Kommen bald doch Elektroauto-Batterien aus Schleswig-Holstein? Ein Unternehmen aus dem Silicon Valley greift nach Northvolt. Das macht Hoffnung für die geplante Batteriefabrik in Norddeutschland.
Lyten will Northvolt übernehmen – Hoffnung für Heide

Das US-Unternehmen Lyten plant, sämtliche verbleibenden Standorte des insolventen schwedischen Batterieherstellers Northvolt zu übernehmen. Dazu gehört auch die derzeit im Bau befindliche Fabrik in Heide, Schleswig-Holstein. Dies gab der Batterietechnik-Spezialist mit Sitz in San Jose, Kalifornien, am Donnerstag bekannt, ohne Details zum finanziellen Rahmen der Vereinbarung zu nennen.
Lyten hatte bereits im November 2024 ein großes Northvolt-Werk in Kalifornien gesichert. Vor etwa einem Monat hatte das Unternehmen aus dem Silicon Valley auch angekündigt, das große Werk der Schweden in Danzig, Polen, zu übernehmen.
Man hat nun eine verbindliche Vereinbarung zum Erwerb der Northvolt-Stammfabrik samt Expansionswerk in Skellefteå, des Entwicklungszentrums Northvolt Labs in Västerås, der geplanten Fabrik Northvolt Drei bei Heide sowie sämtlichen geistigen Eigentums abgeschlossen, wie Lyten mitteilte. Diese Vermögenswerte wurden zuvor auf insgesamt fünf Milliarden Dollar (4,3 Mrd. Euro) geschätzt. Der Betrieb an den beiden schwedischen Standorten wird nach Abschluss der Transaktion wieder aufgenommen.
Hoffnung für Fabrik in Schleswig-Holstein
Es könnte noch Monate dauern: Lyten plant, die Übernahmen im vierten Quartal abzuschließen, nachdem alle notwendigen behördlichen Genehmigungsverfahren in Schweden, Deutschland und der EU abgeschlossen wurden.
Man arbeitet mit Northvolt und der Bundesregierung zusammen, um an dem Programm festzuhalten, eine Batterieproduktionsanlage mit einer Anfangskapazität von 15 Gigawattstunden in der Fabrik bei Heide zu errichten. Dabei geht es sicher auch um einst Northvolt zugesicherte Fördermittel.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) nannte den Vorvertrag eine erfreuliche Nachricht. «Bis zum endgültigen Abschluss, dem Closing, müssen allerdings noch einige Hürden genommen, insbesondere Einzelheiten und Vollzugsbedingungen in Schweden und Deutschland geklärt werden.» Das werde voraussichtlich einige Wochen bis Monate dauern.
Insolvenz statt Expansion
Northvolt wurde lange Zeit als vielversprechender Hersteller von Batterien für Elektroautos in der europäischen Automobilbranche angesehen. Die Schweden haben expandiert, aber mussten sich immer wieder mit Rückschlägen wie dem Rückzug eines Milliardenauftrags für Batteriezellen von BMW auseinandersetzen und mit wachsenden Schulden kämpfen.
Vor etwa einem Jahr hat das Unternehmen in Schweden die erste Maßnahme ergriffen, indem es die Entlassung von etwa 1.600 Mitarbeitern in Schweden angekündigt und gleichzeitig verschiedene Expansionspläne auf Eis gelegt hat. Im November stellte das Unternehmen einen Antrag auf Gläubigerschutz in den USA und hoffte auf ein erfolgreiches Restrukturierungsverfahren.
Auch dies änderte nichts: Aufgrund andauernder Finanzierungsprobleme stellte Northvolt Mitte März einen Insolvenzantrag für den Betrieb in Schweden. Es blieb unklar, wie es mit der geplanten Gigafabrik bei Heide weitergehen sollte. Northvolt Germany, als eigenständige Gesellschaft, war indirekt von dem Verfahren des insolventen Mutterkonzerns betroffen.
Was passiert mit deutschem Steuergeld?
Im März 2024 begann der Bau in Schleswig-Holstein, was in der strukturschwachen Region große Hoffnungen weckte. Beim symbolischen Baustart für das 4,5-Milliarden-Euro-Projekt waren auch der damalige Kanzler Olaf Scholz (SPD) und der damalige Vize-Kanzler Robert Habeck (Grüne) anwesend. Geplant war zu dieser Zeit der Bau von Batteriezellen für bis zu einer Million Elektroautos pro Jahr.
Bei der staatlichen Förderung besteht die Gefahr eines Millionenverlusts für den Steuerzahler. Northvolt erhielt von der staatlichen Förderbank KfW für den geplanten Fabrikbau bei Heide rund 600 Millionen Euro über eine Wandelanleihe. Die Wandelanleihe wurde jeweils zur Hälfte vom Bund und vom Land garantiert. Zusätzlich wurden 20 Millionen Euro für Zinsen und Verfahrenskosten gezahlt. Es wird berichtet, dass ein Teil des Geldes noch vorhanden ist.
Die EU-Kommission hat Anfang 2024 auch direkte Fördermittel in Höhe von etwa 700 Millionen Euro genehmigt (137 Millionen Euro vom Land, 564 vom Bund). Bislang wurde dieses Geld jedoch noch nicht ausgezahlt.
Habecks Nachfolgerin Katherina Reiche (CDU) kritisierte Entscheidungen ihres Vorgängers über eine staatliche Förderung von Northvolt. Ende Juni erklärte sie bei einer Regierungsbefragung im Bundestag, die Investitionsentscheidung sei mit guter Absicht getroffen worden – habe sich aber als «fehlerhaft» erwiesen.
Förderung auf Grundlage eines Gutachtens
Der Bund und Schleswig-Holstein entschieden sich auf Grundlage eines Gutachtens des Beratungsunternehmens PwC für die Förderung. Aus dem Dokument geht hervor, dass die Prüfer eine Rückzahlung der Wandelanleihe inklusive Zinsen für «plausibel» hielten. Das Absatzpotenzial für die von Northvolt produzierten Batteriezellen schätzten sie zudem als hoch ein. Allerdings zeigte das Gutachten auch, dass Northvolt auf externe Kapitalgeber angewiesen war, um die Ausgaben zu decken.
«Laut dem Gutachten, das die Bundesregierung in Auftrag gegeben hatte, lag die Ausfallwahrscheinlichkeit bei unter 1 Prozent und die Rückzahlungswahrscheinlichkeit bei 86 Prozent. Auf dieser belastbaren Grundlage haben wir die Entscheidung getroffen», sagte Günther im Juli dpa. Seine Landesregierung musste auf Verlangen der Opposition umfangreiche Akten im Zusammenhang mit der Investitionsentscheidung freigeben.