Schweizer Exportgeschäft in den USA bedroht, EU-Kooperation als Ausweg diskutiert.
Schweiz in der Krise: Trump verhängt 39 Prozent Zölle
Die Schweiz punktet weltweit mit Schokolade, Käse, Bergen, Gold, Banken und Geschäften, aber bei US-Präsident Donald Trump stoßen die Eidgenossen nun auf Granit. Er hat 39 Prozent Zölle auf Schweizer Importe verhängt. Die Schweizer sind tief erschüttert.
Von einem Horrorszenario ist die Rede, von Zehntausenden Arbeitsplätzen, die in Gefahr seien. Wenn an den 39 Prozent nicht mehr gerüttelt werden könne, sei das Exportgeschäft der Schweizer Tech-Industrie in die USA «faktisch tot», schreibt der Verband Swissmem auf X. Damien Cottier, Abgeordneter der Freidemokraten, spricht von einer «Attacke gegen die Schweiz».
Das Land mit neun Millionen Einwohnern lebt vom Export, wobei die USA im vergangenen Jahr mit einem Anteil von 18 Prozent der wichtigste Markt waren. Bisher haben Schweizer die weltweit besten Geschäfte gemacht. Der Wirtschaftsverband freute sich noch über den neuen Exportrekord von 2024, während die Handelsbilanz einen Überschuss von 66 Milliarden Franken auswies. Ohne die USA sieht die Situation jedoch ganz anders aus. Was bedeutet das für die Schweiz?
Zauberwort Neutralität
Die Schweizer bevorzugen traditionell ihr eigenes Süppchen zu kochen. Neutralität ist das Schlüsselwort. Es ist wichtig, unter dem Radar zu bleiben, sich mit allen gut zu stellen und nicht aufzufallen – das ist die Devise. Im Februar äußerte der Historiker Sacha Zala noch die Hoffnung, dass die Schweiz dank dieser Strategie auch von Strafzöllen verschont bleibt.
«Das kann bis zu einem gewissen Grad funktionieren», meinte er im Sender SRF. Aber es sei «eine falsche Hoffnung zu denken: nur, weil man sich – in Anführungszeichen – gut benommen hat, wird man nicht bestraft.»
Seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine gerät die Schweiz in zunehmend schwierigere Gewässer. Erst nach einigem Zögern begann sie, die europäischen Sanktionen zu unterstützen, indem sie es ablehnte, bereits erworbene Schweizer Munition an die Ukraine weiterzuleiten. Kritiker sind der Meinung, dass die Schweiz bei der Suche nach russischen Oligarchengeldern nicht ambitioniert genug war.
Annäherung an die EU?
Für die Schweizer Sozialdemokraten ist aber klar, wo die Reise hingehen sollte: Richtung EU. «Es ist höchste Zeit, dass wir unsere Selbstüberschätzung „wir allein gegen die ganze Welt“ aufgeben und unseren Weg gemeinsam mit Europa gehen», schrieb die Abgeordnete im Ständerat, Franziska Roth, auf Instagram. Die Wirtschaftsverbände verweisen darauf, dass die Konkurrenz aus der EU mit 15 Prozent US-Zöllen nun markante Wettbewerbsvorteile hat.
Der Wirtschaftsverband Economiesuisse ist für eine engere Kooperation mit der EU: «Wir sind aufgrund unserer geografischen Lage umgeben von EU-Staaten und haben deshalb ein großes Eigeninteresse, mit der EU in für uns relevanten Bereichen eng zusammenzuarbeiten», schreibt er vor Veröffentlichung der US-Zölle.
Die Schweiz hat der EU in der Vergangenheit mehrmals Absagen erteilt. Als mühsam ausgehandelte bilaterale Verträge mit einem Rahmenvertrag aufgewertet werden sollten, verhandelten sie erst, um dann auf der Zielgeraden 2021 doch wieder abzuwinken. Gegen das neue Vertragswerk opponiert die stärkste Partei, die Rechtsaußen angesiedelte SVP.
Schweizer Selbstbild: Die verlässliche Nation
Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter macht in diesem Desaster eine besonders schlechte Figur. Im Frühjahr hatte sie nach einem Telefonat noch behauptet, sie habe wohl Zugang zu Trump gefunden. Dass dies ein Trugschluss war, wurde vom US-Präsidenten deutlich gemacht, während Keller-Sutter nun zu einem letzten Rettungsversuch Hals über Kopf nach Washington flog.
Noch während die gelernte Dolmetscherin in der Luft war, kanzelte Trump sie in einem Fernsehinterview wie ein Schulmädchen ab: «Sie hat einfach nicht zugehört», gab er ein weiteres Telefongespräch wider. Zeit hatte er für Keller-Sutter nicht, sie musste mit Außenminister Marco Rubio vorliebnehmen.
Keller-Sutter hänge dem Selbstbild der Schweiz als verlässliche Nation nach, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung». «Doch was bringt das in einer Welt, in der die Willkür regiert? Was nützt es der Schweiz, berechenbar zu sein, wenn ein Präsident Zollsätze wie Hasen aus dem Hut zaubert?»