Ein Anwalt war beim größten Steuerbetrug der Bundesrepublik eine treibende Kraft. Später packte er aus und bereute seine Taten. Wie hart soll er bestraft werden?
Urteil gegen Cum-Ex-Kronzeugen: Ankläger gehen in Revision

Nach dem relativ milden Urteil gegen einen federführenden Akteur des Cum-Ex-Steuerbetrugs lässt die Staatsanwaltschaft nicht locker. Man werde «vollumfänglich Revision einlegen», teilte die Kölner Staatsanwaltschaft mit. Damit wird das Urteil vorerst nicht rechtskräftig.
Am Dienstag wurde der 53-jährige Anwalt Kai-Uwe Steck vom Bonner Landgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt und zur Zahlung von 23,6 Millionen Euro verpflichtet. Bereits elf Millionen hat er beglichen. Laut Urteil war er zwischen 2007 und 2011 an Steuerbetrug beteiligt, der zu einem Schaden von 428 Millionen Euro führte.
Steck spielte bei Cum-Ex eine wichtige Rolle und war eine treibende Kraft. Im Jahr 2016 wechselte er sozusagen die Seiten und wurde zum Kronzeugen der Anklage. Seine ausführlichen Aussagen trugen maßgeblich zur Aufklärung und Bestrafung anderer Krimineller bei, wie das Gericht feststellte. Dies wurde strafmildernd im Urteil berücksichtigt. Sein Partner und Cum-Ex-Straftäter Hanno Berger wurde vom Bonner Landgericht im Jahr 2022 zu acht Jahren Haft verurteilt. Er verbüßt seine Strafe im Gefängnis.
Im Fall Steck hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten gefordert – die Ankläger wollten also auch Steck ins Gefängnis schicken. Die Verteidigung hatte eine Einstellung des Verfahrens gefordert. Nach dem Urteil hatte Stecks Verteidigung angedeutet, auf einen Gang in die nächste Instanz zu verzichten – sie war erleichtert, dass das Gericht nur eine Bewährungsstrafe verhängt hatte.
Die Staatsanwaltschaft sieht das anders, wie mit der nun bekanntgewordenen Revision deutlich wird. «Insbesondere die Höhe der verhängten Strafe weicht gravierend vom Antrag der Staatsanwaltschaft ab, so dass eine eingehende Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe notwendig ist», hieß es von der Kölner Strafverfolgungsbehörde.
Das System Cum-Ex
Bei Cum-Ex verschoben Finanzakteure Aktien mit («cum») und ohne («ex») Dividendenanspruch hin und her, um gar nicht gezahlte Steuern erstattet zu bekommen. Ein «pervertiertes System», wie es das Bonner Gericht nannte. Die Hochphase dieses Betrugs war von 2006 bis 2011. Schätzungen zufolge büßte der Fiskus einen zweistelligen Milliarden-Euro-Betrag ein.
Steck hatte früher mit dem Cum-Ex-Architekten Berger zusammengearbeitet. Während Berger bis zuletzt von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt war, zeigte sich Steck geläutert und reumütig.