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Deutsche Stahlindustrie vor Schicksalsjahr 2025

Bundeskanzler Scholz verspricht Unterstützung, aber rot-grüne Bundesregierung in schwacher Position.

Die Stahlbeschäftigten stehen vor einer ungewissen Zukunft. (Archivbild)
Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Globale Überkapazitäten, Dumpingpreise vor allem aus Fernost, hohe Energiekosten, schwierige «grüne» Transformation: Die Stahlindustrie steckt in schwierigen Zeiten. «Das Jahr 2025 entscheidet über das Schicksal der deutschen Stahlindustrie», sagte der Gesamtbetriebsrat von Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel. 

Nach einem Stahlgipfel in Berlin versprach Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) der Branche Unterstützung. Allerdings ist er in einer schwachen Position, da die rot-grüne Bundesregierung nach dem Scheitern der Ampel-Koalition keine Mehrheit mehr im Bundestag hat.

Stahlindustrie in der Krise

Scholz hob nach einem Treffen mit Branchenvertretern, Betriebsräten und Gewerkschaften im Kanzleramt die Bedeutung der Stahlindustrie hervor. «Der hier produzierte Stahl ist von höchster geostrategischer Bedeutung für die Industrieproduktion in Deutschland und damit für unser wirtschaftliches Wachstum.» 

https://x.com/Bundeskanzler/status/1866104840016830586

 

Deutschland ist der größte Stahlproduzent in der EU. Hauptabnehmer sind nach Angaben der Branche die Bauindustrie, die Automobilindustrie und der Maschinenbau. Ende September waren laut Statistischem Bundesamt etwa 71.000 Menschen in der Branche beschäftigt.

Die Firmen befinden sich jedoch in einer schwierigen Situation. Thyssenkrupp Steel hat im November bekannt gegeben, dass die Anzahl der Arbeitsplätze im Stahlbereich innerhalb von sechs Jahren um 11.000 auf dann noch 16.000 Stellen reduziert werden soll. Arbeitnehmervertreter und die IG Metall drohen mit langanhaltendem Widerstand.

Die Gewerkschaft lehnt auch eine mögliche Übernahme des Stahlkonzerns Salzgitter durch die Unternehmen GP Günter Papenburg und TSR Recycling ab. Die IG Metall ist besorgt über die möglichen Konsequenzen für die Beschäftigung, wenn Salzgitter seine Unabhängigkeit verlieren sollte.

Scholz sucht nach Lösungen 

Beim Stahlgipfel gab es keine konkreten Ergebnisse, wie erwartet. Scholz bekräftigte die Pläne der rot-grünen Bundesregierung, die Netzentgelte zu senken, um energieintensive Unternehmen bei den Stromkosten zu entlasten. Dafür benötigt er jedoch die Unterstützung der Opposition.

Die Union hat Plänen bereits eine Absage erteilt. Scholz schloss auch eine Staatsbeteiligung bei Thyssenkrupp Steel nicht aus. Er sagte der Funke Mediengruppe: «Ich nehme jetzt keine Option vom Tisch.» 

Steffen Hebestreit, der Regierungssprecher, teilte mit, dass Scholz sich auf EU-Ebene für einen zeitnahen europäischen Stahlgipfel einsetzt. Wichtige Entlastungsinstrumente für die Stahlindustrie sollten beibehalten oder verbessert werden. Die Kommission muss energisch handeln, um Wettbewerbsverzerrungen durch Dumping und Subventionen zu bekämpfen. Die EU-Behörde sollte weitere handelspolitische Schutzmaßnahmen prüfen. Es sind jedoch keine schnellen Ergebnisse auf EU-Ebene zu erwarten.

Stahlindustrie erwartet Entlastungen

«Die Stahlindustrie in Deutschland ist akut bedroht durch unfairen Wettbewerb auf den Weltmärkten», sagte Gunnar Groebler, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. «Deshalb ist dringend ein wirksamer Außenhandelsschutz nötig, um staatlich subventionierten Exporten aus Drittstaaten einen europäischen Riegel vorzuschieben.» Es sei höchste Zeit für einen europäischen Stahlgipfel, bei dem entsprechende Maßnahmen klar und verbindlich auf den Weg gebracht werden.

Jürgen Kerner, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, sagte, die von der Bundesregierung geplante Deckelung der Stromnetzentgelte bei drei Cent dürfe nicht erst mit der nächsten Regierung umgesetzt werden. «Wir brauchen jetzt einen international wettbewerbsfähigen Strompreis.» 

Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Thyssenkrupp Steel Europe AG, forderte, gezielte industriepolitische Maßnahmen müssten sofort auf die Tagesordnung kommen und umgesetzt werden. «Sonst verlieren wir in unseren Schlüsselindustrien immer mehr an Wettbewerb und somit an Zukunft.»

Grüner Umbau 

Die Stahlindustrie ist einer der größten CO2-Emittenten. Die Bundesregierung fördert den «grünen» Umbau mit Milliardensummen. Die Stahlindustrie ist dafür auf große Mengen von Wasserstoff angewiesen. Beim Aufbau eines Versorgungsnetzes aber drohen Verzögerungen. Thyssenkrupp-Chef Miguel López hatte einen schnelleren Aufbau eines Wasserstoff-Pipelinenetzes in Europa gefordert. 

Union spricht von «Show-Gipfel»

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, sprach von einem «Show-Gipfel» im Kanzleramt. «Die Restampel hat keine Mehrheit mehr und kann nichts mehr aus eigener Kraft umsetzen.» 

Der Linke-Wirtschaftspolitiker Jörg Cezanne sagte, die Ampel habe in zwei zentralen Punkten versagt. Es sei kein Industriestrompreis umgesetzt worden, und es sei nicht für eine Streckung der Netzentgelte durch Kredite gesorgt worden: «Jetzt laufen viele Elektrostahlkocher akut Gefahr, durch diese Kostenexplosion pleitezugehen.»

dpa