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Urteil im Klimaschutzprozess gegen Shell erwartet

Vor gut drei Jahren verpflichtet ein Gericht in Den Haag den Energiekonzern Shell, seine CO2-Emissionen drastisch zu senken. Shell wehrt sich dagegen. Das Berufungsurteil kann große Folgen haben.

Wird das Klimaschutz-Urteil gegen Shell in zweiter Instanz bestätigt? (Archivbild)
Foto: Peter Dejong/AP/dpa

In Den Haag wird mit Spannung auf die Entscheidung der Berufungsrichter im spektakulären Klimaschutzprozess gegen den Energiekonzern Shell gewartet. Das Urteil könnte auch für andere Unternehmen weitreichende Konsequenzen haben. Worin besteht der Fall? Hier ist ein Überblick:

Was ist der Gegenstand des Verfahrens?

Im Jahr 2018 verklagte die niederländische Umweltschutzorganisation Milieudefensie Shell. Zu dieser Zeit war der Öl- und Erdgaskonzern noch teilweise ein niederländisches Unternehmen, jetzt ist er nur noch britisch. Die Kläger machen das Unternehmen für Klimaschäden durch den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 verantwortlich. Auch Shell muss sich an die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens halten.

Was war das Urteil der Richter in der ersten Instanz?

In erster Instanz gaben die Richter 2021 den Klägern recht. Shell muss danach seinen CO2-Ausstoß bis 2030 um netto 45 Prozent senken im Vergleich zu 2019 und «seinen Beitrag leisten im Kampf gegen gefährlichen Klimawandel». Und die Verpflichtung gilt nach dem Urteil nicht nur für die eigenen Unternehmen, sondern auch für Zulieferer und Endabnehmer. Noch nie zuvor war ein Konzern von einem Richter zu derart drastischen Klimaschutzmaßnahmen gezwungen worden. 

Welche Gründe haben die Befürworter des Klimaschutzes?

«Shell ist einer der größten Klimaverschmutzer», sagt der Direktor von Milieudefensie, Donald Pols. Nur China, die USA, Russland und Indien würden mehr CO2 ausstoßen. Der Klimawandel aber bringe Menschenleben in Gefahr und damit auch Menschenrechte. Die Kläger stehen auf dem Standpunkt, dass die Verpflichtungen, die die Staaten im Pariser Klimaabkommen eingegangen sind, auch für Unternehmen gelten. «Die Straflosigkeit der großen multinationalen Unternehmen muss enden», sagt Pols. 

Was ist die Meinung von Shell?

Der britische Energiekonzern glaubt, dass Unternehmen im Pariser Klimaabkommen nicht dazu verpflichtet sind, Schadstoffe zu reduzieren. Es sollte nicht den Gerichten obliegen, sondern den Regierungen, dies anzuordnen. Außerdem kann ein Unternehmen nicht rechtlich für den CO2-Ausstoß seiner Kunden haftbar gemacht werden. Letztendlich entscheiden Verbraucher selbst, welche Energie sie nutzen und in welchem Umfang.

Shell glaubt auch nicht daran, dass eine Verurteilung des Unternehmens dem Klima helfen würde. Falls Shell aufhören würde, Öl oder Gas zu liefern, würde ein anderes Energieunternehmen einspringen oder Autofahrer an anderen Tankstellen tanken.

Welche Konsequenzen erwartet Shell im Falle einer Verurteilung?

Shell könnte wirtschaftliche Auswirkungen haben, wenn weniger Öl und Gas produziert oder Tankstellen geschlossen werden müssten. Shell warnt vor negativen Auswirkungen auch auf andere Unternehmen. Die Fluggesellschaft KLM sei beispielsweise auf Kerosin angewiesen. “Flugzeuge müssten am Boden bleiben”, sagt Shell.

Welche Auswirkungen erhoffen sich die Umweltschützer?

Die Kläger hoffen, dass sich andere Verfahren positiv beeinflussen lassen. Es gibt bereits ähnliche Klagen von Umweltschützern weltweit. In den Niederlanden hat beispielsweise Milieudefensie ein Verfahren gegen die Großbank ING eingeleitet. Die Organisation hofft auch, dass ein Urteil klärt, welche Anforderungen Unternehmen beim Klimaschutz erfüllen müssen.

Wie wird es nach dem Urteil weitergehen?

Wenn Shell verliert, wäre das ein bedeutender Erfolg für die Klimaschutzbewegung und könnte Unternehmen dazu ermutigen, die Energiewende ernsthaft voranzutreiben. Im Falle eines Sieges von Shell wäre dies eine große Niederlage für die Klimaschützer und könnte von Unternehmen als Bestätigung gesehen werden, dass fossile Brennstoffe weiterhin notwendig sind. Beide Seiten würden im Falle einer Niederlage in Berufung gehen, bis zur höchsten Instanz in den Niederlanden. Es ist ziemlich sicher, dass dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.

dpa