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Streit um Arbeitszeiten – Arbeitgeberpräsident für Reform

Soll es eine Reform des Arbeitszeitgesetzes geben? Die Koalition hat das angekündigt. Die Gewerkschaften lehnen es ab, die Arbeitgeber pochen darauf.

BDA-Chef Dulger: «Eine wöchentliche Höchstarbeitszeit passt besser in das Zeitalter der Digitalisierung als die strikte tägliche Höchstarbeitszeit.» (Archivbild)
Foto: Peter Kneffel/dpa

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert eine schnelle Reform des Arbeitszeitgesetzes in Deutschland mit einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Dulger sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Eine wöchentliche Höchstarbeitszeit passt besser in das Zeitalter der Digitalisierung als die strikte tägliche Höchstarbeitszeit. Wir brauchen das in Deutschland jetzt endlich auch.» 

Dulger: Regelungen veraltet

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sagte, dass die Arbeitszeitgesetzgebung in Deutschland aus der Zeit von Telex und Wählscheibe stamme. Es solle vollständig von den Möglichkeiten der EU-Arbeitszeitrichtlinie Gebrauch gemacht werden.

«Für einen Dachdecker oder einen Arbeiter am Montageband gibt es so etwas wie Homeoffice nicht. In diesen Bereichen haben wir auch tarifvertragliche Tagesarbeitszeiten», sagte Dulger. «Am liebsten ist es mir, wenn das Arbeitgeber und Gewerkschaften untereinander vereinbaren, und der Gesetzgeber das durch einen passenden rechtlichen Rahmen begleitet. Wichtig dabei ist, dass wir als Sozialpartner weiterhin alle tariflichen Freiheiten behalten, etwa durch Öffnungsklauseln.» Das habe sich in der Vergangenheit sehr bewährt. 

Flexibler arbeiten

«In anderen Jobs wollen Mitarbeiter flexibler sein, vielleicht um 16 Uhr das Kind aus der Kita holen, dann um 20 Uhr noch zwei Mails schreiben – und dann trotzdem am nächsten Morgen um 7 oder 8 Uhr im Büro sein können», sagte Dulger. «Das ist aktuell gesetzlich nicht möglich, weil man die Ruhezeiten dann nicht einhält. Ich möchte, dass der gesetzliche Rahmen auch bei Ruhezeiten mehr Flexibilisierung zulässt, die wir mit unseren Sozialpartnern füllen. Es geht nicht darum, den Achtstundentag zu schleifen und alle täglich 13 Stunden schuften zu lassen. Das ist Unsinn.»

Arbeitszeitgesetz

Das Gesetz besagt, dass Arbeitnehmer nicht mehr als acht Stunden pro Tag arbeiten dürfen. Unter bestimmten Bedingungen kann dies jedoch auf bis zu zehn Stunden verlängert werden. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit müssen Arbeitnehmer mindestens elf Stunden ununterbrochene Ruhezeit haben. In einigen Fällen, wie in Krankenhäusern, Verkehrsbetrieben oder Gaststätten, kann diese auf zehn Stunden verkürzt werden. Tarifverträge können auch abweichende Regelungen vorsehen.

Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es, die Arbeitswelt sei im Wandel. Beschäftigte und Unternehmen wünschten sich mehr Flexibilität. «Deshalb wollen wir im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie die Möglichkeit einer wöchentlichen anstatt einer täglichen Höchstarbeitszeit schaffen – auch und gerade im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.» Zur konkreten Ausgestaltung solle es einen Dialog mit den Sozialpartnern geben.

Gewerkschaften lehnen Reform ab

Der Sozialpartnerdialog zum Arbeitszeitgesetz begann letzte Woche. Die Gewerkschaften sind gegen eine Änderung von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit. Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi sagte, dass eine Abschaffung des regulären Achtstundentags nicht der Realität der Beschäftigten entspreche. Bereits heute leisten die Menschen in Deutschland viele Überstunden, davon viele unbezahlt. Schon heute haben die Sozialpartner in Tausenden von Tarifverträgen flexible Arbeitszeiten vereinbart. Das Arbeitszeitgesetz in seiner aktuellen Form bietet ausreichend Spielraum dafür.

In einer Kurzstudie des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht der Hans-Böckler-Stiftung, die im Mai veröffentlicht wurde, wird darauf hingewiesen, dass das Vorhaben der Bundesregierung tägliche Höchstarbeitszeiten von über zwölf Stunden erlauben würde. Es wird betont, dass überlange Arbeitszeiten die Gesundheit gefährden.

dpa