Tiktok könnte trotz Fristverlängerung durch Biden aus den App-Stores von Apple und Google fliegen.
Tiktok verliert Kampf vor US-Gericht
Die Video-App Tiktok hat vor dem Obersten Gericht in den USA ihren Kampf gegen das Gesetz zum Eigentümerwechsel verloren. Die Richter urteilten am Freitag, dass das Gesetz nicht die Redefreiheit verletze.
Mit der Entscheidung müsste Tiktok theoretisch mit Ablauf der Frist am Sonntag aus den amerikanischen App-Stores von Apple und Google entfernt werden und den Zugang zur Infrastruktur verlieren. Allerdings haben sowohl die aktuelle Regierung als auch der zukünftige Präsident Donald Trump signalisiert, dass Tiktok einen Aufschub erhalten soll, anstatt sofort in den USA geschlossen zu werden.
Die App hat gemäß eigenen Angaben in den USA über 170 Millionen Nutzer.
Weißes Haus zeigt sich nachgiebig
«Amerikaner sollten sich nicht darauf einstellen, dass Tiktok am Sonntag plötzlich verboten wird», sagte ein anonym gebliebener Regierungsvertreter dem TV-Sender NBC. Man prüfe Optionen für die entsprechende Umsetzung des Gesetzes. Beim Sender ABC war das Weiße Haus noch deutlicher: Die Frist laufe an einem Wochenende am Tag vor der Amtseinführung des neuen Präsidenten ab – «und es wird der nächsten Regierung zufallen, das durchzusetzen».
Biden hat die Möglichkeit, die Frist für Tiktok um drei Monate zu verlängern. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es vielversprechende Verkaufsverhandlungen gibt – und Tiktok und Bytedance haben bisher jegliche Diskussion über eine Trennung abgelehnt. Das Weiße Haus signalisiert jedoch, dass die Schlagzeilen über Tiktok nicht Bidens letzte Tage im Amt dominieren sollen.
Trump will mehr Zeit für Deal
Auch Trumps Lager lotet bereits den rechtlichen Spielraum aus. «Wir werden Maßnahmen ergreifen, die dafür sorgen, dass Tiktok nicht ausgeht», sagte Trumps künftiger Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz dem Fernsehsender Fox News. Trump solle dadurch mehr Zeit bekommen, einen Deal einzufädeln.
Trump erwähnte das Thema Tiktok auch während eines Gesprächs mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping am Freitag. Dies zeigt, wie beliebt die Plattform mittlerweile bei Trump ist: Tiktok-Chef Shou Chew soll Berichten zufolge zusammen mit den Chefs der großen amerikanischen Tech-Konzerne am Montag auf der Tribüne bei Trumps Amtseinführung sitzen.
Sicherheitsbedenken in den USA
Tiktok ist im Besitz des Unternehmens Bytedance mit Hauptsitz in China. In den USA wird vor der Möglichkeit gewarnt, dass die chinesische Regierung auf Daten von US-Nutzern zugreifen und Einflusskampagnen auf der Plattform organisieren könnte.
Deshalb muss Bytedance gemäß einem US-Gesetz zur ausländischen Kontrolle von Online-Plattformen Tiktok abspalten. Die vorgesehene Frist von 270 Tagen endet am 19. Januar. Tiktok lehnt die Anschuldigungen ab. Gleichzeitig wird betont, dass eine Trennung von Bytedance technisch schwierig bis unmöglich sei.
Tiktok stelle sich darauf ein, am Sonntag selbst den Stecker zu ziehen, berichtete die Tech-Website «The Information» vor wenigen Tagen unter Berufung auf informierte Personen. Ohne einen solchen Schritt würde die App vermutlich durch den Verlust des Zugangs zu Infrastruktur wie Rechenzentren nur allmählich die Funktionsfähigkeit verlieren.
Skeptische Richter
Tiktok ging vor das Oberste Gericht der USA mit der Hoffnung, zumindest einen Aufschub zu erreichen. Die Richter zeigten sich schon bei einer Anhörung vergangene Woche jedoch wenig überzeugt von dem Argument, das Gesetz verletze die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit. Jetzt kamen sie zu dem Schluss, dass die Sicherheitsbedenken überwiegen.
Tiktok betont immer wieder, dass Bytedance hauptsächlich internationalen Investoren gehört – aber aufgrund des Hauptsitzes in Peking muss sich das Mutterunternehmen auch den Vorgaben der Behörden beugen. Darüber hinaus hat die Regierung ein Mitspracherecht bei einem Verkauf: Der Algorithmus, der die Videos für die Nutzer auswählt, wurde in China entwickelt. Und Peking hat die Weitergabe einer solchen Software ohne spezielle Erlaubnis verboten.