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Unicredit: Angebot für Commerzbank frühestens zu Jahresende

Der Chef der italienischen Unicredit buhlt um die Commerzbank, trifft aber auf großen Widerstand in Deutschland. Nun setzt er auf eine neue Bundesregierung – und signalisiert Kompromissbereitschaft.

Lässt bei der Commerzbank nicht locker: Unicredit-Chef Andrea Orcel
Foto: Roberto Monaldo/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Unicredit-Chef Andrea Orcel setzt bei der Übernahmeschlacht um die Commerzbank auf eine neue Bundesregierung. Gleichzeitig beruhigte er im Gespräch mit den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX Bedenken vor einem möglichen massiven Stellenabbau bei der Commerzbank.

«Eine Übernahme der Commerzbank würde fast zwei Jahre dauern. Im günstigsten Szenario sind es noch mindestens drei, vier Quartale, bis wir ein Angebot vorlegen können», sagte der Chef der italienischen Großbank Unicredit. Vor dem vierten Quartal dieses oder dem ersten Quartal des nächsten Jahres werde man kein Angebot vorlegen können. «Was bedeutet das? Es gibt uns die Zeit, Gespräche mit der neuen Regierung zu führen und uns darauf vorzubereiten.» Orcel hatte zuvor klargemacht, dass eine Übernahme ohne die Unterstützung der Bundesregierung schwer werde.

«Schlaflose Nächte» bei Stellenabbau

Zugleich wehrt sich Orcel gegen Prognosen des Betriebsrats, dass die Unicredit bei einer Übernahme Tausende Commerzbank-Jobs streichen würde. «Glauben Sie, dass sich irgendjemand darüber freut, wenn Sie ins Büro kommen und sagen, dass eine bestimmte Anzahl von Stellen abgebaut werden muss? Ich kann Ihnen garantieren, dass mir das schlaflose Nächte bereiten würde.» 

«Dies wäre eine Transaktion von zwei Banken, die sich sehr gut ergänzen», sagte Orcel. «Schauen Sie sich die Situation in Italien an. Wir haben keine Filialen geschlossen, sondern investiert. Anstatt Mitarbeiter abzubauen, haben wir sie umgeschult, weitergebildet und neue eingestellt.»

«Entscheidung über Hauptsitz wird in Deutschland getroffen»

Bei der Frage nach dem künftigen Sitz der Commerzbank-Zentrale im Fall einer Übernahme signalisierte Orcel Entgegenkommen. «Die Entscheidung, wo der künftige Hauptsitz sein wird, wird in Deutschland getroffen – natürlich nicht die Entscheidung über die Zentrale der gesamten Gruppe, die bleibt in Italien.» Letztlich werde man die Entscheidung treffen, «mit der sich die Menschen in Deutschland am wohlsten fühlen». 

Im September nutzte die Unicredit den Teilausstieg des Bundes, um bei der Commerzbank einzusteigen. Derzeit besitzt sie rund 28 Prozent der Anteile, davon 9,5 Prozent direkt über Aktien und 18,5 Prozent über Finanzinstrumente. Erst ab einem Anteil von 30 Prozent wäre die Unicredit verpflichtet, ein Übernahmeangebot abzugeben. Allerdings fehlt noch die Genehmigung der Bankenaufsicht. Das Vorgehen der Unicredit wird von der Commerzbank, den Arbeitnehmervertretern und der Bundesregierung abgelehnt.

Unicredit steigert Gewinn deutlich

Die Unicredit könnte sich eine Übernahme der Commerzbank leisten: Im Jahr 2024 steigerte die Mutter der Münchner Hypovereinsbank (HVB) den Gewinn unerwartet stark um etwa 8 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro. Die Italiener werden an der Börse mit etwa 73 Milliarden Euro bewertet, die Commerzbank hingegen kommt auf ungefähr 22 Milliarden Euro.

Orcel wirbt um Mittelstand

Orcel warb im Gespräch mit dpa und dpa-AFX erneut um die Vorteile einer Übernahme. Der deutsche Mittelstand brauche Beratung zu Nachhaltigkeits-Themen, Unterstützung bei der Handelsfinanzierung und bei Absicherungsgeschäften. «Das sind alles Themen, bei denen wir sehr gute Dienstleistungen anbieten.»

Zudem betonte Orcel abermals, dass ein Zusammenschluss im zersplitterten europäischen Bankenmarkt nötig sei. «Wenn wir als Europäer keinen Weg finden zusammenzukommen, wird sich das negativ auf uns auswirken. Denn die anderen Wirtschaftsblöcke wachsen. Ich weiß, wovon ich spreche – ich habe mit den USA und China zusammengearbeitet.»

dpa