Maßnahmen für Stahlherstellungssicherung diskutiert, Thyssenkrupp plant massiven Stellenabbau, Forderungen nach Wirtschaftswende und Strukturreformen laut
Stahlkrise: Scholz lädt zum Stahlgipfel ins Kanzleramt
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) plant, mit führenden Vertretern der Stahlindustrie Lösungen für die Krise dieses wichtigen Wirtschaftszweigs zu besprechen. Auch Betriebsräte und Gewerkschafter sind für Montag zu einem Stahlgipfel ins Kanzleramt eingeladen. Scholz teilte auf dem Kurznachrichtendienst X mit, dass es um konkrete Maßnahmen gehe, um die Stahlproduktion in Deutschland zu sichern. Zu den wichtigen Punkten zählen verlässliche Strompreise, die Förderung von Investitionen und der Schutz vor Billig-Importen.
Thyssenkrupp, Deutschlands größter Stahlkonzern, gab im November bekannt, dass die Zahl der Arbeitsplätze im Stahlbereich in sechs Jahren um 11.000 reduziert werden soll. Von den derzeit 27.000 Stellen sollen dann noch 16.000 übrig sein. Arbeitnehmervertreter und die IG Metall drohen mit langanhaltendem Widerstand.
Auf die Frage, ob der Staat bei Thyssenkrupp Stahl einsteigen sollte, sagte der Kanzler der Funke Mediengruppe: «Ich nehme jetzt keine Option vom Tisch.»
FDP mahnt Wirtschaftswende an
Die FDP mahnte eine Wirtschaftswende an. Hunderttausende Beschäftigte in der Industrie bangten um ihre Jobs, das könne keinen unbesorgt lassen, sagte Fraktionschef Christian Dürr. Angesichts der Tatsache, dass Deutschland Schlusslicht beim Wachstum unter den Industrienationen sei, brauche es tiefgreifende Strukturreformen. «Dazu gehören vor allem Steuerreformen mit einer Senkung der Unternehmenssteuern und die Abschaffung des Solidaritätszuschlags, der geradezu eine Strafsteuer auf unternehmerisches Risiko und Mut zu Investitionen darstellt», betonte der FDP-Politiker.
Zudem belasteten hohe Strompreise die deutsche Wettbewerbsfähigkeit. Daher sei der Ausstieg aus der Subventionierung erneuerbarer Energien und eine Anpassung der Netzausbaupläne unumgänglich. «Die noch amtierende Bundesregierung darf nicht länger zusehen, wie der Industrie in Deutschland Schaden zugefügt wird», sagte Dürr.
Habeck: Wettbewerb auf Stahlmarkt verzerrt
Wirtschaftsminister Robert Habeck hat darauf hingewiesen, dass der Wettbewerb auf dem internationalen Stahlmarkt immer noch verzerrt ist. Um Dumpingpreise und Überkapazitäten zu bekämpfen, sollten die Instrumente genutzt werden, die das Handelsrecht bereitstellt.
Um die Stahlindustrie zu schützen, hat die Bundesregierung erfolgreich die EU-Schutzmaßnahmen gegen Stahlimporte bis Ende Juni 2026 verlängert. Eine rechtliche Verlängerung gemäß den Regeln der WTO sei darüber hinaus nicht möglich. “Das sollten wir nicht einfach akzeptieren. Deshalb setzen wir uns für eine Nachfolgeregelung ein, um den Stahlmarkt so lange wie nötig zu schützen”, sagte der Grünen-Politiker.
Hohe Energiepreise schwächen Stahl-Konjunktur
Die deutsche Stahlindustrie, die bereits angeschlagen ist, verzeichnete im dritten Quartal 2024 einen Rückgang bei den Aufträgen. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes von vor wenigen Tagen beträgt der Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 9,7 Prozent. Die gestiegenen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs sind ein wesentlicher Faktor für die schwache Stahl-Konjunktur. Im ersten Quartal 2022, zum Zeitpunkt des russischen Angriffs, lag die Produktion noch um 5,2 Prozent höher als derzeit.
Die Einnahmen der Stahlindustrie sind auch gesunken. Zwischen Juli und September 2024 erzielten die Unternehmen 1,8 Prozent weniger als im zweiten Quartal. Ende September waren laut Statistischem Bundesamt noch 71.200 Menschen in der Branche beschäftigt.