Die EU importierte trotz des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im vergangenen Jahr 18 Prozent mehr Gas aus Russland, als geplant.
EU importierte trotz russischem Angriff mehr Gas,als geplant
Trotz des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat die EU im vergangenen Jahr einem Bericht zufolge mehr Gas aus Russland importiert. Das Plus lag im Vergleich zu 2023 bei 18 Prozent, wie die Denkfabrik Ember errechnete. Berücksichtigt sind sowohl Gas, das durch Pipelines in die EU gelangte, als auch Flüssigerdgas (LNG).
Die EU hat nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 viele Sanktionen gegen russische Energieträger wie Kohle und Öl verhängt. Bis 2027 plant die Staatengemeinschaft, kein Gas mehr aus Russland zu importieren, obwohl dieses Vorhaben rechtlich nicht bindend ist. Seit dem Jahreswechsel erlaubt die Ukraine kein russisches Erdgas mehr durch ihr Staatsgebiet zu transportieren und hat den Transit durch Pipelines blockiert.
Mehr Gas, weniger Nachfrage
Besonders Italien, Tschechien und Frankreich haben laut Ember vermehrt Gas aus Russland bezogen. Auch im Jahr 2025 würden die Importe weiter steigen, teilte der Thinktank weiter mit. Das sei jedoch nicht erforderlich. Denn die Nachfrage in der EU sei überhaupt nicht gestiegen. Zudem seien die Gaspreise im Jahr 2024 um fast 60 Prozent gestiegen, hieß es weiter im Dokument.
«Es ist ein Skandal, dass die EU immer noch russisches Gas importiert», sagt Pawel Czyzak von Ember. «Anstatt in wirkliche Alternativen wie erneuerbare Energien und Effizienz zu investieren, um russische Importe zu unterbinden, verbrennen die Mitgliedstaaten Geld mit teuren LNG-Kapazitäten, die nicht einmal genutzt werden.» Ember prognostiziert ein Überangebot für 2030.
Abhängigkeit weiter großes Thema
Die EU strebt danach, sich von fossilen Energien aus Russland unabhängig zu machen. Laut EU-Energiekommissar Dan Jørgensen ist dies weiterhin eine Priorität, wie er kürzlich in einem Interview des Nachrichtenagentur-Netzwerks European Newsroom (enr) betonte, zu dem auch die Deutsche Presse-Agentur gehört. Zurzeit wird in der EU-Kommission an einem Zeitplan gearbeitet, um auf russische fossile Energie zu verzichten. Dieser soll in den kommenden Wochen präsentiert werden.
Im «Handelsblatt» kritisierte Jørgensen das Verhalten der Mitgliedstaaten. «Es ist völlig unhaltbar, weiterhin fossile Brennstoffe aus Russland zu kaufen und damit indirekt Putins Kriegskasse zu füllen», sagte der Energiekommissar. «Seit Kriegsbeginn haben wir so viel Geld für fossile Brennstoffe aus Russland ausgegeben, wie 2400 F-35-Kampfjets kosten würden.»
Der Import von Flüssigerdgas aus Russland in die EU wird fortgesetzt. Es ist lediglich verboten, in LNG-Projekte in Russland zu investieren, die sich derzeit im Bau befinden, sowie Exporte zugunsten dieser Projekte durchzuführen. Ebenso dürfen EU-Häfen nicht zur Verschiffung von russischem LNG in Drittstaaten genutzt werden.
Risiken auch bei anderen Gaslieferanten
Ember zufolge wäre die Versorgungssicherheit jedoch gefährdet, wenn die EU überhaupt kein russisches Gas mehr abnehmen würde. Der Thinktank warnt davor, dass auch andere ausländische Quellen immer unzuverlässiger werden. Die geopolitischen Spannungen mit den USA erhöhen das Risiko, sich auf LNG-Lieferungen von dort zu verlassen.
Die größten Gaslieferanten der EU sind derzeit Norwegen und die USA. Da auch in den nächsten Jahren weiter Gas in Europa gebraucht wird, will die EU-Kommission die Energie-Beziehungen zu den USA intensivieren. Man versuche so viel wie möglich zu diversifizieren, aber es gebe nicht viele Alternativen für den Einkauf von LNG, sagte EU-Energiekommissar Jørgensen. Trotz angespannterer diplomatischer Beziehungen über den Atlantik könne man über diese Themen sprechen.