Die Preise an deutschen Tankstellen steigen und fallen jeden Tag vielfach. Baden-Württemberg will das ändern. Wie sind die Erfahrungen aus Österreich und warum lehnt der ADAC den Vorstoß ab?
Vorbild Österreich? Worum es beim Spritpreis-Vorschlag geht
An einer gewöhnlichen deutschen Tankstelle ändert sich der Benzinpreis mehr als 20 Mal pro Tag. Baden-Württemberg strebt eine Änderung an und verweist auf die österreichische Regelung, die nur eine Preiserhöhung pro Tag zulässt. Ein entsprechender Vorschlag wird nun dem Bundesrat vorgelegt. Doch wie begründet das Land diese Initiative, welche Erfahrungen wurden in Österreich gesammelt und was befürchtet der ADAC? Ein Überblick.
Was genau ist der Vorschlag?
Im Antrag wird von der Bundesregierung gefordert, geeignete Maßnahmen zu prüfen, um die Benzinpreise für Verbraucherinnen und Verbraucher wieder transparenter zu gestalten. Konkret wird dabei das österreichische Modell als Beispiel genannt. Im Nachbarland dürfen die Betreiber von Tankstellen nur einmal täglich um 12.00 Uhr die Preise erhöhen. Preissenkungen sind jederzeit erlaubt.
Wie wird er begründet?
«Es besteht die Gefahr, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher systematisch hinters Licht geführt werden», begründet der baden-württembergische Verbraucherschutzminister Peter Hauk (CDU) den Vorstoß. Zum Teil gälten die Preise «nur noch für wenige Minuten». Das mache es für Verbraucherinnen und Verbraucher fast unmöglich, gezielt günstig zu tanken. Die häufigen Preisänderungen konterkarierten die Arbeit der Markttransparenzstelle für Kraftstoffe, die 2013 eingerichtet wurde, um mehr Überblick über die Preise zu schaffen. Diese Transparenz laufe nun vermehrt ins Leere – zulasten der Verbraucher.
Wie schwanken die Spritpreise in Deutschland?
Im ersten Halbjahr änderten sich die Preise an deutschen Tankstellen laut Bundeskartellamt im Durchschnitt 22 Mal pro Tag. Seit Jahren folgt der Verlauf dem groben Muster, dass es von einer hohen Spitze im morgendlichen Berufsverkehr in einer wellenförmigen Bewegung nach unten geht. Am günstigsten ist Sprit in der Regel am Abend. Im Mai ermittelte der ADAC einen durchschnittlichen Preisunterschied von rund 13 Cent zwischen Tageshoch und Tagestief.
Wie sind die Erfahrungen in Österreich?
Die Regelung habe sich als zweckmäßig und zufriedenstellend erwiesen, heißt es aus dem österreichischen Wirtschaftsministerium. Sie schaffe Vertrauen beim Verbraucher, der jetzt genau wisse, «dass die Preise am Abend oder am Vormittag billiger sind als kurz nach Mittag». Das reduziere den Anreiz für Tankstellenbetreiber für dauernde Änderungen in beide Richtungen.
Die Regelung besteht in Österreich seit 2011. Ursprünglich war der Zeitpunkt für die einmalige Preiserhöhung auf den Betriebsbeginn festgelegt worden. Das benachteiligte jedoch laut Ministerium Tankstellen, die entlang von Pendlerstrecken stadteinwärts lagen und somit zum Zeitpunkt der hohen Preise den meisten Verkehr hatten. Um dies zu korrigieren, wurde der Zeitpunkt für Erhöhungen auf 12.00 Uhr geändert.
Warum lehnt der ADAC den Vorschlag ab?
Beim Verkehrsclub befürchtet man, dass eine solche Regulierung Sprit im Schnitt teurer machen würde. «Wenn die Konzerne nur einmal am Tag die Preise anheben dürfen, besteht die Gefahr, dass die Erhöhung von vorneherein stärker ausfällt als in einem flexiblen Modell wie bei uns», sagt der Kraftstoffmarktexperte des ADAC, Christian Laberer. «Das kann durchaus dazu führen, dass die Tagesdurchschnittspreise durch eine solche Regulierung steigen. Das wäre aus Verbrauchersicht kontraproduktiv.»
Wer hingegen im deutschen System die Faustregel befolgt, abends anstatt morgens zu tanken, wird wahrscheinlich günstiger davonkommen als bei einem Modell wie in Österreich, sagt Laberer, der auch den Zeitpunkt für die einmalige Preiserhöhung im Nachbarland ungünstig findet. Wenn die Preise kurz vor Mittag am niedrigsten sind, wird es für Arbeitnehmer schwierig zu tanken, argumentiert er.
Was sagt das Bundeskartellamt?
Die Behörde hat sich Anfang des Jahres in ihrer Sektoruntersuchung zum deutschen Kraftstoffmarkt auch zur Regelung in Österreich geäußert – allerdings ohne klare Tendenz. Es gibt eine Studie, die besagt, dass das dortige Modell zu Preissenkungen geführt haben könnte. Andere kritischere Betrachtungen teilen jedoch die Bedenken des ADAC, dass die Preise zu Beginn zu hoch angesetzt werden könnten.
Ist Tanken in Österreich teurer oder billiger als in Deutschland?
Sprit ist in Österreich deutlich billiger. Nach Daten der EU-Kommission waren es – Stand Montag – bei Superbenzin 21,7 Cent pro Liter, bei Diesel 7,5 Cent. Das habe mit der Beschränkung auf eine Erhöhung am Tag aber nichts zu tun, betont ADAC-Experte Laberer: «Das liegt an den dort niedrigeren Steuern auf Kraftstoffe.»
Wie geht es weiter?
Am Freitag wird keine Entscheidung im Bundesrat erwartet. Das Thema wird zunächst in die Ausschüsse verwiesen. Bereits im Jahr 2012 hatte der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert, eine Preisbremse nach österreichischem Vorbild zu prüfen – damals lag die Anzahl der täglichen Preisänderungen jedoch noch bei vier bis fünf.