Gut sieben Jahre nach dem Börsengang hält Siemens noch rund 67 Prozent an seiner ehemaligen Medizintechniksparte Healthineers. Das soll sich in einer milliardenschweren Aktion ändern.
Siemens gibt Healthineers-Aktien für Milliarden an Aktionäre

Siemens wird rund 15 Milliarden Euro wert an Aktien seiner Tochter Siemens Healthineers an seine Aktionäre abgeben. Laut dem Konzern handelt es sich um etwa 30 Prozent des Medizintechnikunternehmens. Das Ziel dieser Maßnahme ist, dass die Münchner nicht mehr das gesamte Geschäft ihrer Erlanger Tochter voll konsolidieren müssen. Zudem setzt Siemens damit seinen langjährigen Kurs fort, sich auf das Kerngeschäft zu fokussieren. Derzeit besitzt Siemens noch etwas mehr als zwei Drittel der Anteile.
Die Aktien sollen den aktuellen Siemens-Aktionären vorzugsweise in Form einer Direktabspaltung übertragen werden. Auf Dauer will Siemens nur noch eine signifikante Minderheitsbeteiligung an Healthineers halten. «Der heutige Tag markiert den Beginn der nächsten Wachstumsphase für Siemens», sagt Konzernchef Roland Busch. Mit der Abgabe der Kontrollmehrheit an Healthineers konzentriere sich Siemens auf ein «hochgradig synergetisches» Portfolio.
Finanzchef Ralf P. Thomas betonte auch, dass die Entkonsolidierung die Spielräume für Siemens erweitert. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt, dass die Hauptversammlungen beider Unternehmen zustimmen. Die genaue Ausgestaltung soll in den kommenden Monaten erarbeitet werden. Details sollen Anfang des zweiten Kalenderquartals 2026 bekanntgegeben werden.
Arbeitnehmer: Begründung nachvollziehbar
Die Trennung der beiden Unternehmen sei ein letztlich konsequenter Schritt – auch wenn er nicht leicht falle, heißt es von IG Metall und Betriebsrat. Wichtig für die Arbeitnehmer sei gewesen, für die Trennung tragfähige Bedingungen zu erreichen. Dazu gebe es Zusagen der Firmenseite: Unter anderem eine unveränderte Tarifbindung, Standort- und Beschäftigungssicherung sowie den Verbleib der Unternehmenszentrale in Deutschland.
«Wir tragen das Konzept der integrierten One Tech Company mit, weil es aus heutiger Sicht langfristig die besten Aussichten für Siemens bietet», sagt der 2. Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner. Denke man das konsequent weiter, passe Healthineers technologisch «auf Dauer nicht wirklich zu den Kernelementen Digital Industries, Smart Infrastructure und Mobility und hat obendrein eigenständig bessere Chancen. Sich wider besseres Wissen an der aktuellen Struktur festzuklammern, geht dann nicht mehr – stattdessen kommt es auf bestmögliche Gestaltung der Veränderung an.»
Seit 2018 an der Börse
Siemens brachte im März 2018 seine Medizintechniksparte unter dem Namen Healthineers an die Börse, behielt jedoch eine komfortable Mehrheit. Derzeit besitzt Siemens noch etwa 67 Prozent der Healthineers-Anteile und muss die Tochter daher vollständig konsolidieren. Bei Kursen um 45 Euro pro Healthineers-Aktie, wie sie zuletzt gezahlt wurden, würde der gesamte Siemens-Anteil etwa 34 Milliarden Euro wert sein.
Healthineers, unter der Führung des ehemaligen Basketball-Bundesligaspielers Bernd Montag als CEO, zählt zu den größten Herstellern von Medizintechnik weltweit. Das Unternehmen, mittlerweile selbst ein Dax-Konzern, produziert unter anderem bildgebende Medizingeräte wie Kernspin- und Computertomografen und bietet Krankenhäusern Komplettlösungen an.
Die Labordiagnostik-Sparte, die technische Möglichkeiten für Bluttests umfasst, wurde zunächst als Hoffnungsträger angesehen, aber zuletzt eher als Verkaufskandidat. Im Jahr 2021 hatte Healthineers den hochprofitablen US-Strahlentherapie-Spezialisten Varian übernommen.
Im vergangenen Geschäftsjahr erzielte Healthineers einen Gewinn von knapp 2,2 Milliarden Euro und trug damit wesentlich zum Jahresergebnis der Muttergesellschaft bei. Obwohl die Wachstumsprognosen nicht immer die Erwartungen der Investoren erfüllten, gilt das Unternehmen insgesamt als profitabel. Laut eigenen Angaben beschäftigt das Unternehmen mit Hauptsitz am alten Siemens-Standort Erlangen weltweit mehr als 70.000 Mitarbeiter.
Schon länger Spekulationen um Reduzierung
Bei Siemens wurde schon seit einiger Zeit spekuliert, dass der Healthineers-Anteil reduziert wird. Die Gewinne der Tochter haben zwar zuletzt dazu beigetragen, Schwächen an anderer Stelle im Konzern auszugleichen, aber Healthineers bringt dem Konzern keine Synergien und bindet Kapital. Investoren fordern daher schon seit geraumer Zeit eine vollständige Trennung. Im laufenden Jahr hat Siemens bereits Anteile verkauft, um mit den Erlösen teilweise Übernahmen zu finanzieren.
Siemens hat in der Vergangenheit mehrmals Teile abgespalten – sei es die Halbleitersparte, die jetzt unter dem Namen Infineon agiert, sei es Osram oder die 2020 an die Börse gebrachte Energietechniksparte Siemens Energy. Dass der Konzern eine so hohe Beteiligung wie bei Healthineers über mehr als sieben Jahre hält, war bisher jedoch nicht der Fall.








