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Vogelgrippe breitet sich aus – Geflügelhalter fordern Schutz

Mehr als 200.000 Geflügel mussten schon getötet werden – und der Höhepunkt des Vogelzugs steht laut FLI noch bevor. Was bedeutet das für Freilandbetriebe?

Wenn in einem Geflügelbetrieb die Vogelgrippe nachgewiesen wurde, müssen alle Tiere vorsorglich getötet und vernichtet werden. Die Tierseuchenkasse leistet Entschädigungszahlungen. (Illustration)
Foto: Michael Bahlo/dpa

Mit der raschen Verbreitung der Vogelgrippe und der zunehmenden Besorgnis über wirtschaftliche Schäden fordern Geflügelhalter einen verstärkten Schutz der Bestände. „Es muss oberste Priorität haben, die Ausbreitung des Virus zu verhindern, Tiere zu schützen und Schäden abzuwenden“, sagte Georg Heitlinger vom baden-württembergischen Landesverband der Geflügelwirtschaft.

Er bat um eine landesweite Anordnung zur Aufstallung. Geflügel aus Freilandhaltung sollte gemäß einer solchen behördlichen Anordnung in geschlossenen Ställen gehalten werden.

Obwohl die Tierseuche in Deutschland das ganze Jahr über verbreitet ist, gewinnt das Infektionsgeschehen mit dem Vogelzug im Herbst an Fahrt. Laut dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat die Ausbreitung der Vogelgrippe unter Kranichen in Deutschland mittlerweile ein bisher unbekanntes Ausmaß erreicht.

Institut geht von mehr als 200.000 toten Tieren aus

Das FLI hat die Risikoeinschätzung auf hoch angehoben. Es schätzt, dass in diesem Herbst bislang mehr als 200.000 Hühner, Gänse, Enten und Puten nach Geflügelpestausbrüchen in den jeweiligen Haltungen getötet und entsorgt wurden, um die Ausbreitung der Seuche einzudämmen.

Das Institut schließt nicht aus, dass das Infektionsgeschehen ähnliche Ausmaße annimmt wie vor vier Jahren. Bei einem der bislang schwersten Seuchenzüge in Deutschland mussten im Winter 2020/21 nach Angaben der Fachpresse bundesweit mehr als zwei Millionen Tiere gekeult werden.

Regelmäßig neue Meldungen über Vogelgrippe-Ausbrüche

Laut einer Sprecherin des FLI wurden im laufenden Jahr bundesweit Infektionsfälle in bisher 50 Nutzgeflügelhaltungen registriert, davon allein 26 im Oktober. Die Anzahl der vorsorglich getöteten Tiere lag zwischen 5.000 und 93.000. Es gingen regelmäßig neue Meldungen ein. Dies werde vermutlich noch eine Weile so weitergehen, da der Höhepunkt des Vogelzugs noch bevorstehe, sagte sie.

Erkrankte Wildvögel, die auf dem Weg in die Winterquartiere im Süden Rast machen, werden als Überträger der Geflügelpest angesehen. Die Tierseuche endet oft tödlich für infizierte Tiere. In diesem Jahr sind Kraniche besonders stark betroffen, aber auch bei anderen Arten wie Wildgänsen und -enten wurde das hochansteckende Virus vom Typ H5N1 bestätigt, so die Angaben.

Agrarministerium für höhere Entschädigungszahlungen

Nach einem Ausbruch von Geflügelpest wird den Besitzern von getöteten Tieren eine Entschädigung gewährt, die je nach Tierart gestaffelt ist und gesetzlich auf maximal 50 Euro begrenzt ist.

Im Handel erzielen Enten oder Puten oft deutlich höhere Preise. Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat daher bei der EU beantragt, die Obergrenze von Entschädigungszahlungen für Tiere, die getötet werden müssen, von 50 auf bis zu 110 Euro hochzusetzen. In der Regel ist der Marktwert Grundlage für Entschädigungszahlungen aus der Tierseuchenkasse.

Die Regelungen für Kompensationsleistungen variieren je nach Bundesland. Möglicherweise werden auch Kosten für zusätzliche Hygienemaßnahmen erstattet. Allerdings gibt es keine Entschädigung für Folgeschäden wie beispielsweise Strafen für nicht erfüllte Lieferverträge.

Grüne: «Anfälligkeit der Massentierhaltung» offengelegt 

Eine Seuche wie die Vogelgrippe legt aus Sicht der Grünen im Bundestag die Anfälligkeit der Massentierhaltung offen. «Dass die Ausbreitung der Vogelgrippe für viele Geflügel-Betriebe eine so große wirtschaftliche Gefahr bedeutet, weist auf ein grundsätzliches, strukturelles Problem hin: zu große Ställe mit zu hoher Besatzdichte», sagte Zoe Mayer, Sprecherin für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat und Tierschutzbeauftragte.

Derzeit könnten mehrere zehntausend Tiere zusammen auf engstem Raum gehalten werden. Im Fall einer Tierseuche werde dann die Tötung einer enorm großen Anzahl von Tieren notwendig. «Dieses Problem löst man nicht mit höheren Entschädigungssätzen auf Kosten der Steuerzahler», sagte Mayer.

«Stattdessen sollte die Politik Rahmenbedingungen schaffen, damit weniger Tiere besser gehalten werden können.» Davon unabhängig unterstützten die Grünen in der jetzigen Situation ein koordiniertes und zielgerichtetes Vorgehen von Bund und Ländern, um die Verbreitung der Vogelgrippe einzudämmen.

Kranichsterben in Ostprignitz dauert an

Das Kranichsterben im Nordwesten des Landes Brandenburg infolge des Vogelgrippevirus geht unvermindert weiter. Es werde davon ausgegangen, dass inzwischen etwa 1.200 Tiere verendet seien, sagte der Landrat des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, Rald Reinhardt (SPD), im RBB-Inforadio. «Es ist bedrückend. Die Ehrenamtler, wenn man mit ihnen spricht, sind tatsächlich aufgewühlt.» Das Aufsammeln der Kadaver führe nicht nur zu körperlicher Erschöpfung, sondern sei auch eine psychische Belastung.

dpa