Vor 75 Jahren hat Reinhold Würth seine Lehre in der Schraubenhandlung seines Vaters begonnen. Aus dem Zwei-Mann-Betrieb wurde danach ein Milliarden-Konzern. Nun will der Firmenpatriarch kürzertreten.
«Schraubenkönig» Reinhold Würth dankt ab
Nach mehr als 75 Arbeitsjahren will der als «Schraubenkönig» bekannte Unternehmer Reinhold Würth beruflich kürzertreten. «Ich werde zum 1. Januar 2025 den Stiftungsaufsichtsratsvorsitz abgeben – an meinen Enkelsohn Benjamin», sagte Würth bei einem Festakt anlässlich seines Arbeitsjubiläums in Künzelsau. Er werde künftig die Position eines Ehrenvorsitzenden einnehmen und wahrscheinlich aus dem Hintergrund auch einmal «mitmeckern». «Aber der Benjamin ist die Zukunft dieses Konzerns.»
Der 89-Jährige war bereits 1994 aus dem Tagesgeschäft ausgestiegen, saß danach aber unter anderem noch dem Stiftungsaufsichtsrat vor. Das Kontrollgremium wacht über die Familienstiftungen, denen die Würth-Gruppe gehört, und ist an wichtigen strategischen Weichenstellungen beteiligt. Bis heute hat das Wort des «alten Würth» daher noch mächtig Gewicht in Künzelsau. Benjamin Würth ist seit Anfang 2023 stellvertretender Vorsitzender des Gremiums und galt bereits als potenzieller Nachfolger des Großvaters.
Der Firmenpatriarch sieht die Gruppe, die als Weltmarktführerin im Bereich der Befestigungs- und Montagetechnik gilt, bestens für die Zukunft gerüstet. Er komme zwar ans Ende seines Lebens, sagte er. «Ich bin aber sicher, dass das Unternehmen heute mit seinem Ist-Zustand die Kräfte in sich vereinigt, in eine erfolgreiche Zukunft hineinzuwachsen, die weit über die heutige Dimension hinausführt.»
Bundeskanzler würdigt Würth bei Festakt
Die Festrede auf Würth hielt Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er würdigte ihn unter anderem als «innovativen Traditionalisten und traditionsbewussten Erneuerer». Der Kanzler hob neben Würths Engagement für Kunst und Kultur insbesondere die Rolle seiner Familie hervor – denn «ohne diese Familie gäbe es das Unternehme nicht.»
Der Kanzler dankte Würth auch für dessen politische Wortmeldungen in der Vergangenheit. «Den Spaltern und Angstmachern klar und deutlich zu widersprechen, auch das gehört für Sie, lieber Herr Würth, zu einer demokratischen Kultur.» Erst im Frühjahr hatte der 89-Jährige in einem fünfseitigen Schreiben vor der AfD gewarnt und seinen Beschäftigten hierzulande davon abgeraten, für die Partei zu stimmen. Einen Seitenhieb hatte er auch am Dienstag auf Lager: «Wie ich das nächste Mal wähle, weiß ich jetzt schon. Das sage ich aber nicht. Jedenfalls eine Partei wähle ich nicht – ganz bestimmt nicht.»
Vom kleinen Betrieb zum Milliarden-Unternehmen
Würth begann im Jahr 1949 – damals 14 Jahre alt – eine Lehre in der Schraubengroßhandlung seines Vaters. Nach dem Tod seines Vaters fünf Jahre später übernahm er als 19-Jähriger das Geschäft. Unter seiner Leitung expandierte das Unternehmen in den folgenden Jahrzehnten stark. Das Sortiment umfasst heute mehr als eine Million Produkte – darunter Werkzeuge und Arbeitsschutz-Artikel für Handwerks- und Industriebetriebe. Ein Teil der Produkte wird von der Gruppe selbst hergestellt.
Der ehemalige Zwei-Mann-Betrieb machte Würth zum Milliardär – er gehört heute zu den reichsten Deutschen. Weltweit arbeiteten zuletzt über 88.500 Menschen für den Handelskonzern, davon gut 27.400 in Deutschland. Im Jahr 2023 erzielte die Würth-Gruppe einen Umsatz von über 20 Milliarden Euro und einen Jahresüberschuss von 1,13 Milliarden Euro.
Prägende Figur für seine Heimat
Würth ist auch ein Kunstmäzen und hat in den letzten Jahren seine Sammlung kontinuierlich erweitert. Zuletzt umfasste sie mehr als 20.000 Werke, die in verschiedenen Museen in seiner Heimat und an Firmenstandorten im Ausland ausgestellt werden. Künzelsau und die Region gelten bereits als Würth-Land: Dort findet man unter anderem einen nahegelegenen Flughafen, eine Hochschule, ein Sinfonieorchester sowie ein Kultur- und Kongresszentrum mit seinem Namen.