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Boom in der Shisha-Branche nach Aufhebung von Regelung

Verkaufsmengen verdoppelt, Steuereinnahmen gestiegen – Schwarzmarkt dennoch aktiv. Situation bleibt angespannt durch steigende Steuerlast.

Von Juli 2024 bis Juni 2025 wurden durch den Verkauf von Wasserpfeifentabak Steuern in Höhe von 75,8 Millionen Euro eingenommen. (Archivbild)
Foto: Wolf von Dewitz/dpa

Nach einem schweren Einbruch und Firmenpleiten erholt sich die Shisha-Branche in Deutschland wieder etwas. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes haben die Hersteller und Händler etwa doppelt so viel verkauft wie zuvor. Dies ist auf die Aufhebung einer Verpackungsregelung im Juli 2024 zurückzuführen – diese Regelung hatte das legale Geschäft behindert und den Schwarzmarkt laut Zollberichten angekurbelt. Nach heftiger Kritik wurde sie aufgehoben.

Laut Angaben wurden in Deutschland zwischen Juli 2023 und Juni 2024 insgesamt 684 Tonnen Wasserpfeifentabak verkauft und dabei Steuern in Höhe von 38,6 Millionen Euro eingenommen. Zwischen Juli 2024 und Juni 2025 – also nach dem Wegfall der Regelung – stieg der Verkauf auf 1444 Tonnen mit Steuereinnahmen von 75,8 Millionen Euro. Obwohl der Anstieg signifikant ist, bleibt das Niveau noch niedrig: Im gesamten Jahr 2021 wurden 6897 Tonnen verkauft.

Vorstoß gegen Steuerbetrug ging nach hinten los

Wasserpfeifentabak wird sowohl von Privatpersonen zu Hause als auch in schätzungsweise bis zu 5000 Shishabars in Deutschland konsumiert. In den Bars werden kleine Portionen verkauft, damit die Kunden vor Ort eine Wasserpfeife rauchen können. Die Barbesitzer kaufen große Packungen und teilen sie in Einzelportionen auf, obwohl dies illegal ist, da sie dadurch weniger Steuern zahlen. Trotzdem ist diese Praxis in der Branche verbreitet. Der Zoll führt zwar gelegentlich Razzien durch, ist jedoch letztendlich machtlos – einige Barbesitzer nehmen das Risiko einer Geldstrafe einfach in Kauf.

Um dieser Praxis Einhalt zu gebieten, hat der Bund Mitte 2022 größere Packungen verboten – nur noch Packungen mit höchstens 25 Gramm und damit nur etwas mehr als einer Einzeldosis durften verkauft werden. Der erhoffte positive Effekt blieb aus, stattdessen sank der legale Verkauf. Die Prognose des Bundesfinanzministeriums, dass die Steuereinnahmen steigen würden, erwies sich als falsch – tatsächlich sanken sie deutlich. Da der Verkauf von spezieller Shisha-Kohle stabil blieb, war offensichtlich, dass ein Großteil der Verkäufe auf den Schwarzmarkt abgewandert war. Die legalen Händler gerieten massiv unter Druck, einige Unternehmen gaben auf und stellten den Betrieb ein.

Die Gewerkschaft der Polizei – Bezirksgruppe Zoll – sieht nach wie vor einen starken Shisha-Schwarzmarkt in Deutschland. «Entsprechende Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet», sagt Gewerkschafter Frank Buckenhofer. Der Zoll sei personell viel zu schwach aufgestellt. «Wenn durch politische Entscheidungen Anreize für die organisierte Kriminalität gesetzt werden, sich am Schwarzmarkt dumm und dusselig zu verdienen, dann muss die Politik den Zoll im Kampf gegen diese Kriminalität auch stärken.»

Branchenvertreter zeigen Sorgenfalten

Mit dem Ende besagter Verpackungsregel besserte sich zwar die Lage der legalen Branche etwas, aus Sicht des Bundesverbandes für Wasserpfeifentabaks bleibt die Situation aber angespannt. Grund hierfür ist die steigende Steuerlast. «Wegen schrittweise gestiegener Steuern haben sich auch die Preise erhöht, weswegen viele Konsumenten noch immer bei ihren Schwarzmarkt-Quellen bleiben», sagt Verbandsgeschäftsführer Folke Rega.

2021 sei ein Kilo Shisha-Tabak noch für unter hundert Euro zu haben gewesen, nach Einführung der Verpackungsregel zog der Preis durchschnittlich auf 166 Euro an, nach deren Abschaffung fiel er auf 132 Euro. «Im Vergleich zu 2021 ist das noch immer hoch.» Auf dem Schwarzmarkt sei ein Kilo für 70 bis 90 Euro zu bekommen, wie man aus eigenen Recherchen wisse.

In Zukunft könnte der legale Preis erheblich steigen, da die EU-Kommission plant, die Mindeststeuern für Tabakprodukte zu erhöhen. Mindestens 107 Euro pro Kilo sollen anfallen, was mehr als doppelt so viel ist wie der aktuelle deutsche Steuersatz. Die Zustimmung der Mitgliedstaaten steht noch aus, daher befürchtet die Shisha-Branche eine weitere Belebung des Schwarzmarktes, wenn es tatsächlich dazu kommt.

«Das ist zum Haareraufen: Gerade erst wurde eine Regelung abgeschafft, die nur die organisierte Kriminalität gefördert hat – und jetzt soll die nächste Maßnahme kommen, die uns legalen Herstellern und Händlern erneut das Wasser abgräbt.» Der durchschnittliche Preis für ein Kilo Wasserpfeifentabak könnte sich von 132 Euro auf etwa 200 Euro erhöhen, warnt Rega. «Da ist es doch absehbar, dass die Konsumenten noch stärker auf illegale Quellen setzen als bislang.»

EU-Kommission scheint nicht restlos überzeugt 

Laut einer Folgenabschätzung der EU-Kommission ist auch sie sich des Risikos bewusst. Es wird berichtet, dass derzeit etwa 60 Prozent des Shishakonsums in der EU aus illegalen Quellen stammen. Die Brüsseler Autoren warnen davor, dass die Einstufung von Wasserpfeifentabak als spezielle Kategorie ungewollten illegalen Handel fördern könnte.

Zusätzlich betonen sie, dass dieses Produkt tatsächlich nur zu 20 Prozent aus Tabak besteht und der Rest Melasse – also ein Feuchthaltemittel mit Aromen – ist. Es wird als schwierig angesehen, das gesamte Gewicht als Tabakprodukt zu besteuern, selbst von den Brüsseler Autoren. Shisha-Branchenvertreter Rega hofft nun darauf, dass sich die Bundesregierung im Kreis der EU-Mitgliedstaaten gegen das Kommissionsvorhaben ausspricht.

Laut Schätzung des Verbandes rauchen in Deutschland regelmäßig eine niedrige einstellige Millionenzahl Wasserpfeife. Krebsforscher warnen vor den Gesundheitsrisiken des Shisha-Rauchens. Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) warnt unter anderem vor Schlaganfällen und einer Nikotinabhängigkeit, die die Hirnentwicklung beeinträchtigen kann, sowie vor Lungen-, Mundhöhlen- und Darmkrebs.

dpa