik der Regierung Trump ist schädlich für die Wachstumsaussichten der Weltwirtschaft und auch der USA selbst.» 

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Europa eng mit USA verbandelt – und kämpferisch

Nach den «drastischen Maßnahmen gegenüber Kanada und Mexiko» dürfte Europa das nächste Ziel von Trump werden, glaubt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt bei der VP Bank. «Es muss davon ausgegangenen werden, dass Taten folgen werden.»

Ein Handelskonflikt zwischen den USA und Europa träfe zwei ökonomische Schwergewichte. Zusammen stehen sie für 42 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, betont EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. «Wir brauchen Amerika, und Amerika braucht uns.»

Europa zeigt sich gleichzeitig kämpferisch. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigten in Brüssel europäische Gegenmaßnahmen an, sollten die USA zusätzliche Zölle auf EU-Waren erheben.

Besonders Deutschland als Exportnation wäre von einem Handelskonflikt stark betroffen. Laut BDI-Mann Niedermark droht der deutschen Wirtschaft, die bereits zwei Jahre in Folge geschrumpft ist, ein deutlicher Rückschlag. Die deutschen Industrie sei direkt von den verhängten Zöllen betroffen.

Autobranche stark in Mexiko engagiert

Deutsche Autobauer nutzen Mexiko als Produktionsstandort, um den US-Markt zu beliefern. VW, Audi und BMW betreiben eigene Fabriken im Land, Mercedes-Benz produziert in einem Joint Venture mit Nissan und Bosch hat mehrere Standorte in Mexiko. Die Chemiebranche ist zudem als Zulieferer eng mit dem Autobau verbunden.

Gemäß dem Automobilverband VDA verfügen die deutschen Hersteller und Zulieferer gemeinsam über mehr als 330 Produktionsstandorte in Mexiko. Im Jahr 2023 wurden dort 716.000 Autos deutscher Unternehmen produziert. Und laut Angaben von Audi gehen fast 40 Prozent der Fahrzeuge allein in die USA.

Konzerne denken über Verlagerungen nach

Bei VW gibt es Branchenkreisen zufolge Überlegungen, zumindest einen Teil der Fertigung in die USA zu verlagern – sei es, um Trump zu beschwichtigen. Bei Audi und Porsche soll es dem «Handelsblatt» zufolge ebenfalls Planspiele geben, in den USA zu fertigen. Bisher bedient Porsche den US-Markt komplett aus Europa. Entschieden sei aber noch nichts. Offiziell kommentiert VW Trumps Zölle nicht. BMW äußerte sich nur schmallippig. Zölle behinderten den freien Handel, so der Konzern. «Letztendlich sind sie zum Nachteil der Kunden: Denn sie machen Produkte nicht nur teurer, sondern auch weniger innovativ.» 

Börsen sacken ab – besonders Autotitel

Die Furcht vor einem Handelskrieg und die Folgen für die Autobranche lassen sich auch an den Börsen ablesen. Der Dax sackte am Montag prompt um rund zwei Prozent ab. Autoaktien wie VW, Mercedes-Benz, BMW und Daimler Truck verloren fünf bis sieben Prozent. Auch Kryptowährungen wie der Bitcoin brachen ein. Stephen Innes vom Vermögensverwalter SPI Asset Management fürchtet, dass die Turbulenzen die Börsen insgesamt erfassen. «Der Ausverkauf der Kryptowährungen wirft einen langen Schatten auf die globalen Aktienmärkte.»

Folgen für Deutschland – noch – gering

Was die ökonomischen Folgen für Deutschland betrifft, sind Ökonomen zum jetzigen Stand vergleichsweise gelassen. «Vor allem deutsche multinationale Unternehmen mit Niederlassungen in Mexiko sind von den Trump-Zöllen negativ betroffen», sagt Lisandra Flach, Leiterin des Zentrums für Außenwirtschaft am Ifo-Institut. Deutsche Ausfuhren in die USA hingegen könnten zunächst sogar steigen, da Produkte aus China, Kanada und Mexiko in den USA weniger wettbewerbsfähig würden. «Für Deutschland besteht das höchste Risiko weiterhin darin, das nächste Ziel der Trump-Zölle zu werden.» 

Die Folgen der Zölle gegen Kanada, Mexiko und China seien für Deutschland insgesamt marginal, sagt Julian Hinz, Leiter des Forschungszentrums Handelspolitik am Kiel Institut für Weltwirtschaft. Doch sollten auch Zölle gegen EU-Produkte kommen, «würde sich das natürlich wieder ändern».

Zölle als Bumerang für die USA?

Doch nicht nur für Europa, sondern auch für die USA stellen Handelskonflikte ein erhebliches Risiko dar, wie Ökonomen betonen. Da im Jahr 2023 mehr als 15 Prozent der US-Importe aus Mexiko stammten, knapp 13,7 Prozent aus Kanada und fast 14 Prozent aus China, würden fast die Hälfte der amerikanischen Einfuhren von höheren Zöllen betroffen sein, so Carsten Brzeski, Chefvolkswirt bei der Bank ING.

Die neuen Zölle von Trump würden also wesentlich mehr Güter betreffen als die Zölle in seiner ersten Amtszeit, so die DZ Bank. Probleme in den Lieferketten und deutlich höhere Kosten für Unternehmen dürften die Konsequenz sein. Berenberg-Ökonom Schmieding schätzt, dass höhere Zölle das Niveau der Verbraucherpreise in den USA bis Jahresende um rund 0,6 Prozent nach oben treiben könnten. Im Vergleich dazu lag die Inflationsrate dort im Dezember bei 2,9 Prozent.

«USA werden langfristig verlieren»

Trumps Zölle hätten also spürbare Folgen ausgerechnet für die Amerikaner selbst, die unter einem drastischen Kaufkraftverlust leiden und auch deshalb Trump wählten, schreibt VP-Bank-Ökonom Gitzel. Ziehe wegen der Zölle die Inflation an, müsse auch die US-Notenbank Fed ihren Kurs überdenken. «Zinssenkungen könnten damit vom Tisch sein.» Längerfristig höhere Zinsen wären aber für US-Unternehmen eine Bürde. «Bei Zollstreitigkeiten gibt es bekanntlich keine Gewinner, sondern die USA werden langfristig dabei verlieren.»

dpa