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Verkehr durch die Röhre: Startschuss für den Hyperloop

Während in den USA der erste Hyperloop gestoppt wurde, steht in den Niederlanden die erste lange europäische Teststrecke. Hat das superschnelle Transportsystem eine Zukunft oder bleibt es Utopie?

Hyperloop: Die Idee ist schon über einhundert Jahre alt, aber eigentlich kennt man dieses Transportsystem vor allem aus Science-Fiction-Filmen.
Foto: Peter Kneffel/dpa

Die dicken weißen Stahlrohre liegen schnurgerade neben den Eisenbahnschienen, ähnlich überdimensionalen Strohhalmen. Auf dem Feld in Veendam bei Groningen im Norden der Niederlande gibt es nicht viel mehr zu sehen. Dennoch könnte hier, nahe der deutschen Grenze, Geschichte geschrieben werden.

Denn diese Rohre sind die erste europäische Teststrecke für den Hyperloop – ein fast utopisches Transportsystem, mit dem Menschen in einem irrsinnigen Tempo in Kapseln von A nach B gebracht werden sollen. 420 Meter lang ist die Strecke, am Ende des Monats sollen die ersten Kapseln auch tatsächlich durch die Rohre gleiten. Zunächst nur mit 80 bis 100 Kilometern pro Stunde, und vorerst werden auch keine Menschen transportiert.

«Es ist ein entscheidender Moment», sagt Sascha Lamme, Direktor des European Hyperloop Centers der dpa. Denn dort werden Technologien getestet, Weichen, Sicherheitssysteme. Das Zentrum ist Kernstück eines Europäischen Entwicklungsprogramms, finanziert von 25 kommerziellen und öffentlichen Partnern, auch die EU gab Geld. 

Die Idee existiert bereits seit über einhundert Jahren, jedoch ist dieses Transportsystem hauptsächlich aus Science-Fiction-Filmen bekannt. Es handelt sich um eine Art Rohrpost, jedoch für Menschen. Die Kapseln, auch Pods genannt, werden durch Luftentzug in den Rohren in einem Vakuum mit einer Geschwindigkeit von über 1000 Kilometern pro Stunde magnetisch von A nach B angetrieben.

Es handelt sich um ein System, das alle Versprechungen macht, von denen Politiker und Stadtplaner träumen: kostengünstig, energieeffizient, sauber, leise und auch noch komfortabel. Die Pods sollen mit bequemen Sesseln ausgestattet sein, umgeben von sanfter Musik, und es wird auch WLAN geben.

Eine perfekte Alternative für Zug- und Flugverkehr?

Eine ideale Alternative zum Zug- und Flugverkehr – das dachte sich auch Elon Musk, der im Jahr 2012 einen Hyperloop-Wettbewerb für Studenten ins Leben rief. Die Gewinner waren einige Studenten der TU Delft. Musk entschied sich letztendlich jedoch nicht in die Technologie zu investieren, aber die jungen Niederländer ließen nicht locker. Sie gründeten das Start-up Hardt Hyperloop und errichteten gemeinsam mit ihren Partnern die Teststrecke.

Jedoch ist es doch nicht so einfach mit der schönen neuen Welt der Hochgeschwindigkeit. Erst im Dezember kam das bisher bekannteste Projekt, die Hyperloop One in den USA, nach zehn Jahren knirschend zum Stillstand. Zu teuer, zu kompliziert und zu groß.

Davon aber lassen sich die jungen Niederländer nicht beirren. «Die Amerikaner wollten zu schnell zu viel Geld verdienen», sagt Lamme. Und sie hätten nicht mit anderen zusammen gearbeitet. «Wir aber können uns Zeit lassen und haben auch mehrere Partner.»

Allerdings gibt es in Europa schon ein Transport-Netzwerk mit Hochgeschwindigkeitszügen. Wer will schon in ein komplett neues Netzwerk investieren? Dieses Problem ist auch Lamme bewusst: «Die Hochgeschwindigkeitszüge sind nicht wettbewerbsfähig», sagt er. «Sie sind noch immer langsamer und teurer als Flugzeuge.»

In einer Stunde von Berlin nach Rom

Tatsächlich könnte der Trip durch die Röhre viel schneller sein – theoretisch. Von Berlin nach Rom in einer Stunde, kein Problem. Und auch rechts abbiegen nach Paris ist möglich. Denn die Niederländer statteten die Teststrecke mit Weichen aus. «Das ist ein Schlüsselstück», sagt Lamme. «Denn das ganze System ist davon abhängig, dass man ein enges Netzwerk bauen kann.» Erst dann lohne es sich. 

Zudem muss es gebaut werden. Und ein echter Hingucker sind die Rohre auch nicht gerade in der Landschaft. «Ach, notfalls kann man die ja grün anmalen», argumentiert der Direktor. Außerdem könne man die Rohre auch gleich neben der Autobahn bauen oder sogar unterirdisch. 

Das Positive ist, dass der Stahl bei Kälte schrumpft und sich bei Hitze ausdehnt. Probleme ergeben sich bei Anschlüssen und Bahnhöfen. Es stellt sich die Frage, wie die Rohre luftdicht gehalten werden können – sonst gibt es kein Vakuum mehr. Auch die Sicherheit ist ein Thema. Wie schnell können im Notfall Rettungsdienste in der Röhre sein?

Die Ingenieure sind zuversichtlich, dass sie diese Probleme lösen können. Doch etwas haben sie nicht in der Hand: Wenn es um Verkehrssysteme geht, kocht jeder in Europa gerne sein eigenes Süppchen. Und so sind Schienen und Lokomotiven in Europa auch anno 2024 nicht miteinander kompatibel.

«Es muss also einen europäischen Standard geben für den Hyperloop», sagt Lamme. Die ersten Schritte seien gesetzt, sagt er. Der Hyperloop wurde aufgenommen in die nachhaltige Transportstrategie der EU. 2030, so schätzen die Macher, wird es die erste echte Strecke auch für Menschen geben.

dpa