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Angebotsreduzierungen im Nahverkehr: Geldmangel bedroht Zug- und Busverbindungen

Die steigenden Kosten im Regionalverkehr führen zu Abbestellungen von Verbindungen in verschiedenen Bundesländern, da die Finanzierung nicht ausreicht.

Schleswig-Holstein reduziert ab Dezember das Angebot auf der Schiene in den Randzeiten. (Archivbild)
Foto: Christian Charisius/dpa

Immer mehr Menschen nutzen Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr. Anstatt jedoch das Angebot auszubauen, erwägen einige Länder aufgrund fehlender Finanzmittel derzeit eine Reduzierung. An einigen Orten ist dies bereits beschlossene Sache. In Schleswig-Holstein werden zum Fahrplanwechsel im Dezember auf vielen Regionalzuglinien zusätzliche Züge und Verbindungen in Randzeiten sowie am Wochenende gestrichen.

«Die Abbestellungen – auch wenn es nur Randzeiten und weniger als 1,5 Prozent aller Verbindungen im Land betrifft – bleiben schmerzhaft und sind sicher nicht das Signal, das wir senden wollen», teilte Landesverkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) im August mit. 

Verband: Abbestellungen drohen auch anderorts

Auch in anderen Ländern werden Angebotsreduzierungen auf der Schiene konkreter. «Niedersachsen hat eine Prüfung angekündigt und nach unserem Kenntnisstand drohen Abbestellungen auch in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen», teilte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) auf Anfrage mit. Die Planungen bezögen sich dabei auf das kommende Jahr, also den Fahrplanwechsel im Dezember 2025.

«Es geht nicht nur um Abbestellungen von bereits laufenden Verkehren, sondern auch um nicht mehr finanzierbare Mehrbestellungen», erklärte der VDV. Es gehe also auch um Verstärkerzüge, die wegen des hohen Fahrgastwachstums bereits geplant waren, «aber noch auf einer Kostenbasis kalkuliert wurden, die angesichts der extrem gestiegenen Kosten jetzt nicht mehr realisierbar sind».

Einnahmen decken die Kostensteigerungen nicht ab

Der Grund für die Reduzierung ist überall derselbe: Es fehlt an Geld, um die steigenden Kosten für den Betrieb zu decken. Die Personalkosten für die Unternehmen sind dem Verband zufolge zwischen 2019 und 2021 um rund 13 Prozent gestiegen, der Materialaufwand etwa für Reparatur und Instandhaltung, aber auch für Betriebsstoffe und Energie sogar um fast 40 Prozent. Seither ist die Inflation zwar wieder zurückgegangen. Doch die Kosten bleiben hoch.

Die Länder sind für den Regionalverkehr auf der Schiene zuständig. Die Finanzierung erfolgt aus den Einnahmen aus dem Fahrkartenverkauf sowie aus den Regionalisierungsmitteln des Bundes. Im vergangenen Jahr betrugen diese Bundesmittel einschließlich Sonderzahlungen rund 12,4 Milliarden Euro.

Bis 2031 soll dieser Topf für die Länder pro Jahr um drei Prozent wachsen. «Doch die tatsächlichen Kostensteigerungen liegen deutlich darüber», hieß es vom VDV. Aus Sicht der Branche müssten die Regionalisierungsmittel jedes Jahr um rund drei Milliarden Euro zunehmen, um allein das bestehende Angebot zu sichern. Derzeit laufen erneut Haushaltsverhandlungen des Bundes, auch über diese Frage.

Nachfrage stark gestiegen – ÖPNV stößt öfter an Grenzen

Länder und Branche fordern seit langem eine angemessene Finanzierung. Einerseits ist der Sektor eine wichtige Säule für die Verkehrswende und somit für die Klimaziele des Bundes. Andererseits ist die Nachfrage seit dem Einbruch in der Corona-Krise wieder deutlich gestiegen. Dies ist hauptsächlich auf das Deutschlandticket zurückzuführen.

Im ersten Halbjahr waren laut dem Statistischen Bundesamt rund 5,6 Milliarden Menschen im Nah- und Regionalverkehr mit Bussen und Bahnen unterwegs. Dies entspricht einem Anstieg von etwa sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bereits 2023 betrug das Plus im Vorjahresvergleich acht Prozent.

Die starke Nachfrage führt dazu, dass der öffentliche Nahverkehr an reisestarken Wochenenden bereits jetzt oft an seine Kapazitätsgrenzen stößt. Wer beispielsweise an einem sonnigen Samstag schon einmal mit dem Zug und dem Fahrrad ins Berliner Umland gereist ist, kennt das Problem. Eine Reduzierung des Angebots würde die Situation je nach Ausmaß weiter verschärfen.

Tickets werden nächstes Jahr wieder vielerorts teurer

Derzeit greifen die Länder hauptsächlich auf höhere Fahrpreise zurück. Im nächsten Jahr werden Busse und Bahnen an vielen Orten erneut teurer. In Berlin und Brandenburg wurde kürzlich eine durchschnittliche Erhöhung der Ticketpreise um etwa 7,5 Prozent bekannt gegeben. Auch Bremen, München und die großen NRW-Verkehrsverbünde haben bereits Preiserhöhungen ab Januar angekündigt.

«Überdeckt werden die Abbestell-Szenarien derzeit noch von einem Rückfluss an Mitteln von den Verkehrsunternehmen im Schienenpersonennahverkehr an die Aufgabenträger aus den Vertragsstrafen», teilte der VDV weiter mit. Diese sogenannten Pönalen werden fällig, wenn Verkehrsunternehmen die mit den Ländern und Aufgabenträgern vereinbarten Leistungen bei Pünktlichkeit oder Ausfällen nicht einhalten konnten. 

Hierbei soll es sich dem VDV zufolge um einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag handeln. «Das verschafft den Aufgabenträgern wieder etwas Puffer und zögert Abbestellungen hinaus, aber das ist nur ein temporäres Phänomen.» Es ist aus dieser Sicht eine Frage der Zeit, bis weitere Länder Angebotsreduzierungen ankündigen müssen, wenn die Finanzierung nicht nachhaltig gesichert wird.

dpa