Hersteller müssen künftig offenlegen, welche Daten bestimmte Geräte sammeln – und wie Nutzer darauf zugreifen können. Das soll für Verbraucher einige Vorteile mit sich bringen – zumindest theoretisch.
Smart-TV bis E-Bike: Nutzer bekommen ab Freitag neue Rechte

Im «smart Home» werden viele Daten gesammelt: Vom vernetzten Kühlschrank, der Sprachassistenz oder dem Smart-TV – alles speichert Informationen. Die Digitalisierung bringt datenhungrige Geräte mit sich und davon sollen nach dem Willen der EU Nutzerinnen und Nutzer mehr profitieren.
Gemäß der EU-Verordnung erhalten sie ab Freitag (12. September) erweiterte Rechte bezüglich der Daten, die ihre vernetzten Geräte sammeln. Ab diesem Zeitpunkt gilt das EU-Datengesetz («EU-Data-Act») für diese Produkte. Hersteller sind verpflichtet, transparent zu machen, welche Informationen gesammelt werden – und wie darauf zugegriffen werden kann.
Das EU-Datengesetz ist seit Anfang 2024 in Kraft und wird nun angewendet. Es zielt darauf ab, Verbrauchern den Zugriff auf ihre Gerätedaten zu erleichtern und sie bei Bedarf auch an andere Dienste weiterzugeben, beispielsweise für Reparaturzwecke. Letztendlich sollen dadurch Dienstleistungen kostengünstiger und unkomplizierter werden. Die wichtigsten Fragen zu den neuen Bestimmungen im Überblick:
Für welche Geräte gilt das Gesetz?
Es wäre fast einfacher zu beantworten, welche Geräte nicht betroffen sind. Gemäß der EU-Verordnung gelten die Regeln für alle sogenannten vernetzten Geräte. Auch wenn es nach einer Internetverbindung klingt, ist diese nicht unbedingt erforderlich. Die Regeln beziehen ausdrücklich Geräte mit kabelgebundener Datenübertragung ein.
Eine Kaffeemaschine, die etwa zu Reparaturzwecken per Kabel Daten übertragen könnte, fällt ebenso unter das Datengesetz wie «smarte» Geräte, die per drahtloser Verbindung oder App gesteuert werden.
Um welche Daten geht es dabei?
Auch diese Definition ist im Gesetz allgemein gehalten. Zu den betroffenen Daten gehört dort «jede digitale Darstellung von Handlungen, Tatsachen oder Informationen». Das können auch Videos, Bilder oder Tonaufnahmen sein, die ein Gerät gemacht hat. Entscheidend ist also eher, ob das betroffene Gerät Daten über seine Nutzung, Leistung oder Umwelt generiert oder sammelt – und weniger, wie es das tut.
Die Liste der betroffenen Branchen und Sektoren ist also umfangreich: Handys, Smartwatches, moderne Küchengeräte, Klimaanlagen oder Autos sind genauso betroffen wie industrielle Maschinen oder Flugzeuge.
Muss das Gerät neu sein?
Das Recht auf die generierten Daten gilt auch für bereits erworbene Geräte, die weiterhin genutzt werden. Übrigens: Beim Verkauf eines Fitness-Trackers oder Fernsehers muss dem neuen Besitzer mitgeteilt werden, wie er auf die Daten des Geräts zugreifen kann. Das EU-Datengesetz macht keinen Unterschied zwischen Erstbesitz und Secondhand.
Ab September 2026 wird das EU-Datengesetz Herstellern vorschreiben, ihre neuen Produkte mit einfachen Schnittstellen für den Datenzugang ihrer Nutzer auf den Markt zu bringen – die neuen Rechte ihrer Kunden müssen also bereits bei der Entwicklung berücksichtigt werden.
Was soll das den Nutzerinnen und Nutzern bringen?
Häufig haben Hersteller bisher die Nutzungsrechte an allen anfallenden Daten behalten. Jetzt sollen sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen mehr Kontrolle über ihre eigenen Daten erhalten. Sie sollen zukünftig auf Daten zugreifen, sie löschen oder auch an Dritte weitergeben können.
Insbesondere Letzteres ist verbunden mit der Hoffnung, dass Reparaturen oder andere Dienstleistungen für Nutzerinnen und Nutzer preiswerter und unkomplizierter werden. Zum Beispiel könnte ein Autobesitzer in Zukunft entscheiden, bestimmte Daten mit seiner Versicherung zu teilen. Theoretisch könnte sich vorbildliches Fahrverhalten möglicherweise in einer niedrigeren Versicherungsprämie widerspiegeln.
Laut der europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc gibt es aber zu viele Ausnahmeregelungen, die diese Möglichkeiten in der Praxis erschweren. Beuc-Geschäftsführer Agustín Reyna bezeichnete das Gesetz daher als eine «verpasste Chance».
Wie sollen Nutzerinnen und Nutzer an die Daten kommen?
Die EU-Verordnung gibt den Anbietern zwei Optionen: direkten oder indirekten Zugang. Wenn möglich, sollten Nutzerinnen und Nutzer einfach auf die Daten zugreifen können. Die Anbieter und Hersteller müssen die Nutzer darüber informieren, wie dies funktioniert, wenn sie das Produkt erwerben.
Falls es nicht möglich ist, direkt zuzugreifen oder vom Hersteller nicht gewünscht wird, genügt gemäß der Verordnung eine einfache Anfrage, beispielsweise über ein entsprechendes Webportal. Es sollte dann ohne große Schwierigkeiten eine Antwort mit den entsprechenden Daten erfolgen.
Was erhofft sich die EU durch das Datengesetz noch?
Gemäß den Plänen der EU sollen durch den großzügigeren Datenhandel neue Geschäftsfelder entstehen oder bestehende erweitert werden. Die Datenschöpfung soll somit einen größeren Beitrag zur Wertschöpfung leisten.
In besonderen Situationen wie Waldbränden oder Hochwasserkatastrophen sollen Behörden die Möglichkeit haben, auf Daten zuzugreifen, die von privaten Unternehmen gehalten werden.
Große Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services, Microsoft oder Google sind nun verpflichtet, den illegalen Zugriff auf Daten zu verhindern und einen einfacheren Anbieterwechsel zu ermöglichen.
Was sagen die Unternehmen?
Kritik kommt vom Digitalverband Bitkom und dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). In Deutschland besteht aufgrund der EU-Verordnung immer noch viel Unsicherheit. Beide Verbände beklagen, dass der Gesetzgeber es in der 20-monatigen Übergangsfrist nicht geschafft hat, die EU-Verordnung in deutsches Recht umzusetzen. Dadurch fehlt es an klaren Ansprechpartnern bei den Behörden.
Eine funktionierende Datenwirtschaft sei zentral für erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle, fügte BDI-Co-Geschäftsführerin Iris Plöger hinzu. «Der EU-Gesetzgeber greift jedoch übermäßig in die Vertragsautonomie der Industrie ein», so Plöger. Positiv bewertete Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst mögliche Chancen durch die EU-Verordnung. Das Gesetz könne datengetriebene Geschäftsmodelle voranbringen.








