Die EU will das Zusammenwachsen ihrer Finanzmärkte vorantreiben, doch die Bemühungen stocken. Ein Verband warnt vor Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit – Nachholbedarf gebe es auch in Deutschland.
Studie: Europäische Kapitalmärkte hinken hinterher
Die EU muss aus Sicht des Finanzmarktverbands AFME das Zusammenwachsen ihrer Kapitalmärkte stärker vorantreiben, um nicht an Boden gegenüber der globalen Konkurrenz zu verlieren. «Die EU-Kapitalmärkte fallen zurück», schreibt die Vereinigung für Finanzmärkte in Europa (AFME) zu ihrem siebten Bericht zur Kapitalmarktunion, der an diesem Dienstag in Brüssel vorgestellt werden soll.
«Trotz einiger konjunktureller Zuwächse liegt die EU bei den meisten Schlüsselindikatoren wie Kapitalzugang, globaler Verflechtung und Marktliquidität hinter den USA, dem Vereinigten Königreich und China zurück», warnt die Lobbyvereinigung, die große Banken, Makler, Anwaltskanzleien und Investoren vertritt. «Die Kapitalmärkte der EU bleiben nach wie vor fragmentiert.» Das untergrabe die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Europas.
Milliarden-Investitionen ohne privates Kapital nicht zu stemmen
In der EU klaffe eine jährliche Finanzierungslücke von etwa 800 Milliarden Euro, die für Ziele in Schlüsselbereichen wie Digitalisierung, Infrastruktur und Nachhaltigkeit benötigt würden. Ohne privates Geld über die Kapitalmärkte scheine diese Herkulesaufgabe für die öffentlichen Haushalte nicht realisierbar. AFME-Chef Adam Farkas forderte Reformen: «Nur ein integrierter und effizienterer Kapitalmarkt kann diejenigen Initiativen finanzieren, die für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft so entscheidend sind.»
In Deutschland kritisiert der Finanzmarktverband unter anderem eine niedrige Anzahl an Börsengängen und eine hohe Sparquote der Verbraucher, die im Vergleich zu anderen Ländern relativ wenig in den Kapitalmärkten investieren.
Bemühungen in Brüssel stocken seit Jahren
In Brüssel wird seit Jahren an der Kapitalmarktunion gearbeitet, um bürokratische Hürden zwischen den EU-Staaten abzubauen. Die EU strebt an, dass mehr Kleinanleger in die hiesigen Finanzmärkte investieren, um mehr Kapital für den grünen und digitalen Wandel bereitzustellen. Unternehmen sollen mehr Möglichkeiten erhalten, sich Kapital zu beschaffen. Nach Jahren mit wenig Fortschritt hatten sich zuletzt die Staats- und Regierungschefs der EU dafür ausgesprochen, das Projekt verstärkt voranzutreiben.
Die AFME warnt davor, dass nordeuropäische Länder wie Luxemburg und die Niederlande einen besseren Zugang zu Finanzmitteln haben als osteuropäische Staaten. Obwohl die EU führend bei nachhaltigen Finanzierungen wie grünen Anleihen sei, wachse dieser Bereich nur langsam. Gleichzeitig sind die privaten Investitionen in Finanz-Start-ups im Vergleich zu den USA und Großbritannien niedrig.