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Schließungen bei Volkswagen drohen

Mindestens drei Standorte auf dem Prüfstand – keine Sicherheit für die Werke! Einsparungen bis zu 600 Millionen Euro pro Jahr möglich.

Das VW-Werk in Osnabrück gilt als besonders gefährdet. (Archivbild)
Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Bei Volkswagen könnte es erstmals in Deutschland zu Werksschließungen kommen. Mindestens drei Standorte stehen laut Betriebsratschefin Daniela Cavallo auf dem Prüfstand. Konkret durchgerechnet hat VW das laut «Handelsblatt» für Emden, Osnabrück und Dresden. Entschieden sei aber noch nichts. Der Konzern selbst machte bisher keine Angaben dazu. Cavallo zufolge könnte es jedes Werk treffen: «Keines ist sicher!»

Doch wie ist die bisherige Aufstellung der zehn Standorte in Deutschland? Ein Überblick:

Emden

50 Jahre lang war das VW-Werk in Emden vor allem mit einem Modell verbunden: dem Passat, der ab 1974 vom Band lief. Zehn Jahre zuvor hatte VW den Standort eröffnet – vor allem wegen des Zugangs zum Hafen. Inzwischen wurde das Werk mit heute 8.600 Mitarbeitern zum reinen Elektro-Standort umgebaut. Mehr als eine Milliarde Euro hat VW seit 2020 investiert. Statt Passat werden jetzt ID.4 und ID.7 gebaut. Wegen der schwachen Nachfrage nach E-Autos standen zeitweise die Bänder still. Die mögliche Einsparung bei einer Schließung beziffert VW laut «Handelsblatt» auf 600 Millionen Euro pro Jahr.

Osnabrück

Der einstige Karmann-Standort kam 2009 nach der Insolvenz des bisherigen Cabrio-Auftragsfertigers zu Volkswagen. Jetzt steht das Werk mit rund 2.300 Mitarbeitern erneut vor einer unsicheren Zukunft. Neben dem T-Roc Cabrio werden derzeit vor allem Fahrzeuge für die Konzernschwester Porsche gefertigt: Boxster und Cayman. Doch Anfang Oktober sagte Porsche den erhofften Folgeauftrag für E-Sportwagen ab. Wenn T-Roc Cabrio und die beiden Porsche-Verbrenner Anfang 2026 auslaufen, stehe das Werk ohne Folgemodell da, warnt die IG Metall. Bei einer Schließung rechnet VW dem «Handelsblatt» zufolge mit Einsparungen von 130 Millionen Euro.

Dresden

Es ist der jüngste und zugleich kleinste VW-Standort: die «Gläserne Manufaktur» in Dresden. Gegründet 2001 für das Oberklassemodell Phaeton war es ein Prestigeprojekt des damaligen Vorstandschefs Ferdinand Piëch. Doch 2016 zog VW angesichts sinkender Verkaufszahlen die Reißleine. Seither ringt die Manufaktur mit ihren 340 Mitarbeitern um eine neue Bestimmung. Seit Anfang 2021 wird der ID.3 montiert – in geringen Stückzahlen. VW denkt inzwischen offen über ein Ende der Fahrzeugfertigung in Dresden nach. Mögliche Einsparung, mit der VW laut «Handelsblatt» rechnet: 60 Millionen Euro pro Jahr.

Wolfsburg

Das VW-Stammwerk am Mittellandkanal gilt als größte zusammenhängende Autofabrik der Welt. Auf 6,5 Quadratkilometern erstrecken sich die Anlagen, rund 62.000 Mitarbeiter arbeiten am Stammsitz für VW. Gegründet wurde das Werk und die Stadt Wolfsburg 1938 für die Produktion des «KdF-Wagen», aus dem später der VW Käfer wurde. Heute werden hier Golf, Tiguan und Touran gebaut. Mit zuletzt rund 500.000 Fahrzeugen Jahresproduktion ist der Standort aber nur zur Hälfte ausgelastet. Den Bau eines weiteren Werks für E-Autos in Wolfsburg hatte VW 2023 wieder abgeblasen.

