Verbraucherschützer kritisieren fehlende Transparenz bei App-Rabatten. Kunden sparen wenig, Händler erhalten wertvolle Daten für gezielte Werbung.
Treue-Apps im Handel: Rabatte mit Daten bezahlen
Viele Kundinnen und Kunden nutzen die Treue-Apps und Bonusprogramme von Handelsketten wie Rewe, Lidl oder Kaufland. Von Verbraucherschützern kommt aber auch Kritik. Am Dienstag verhandelt das Oberlandesgericht Stuttgart über eine Klage gegen die «Lidl Plus»-App. Nach Ansicht des Verbraucherzentrale Bundesverbands informiert der Discounter die Nutzer nicht ausreichend darüber, dass sie die App-Rabatte mit ihren Daten bezahlten. Anlass, sich die Apps einmal genauer anzusehen:
Was sind Händler-Apps und welche Vorteile bieten sie?
Rewe, Lidl, Kaufland: Nahezu alle großen Einzelhandelsketten bieten eine App an, die Kunden auf ihren Smartphones nutzen können. Dort werben sie für ihre Produkte und Sonderangebote. Verbraucher können Einkaufslisten erstellen und Rezeptideen erhalten. Wer sich anmeldet, kann auch die Bonus- und Treueprogramme vieler Händler nutzen. Manchmal sind zusätzliche Artikel im Angebot, manchmal gibt es einen Extra-Rabatt auf reduzierte Produkte. Oft erhalten Kunden Rabatt-Coupons, wenn sie innerhalb eines Monats einen bestimmten Einkaufswert erreichen.
Handelsexperte Carsten Kortum von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn sieht in der Angebotswerbung der Lebensmittelhändler einen neuen Trend. «Viele Tiefpreise gelten ausschließlich für registrierte Kunden mit App.»
Welche Händler bieten die besten Rabatte?
Smhaggle, das Preisvergleichsportal, hat die Bonusprogramme der Händler verglichen. Im Zeitraum von Januar bis März 2025 wurden etwa 1,26 Millionen Kassenbons analysiert. Das Fazit: Kunden sparen bei der Nutzung der Programme der verschiedenen Händler nur wenig.
Im ersten Quartal konnten Kaufland Card Kunden im Durchschnitt 2,29 Prozent ihrer Gesamtausgaben im Lebensmitteleinzelhandel und den Drogerien sparen. Bei einem Einkauf von 100 Euro entspricht dies lediglich 2,29 Euro. Die Ersparnis bei anderen Ketten ist noch geringer, bei Rewe Bonus waren es nur 0,82 Prozent und in der Penny-App 0,75 Prozent.
«Durch den gezielten Einkauf von Aktionsangeboten und den regelmäßigen Wechsel des Händlers kann man bequemer und deutlich mehr sparen als mit einem einzelnen oder mehreren Bonusprogrammen», sagt Smhaggle-Geschäftsführer Sven Reuter. Wer gezielt Produkte im Angebot kaufe, könne im Schnitt 30 Prozent sparen. Bei den Bonusprogrammen seien es meist lediglich ein bis zwei Prozent.
Was haben die Händler davon?
In den Apps schließen Kunden und Händler einen Handel ab: Registrierten Kunden winken exklusive Vorteile. Die Händler erhalten im Gegenzug – im Idealfall – treuere Kunden und deren Daten. Diese helfen ihnen dabei, zu verstehen, was die Käufer möchten. Auf diese Weise können sie besser auf deren individuelle Vorlieben eingehen. So können die Unternehmen in der App beispielsweise spezifische Produkte bewerben und dadurch das Kaufverhalten beeinflussen.
Gemäß einer Umfrage von 2024 des Handelsforschungsinstituts IFH kaufen 56 Prozent der App-Nutzer häufiger bei einem Händler, während jeder Dritte mehr Geld ausgibt. Viele Kunden haben vier oder mehr verschiedene Einkaufsapps auf ihren Handys, verwenden jedoch nicht alle regelmäßig. Die Apps der Lebensmittelhändler sind am weitesten verbreitet. Über die Hälfte der registrierten Kunden nutzen die Apps mehrmals pro Woche, ein Drittel mehrmals im Monat.
Was unterscheidet Payback und händlereigene Programmen?
Die Programme und Treue-Apps der einzelnen Händler können nur in den Filialen der jeweiligen Kette verwendet werden. Im Gegensatz dazu ist Payback ein sogenanntes Multipartner-Programm. Kunden haben die Möglichkeit, deutschlandweit bei verschiedenen Händlern Punkte zu sammeln. Zu den teilnehmenden Unternehmen gehören unter anderem Edeka, Aral, dm, C&A, Decathlon und Thalia.
Rewe und Penny gehörten bis Ende 2024 ebenfalls dazu. Seitdem setzen beide nur noch auf ihre eigenen Rabatt-Apps.
Eine Umfrage des IFH Köln zeigt, dass fast 50 Prozent der App-Nutzer angeben, dass Payback ihr meistgenutztes Bonusprogramm ist. Danach kommen Lidl Plus (15 Prozent), Rewe Bonus (9 Prozent) und Kaufland Card (5 Prozent) vor den Drogerien dm und Rossmann (jeweils 4 Prozent). Weniger beliebt sind Programme von Händlern wie Ikea oder Obi.
Haben alle großen Ketten ein Bonusprogramm?
Nein. In Deutschland haben die Discounter Aldi Nord und Aldi Süd bisher kein Programm. Aldi Nord testet dies im Ausland, in einem Teil von Belgien können Kunden in der App Treuepunkte sammeln. Aldi Süd hat angegeben: Man verzichte auf komplexe App-Rabatte oder Punktesysteme und biete jederzeit allen Kunden die besten Angebote. Der Discounter wirbt mit dem Slogan «Gutes für alle».
Was halten Kunden von den Programmen?
Laut einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur verwenden viele Menschen Treue-Apps von Lebensmittelhändlern, um Rabatte zu erhalten. Fast ein Viertel der Befragten nutzt sie jedoch nicht und plant auch zukünftig nicht, dies zu tun. Die häufigste Kritik bezieht sich darauf, dass persönliche Daten weitergegeben und das Kaufverhalten analysiert wird. Uneinigkeit herrscht darüber, ob nur registrierte Kunden Rabatte erhalten sollten. 41 Prozent sind dafür, 40 Prozent dagegen.
Laut einer Studie des IFH Köln nutzt die große Mehrheit der Kunden nach wie vor Printwerbung, um Angebote zu finden und ihren Einkauf zu planen. Andere Medien wie Apps sind demnach für die Kunden keine gleichwertige Alternative. Viele geben an, dass sie ihnen zu kompliziert sind. «Verbraucherinnen und Verbraucher kommen bei den unterschiedlichen Loyalty-Programmen nicht mehr hinterher – Punkte sammeln, Coupons einlösen, Preisvorteile sichern», sagt der Geschäftsführer von IFH Media Analytics, Andreas Riekötter. Kunden fühlten sich zunehmend desorientiert im Dschungel der App-Angebote und könnten das Angebot nicht transparent miteinander vergleichen.