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Trump will günstigere Medikamente für USA – Druck auf Europa

Erneuter Anlauf gegen hohe Medikamentenkosten: Trump will die Preise in den USA drücken – und zeigt dabei mit dem Finger auf Europa. Widerstand in Politik und Industrie ist programmiert.

Mit einem neuen Dekret nimmt Trump die Pharmabranche ins Visier.
Foto: Mark Schiefelbein/AP/dpa

Mit Druck auf Pharmakonzerne und ausländische Regierungen will US-Präsident Donald Trump die hohen Arzneimittelpreise in den Vereinigten Staaten senken. Besonders im Visier: Europa. «Wir subventionieren die Gesundheitsversorgung anderer», sagte der Republikaner bei der Unterzeichnung eines entsprechenden Dekrets im Weißen Haus. Die Menschen in den USA hätten jahrelang viel zu viel gezahlt.

Es bleibt abzuwarten, ob Trumps Maßnahmen tatsächlich wirksam sind, insbesondere angesichts des zu erwartenden politischen und juristischen Widerstands. Der Republikaner hatte bereits während seiner ersten Amtszeit versucht, die hohen Preise anzugehen, war jedoch damals gescheitert.

Trump nennt Europa «unverschämter als China»

«Ich mache den Pharmakonzernen nicht die größten Vorwürfe», sagte Trump nun. Die Unternehmen seien oft gezwungen, sich unter Druck zu beugen. Besonders scharf griff er stattdessen europäische Staaten an. Amerikanische Patienten hätten «sozialistische Gesundheitssysteme» wie das in Deutschland mitfinanziert. Der Europäische Union warf Trump vor, sich in Preisverhandlungen «unverschämter als China» zu verhalten. Europa müsse künftig tiefer in die Tasche greifen: «Der Rest der Welt wird mehr zahlen müssen», sagte er. «Und Amerika wird viel weniger zahlen.»

Trump beruft sich in seinem Dekret auf das Prinzip der «Most Favored Nation», das er schon während seiner ersten Amtszeit einführen wollte: Die USA sollen für bestimmte Medikamente künftig nicht mehr zahlen als das Land, das den weltweit niedrigsten Preis verlangt – unabhängig von Marktgröße oder Wirtschaftskraft. «Dieses Spiel ist vorbei», sagte Trump mit Blick auf Länder, die seiner Ansicht nach bislang auf Kosten der USA von günstigen Konditionen profitiert hätten.

Pharmabranche unter Druck

Die Ankündigung des US-Präsidenten setzt die Pharmabranche unter Druck. Die Auswirkungen auf die globale Pharmaindustrie und deutsche Unternehmen wären weitreichend, analysiert die Beratungsgesellschaft Simon-Kucher. «Eine sinkende Ertragslage gefährdet die Mittel für Forschung, Produktion und Arbeitsplätze auch an deutschen Standorten», heißt es in einer Studie. 

Mit einem Rückgang des Umsatzes in den USA steigt auch der Druck für Unternehmen, höhere Preise in anderen Industrienationen wie Deutschland durchzusetzen. Zudem könnten Pharmaunternehmen den Markteintritt in Deutschland oder Europa verzögern oder sogar ganz unterlassen, um niedrige Preisreferenzen zu umgehen und somit den Preis in den USA zu schützen, so Simon-Kucher.

Trump aktiviert mehrere Behörden

Für die Umsetzung des Dekrets sollen verschiedene US-Behörden aktiv werden. Das Handelsministerium wird gegen Preispolitiken im Ausland vorgehen, die aus amerikanischer Sicht als unfair gelten – wie staatlich festgelegte Höchstpreise, die US-Unternehmen benachteiligen. Das Gesundheitsministerium wird – wo möglich – Direktverkäufe von Medikamenten an US-Verbraucher zu den weltweit niedrigsten Preisen ermöglichen. Die Arzneimittelbehörde FDA wird außerdem prüfen, ob Importe aus zusätzlichen Industrieländern künftig erlaubt werden können. Exportbeschränkungen stehen ebenfalls zur Diskussion, so das Weiße Haus.

Das Gesundheitsministerium soll innerhalb von 30 Tagen konkrete Ziele für Preissenkungen festlegen. Die Regierung plant, auf dieser Grundlage mit der Pharmaindustrie zu verhandeln. Sollte die Industrie nicht freiwillig auf die Regierung zugehen und die Preise senken, sind weitere Maßnahmen geplant.

Im Fokus sollen insbesondere Arzneimittel stehen, bei denen die Preisunterschiede zwischen dem US-Markt und dem Ausland besonders signifikant sind. Es wurden zunächst keine spezifischen Medikamente oder Produktgruppen genannt. Eine Beschränkung auf bestimmte Medikamentengruppen ist jedoch laut Regierungsinformationen nicht geplant.

Eine Lobby mit Einfluss – parteiübergreifend

Trump warf der Pharmabranche zu großen politischen Einfluss vor. Die Lobby sei «wahrscheinlich die mächtigste der Welt», sagte er und behauptete, die gegnerischen Demokraten hätten die Industrie über Jahre geschützt.

Die Branche zählt tatsächlich zu den einflussreichsten in Washington. Durch gezielte Spenden an Demokraten und Republikaner verschaffen sich Pharmaunternehmen Gehör in der Gesetzgebung. Reformversuche zur Senkung von Medikamentenpreisen stoßen deshalb wohl auch parteiübergreifend immer wieder auf Widerstand – oft unter Verweis auf potenzielle Auswirkungen auf Forschung und Innovation.

In den USA sind die Kosten für Medikamente ein kontroverses Thema. Im Gegensatz zu vielen anderen Industrieländern gibt es dort keine zentrale staatliche Preisregulierung. Die Preisfestlegung obliegt hauptsächlich den Pharmaunternehmen, was oft zu deutlich höheren Kosten im Vergleich zu Europa führt. In Deutschland hingegen gibt es verschiedene Formen staatlicher Kontrolle.

dpa