Hannover

Hannover war 1956 das zweite deutsche Werk des Konzerns. Sechs Jahre zuvor war in Wolfsburg der erste VW Transporter vom Band gelaufen. Jetzt bekam der «Bulli» seinen eigenen Standort. Der Transporter blieb bis zum Auslaufen der sechsten Generation Mitte 2024 das wichtigste Modell in Hannover. Heute entstehen hier der Multivan und der 2022 gestartete vollelektrische ID. Buzz. Der Standort hat rund 14.700 Mitarbeiter. Bereits seit 2020 wird Personal abgebaut – ohne Entlassungen, indem frei werdende Stellen nicht besetzt werden. 3.000 Arbeitsplätze fielen seither weg, weitere 2000 sollen bis 2029 folgen.

Zwickau

Vor 120 Jahren legte August Horch hier den Grundstein für die Marke Audi, während in Zwickau zu DDR-Zeiten der Kleinwagen Trabant gebaut wurde. Nach der Wiedervereinigung errichtete VW am Stadtrand eine neue Fabrik. Heute gilt sie mit circa 9.500 Mitarbeitern als Vorreiter in Sachen E-Mobilität im Konzern. Um dies zu erreichen, wurde die Autofabrik bis 2020 für etwa 1,2 Milliarden Euro vollständig auf Elektro umgestellt, als erste im Konzern. Wie Emden leidet auch Zwickau nun unter der geringen Nachfrage nach E-Autos. Es gab bereits Schichtstreichungen und die Verträge befristet Beschäftigter wurden nicht verlängert.

Kassel (Baunatal)

Das Volkswagenwerk Kassel befindet sich nicht in Kassel, sondern im nahegelegenen Baunatal. Der Standort wurde 1958 gegründet und ist heute das größte Komponentenwerk des Konzerns weltweit. Mit 16.800 Mitarbeitern ist es der größte deutsche VW-Standort nach Wolfsburg. Es werden Getriebe und Abgasanlagen für Verbrennungsmotoren sowie die E-Motoren für Elektrofahrzeuge hergestellt. In einer eigenen Gießerei werden außerdem Teile für Karosserie und Fahrgestell produziert. Zum Werk gehört auch das größte Ersatzteillager Europas, das Originalteile der Marken VW, Audi, Škoda und Seat weltweit vertreibt.

Braunschweig

Das heutige Komponentenwerk in Braunschweig wird als älteste VW-Fabrik überhaupt angesehen. Vor dem Stammwerk in Wolfsburg begann hier bereits 1938 die Herstellung von Werkzeugen für die zukünftige Autoproduktion. Heute werden an diesem Standort mit etwa 7.200 Mitarbeitern unter anderem Achsen, Bremsscheiben und Lenkungen produziert. Die Produktion ist auf drei Standorte in der Stadt verteilt. Darüber hinaus spielt Braunschweig eine wichtige Rolle in der E-Mobilität: Seit 2013 werden hier ausgelieferte Zellen zu Batteriesystemen verarbeitet, die dann in den E-Autos eingebaut werden.

Salzgitter

Die derzeit größte Baustelle des Konzerns befindet sich in Salzgitter: Direkt neben dem bestehenden Motorenwerk entsteht dort die erste eigene Batteriezellfabrik des Konzerns. 2025 soll die Produktion anlaufen, Salzgitter dann «vom Leitwerk Motor zum Leitwerk Zelle» werden, wie VW ankündigte. Für den Standort mit heute 6.350 Mitarbeitern ist es bereits die zweite große Transformation. Gegründet wurde das Werk 1970 für die Fertigung eines neuen VW-Modells, das sich dann aber nur mäßig verkaufte. Fünf Jahre später machte VW daraus ein Motorenwerk. 2023 wurden mehr als 800.000 Benzin- und Dieselmotoren hergestellt.

Chemnitz

Das Engagement von Volkswagen in Chemnitz begann bereits vor der Wiedervereinigung. Seit 1988 wurden hier unter Lizenz VW-Viertaktmotoren für die DDR-Modelle Trabant, Wartburg und Barkas hergestellt. Dies wurde vom damaligen VW-Konzernchef Carl Hahn, einem gebürtigen Chemnitzer, initiiert. Nach der deutschen Einheit übernahm Volkswagen dann das Motorenwerk. Im Gegensatz zu Zwickau ist der Standort noch vollständig auf Verbrennungsmotoren ausgerichtet. Im vergangenen Jahr produzierten die 1.800 Mitarbeiter 690.000 Motoren – ausschließlich für Benziner.

dpa