Die verhängten Zölle könnten die deutsche Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent senken und die Industrie härter treffen, besonders die Automobilbranche.
Handelskrieg: Trumps Zölle treffen Deutschland indirekt

Die Zölle gegen Mexiko und Kanada, die Donald Trump zunächst ausgesetzt hatte, treten nun in Kraft. Welche Auswirkungen hat das für die betroffenen Länder und Deutschland, und was könnte als nächstes passieren?
Welche Zölle sind verhängt worden?
Seit Dienstag gibt es für Exporte aus Kanada und Mexiko in die USA Strafabgaben von 25 Prozent. US-Medien berichten darüber, eine Bestätigung der Regierung steht noch aus. Außerdem hat Trump angekündigt, die im Februar festgelegten Importzölle auf Waren aus China ab Dienstag auf 20 Prozent zu verdoppeln.
Kanada hat sofortige Zölle von 25 Prozent auf US-Waren im Wert von 30 Milliarden Dollar angekündigt. Nach 21 Tagen wird dieser Betrag auf insgesamt 155 Milliarden Dollar erhöht. China hat Gegenzölle auf Agrarprodukte und weitere Maßnahmen gegen US-Unternehmen angekündigt. Ab dem 10. März sollen zusätzliche Zölle von 15 Prozent auf Hühnerfleisch, Weizen, Mais und Baumwolle aus den USA erhoben werden, und auf andere landwirtschaftliche Produkte wie Sojabohnen, Schweinefleisch und Rindfleisch zehn Prozent.
Was bedeutet das für Deutschland?
Die verhängten Zölle treffen Deutschland zunächst nur indirekt: Laut der Ökonomin Samina Sultan vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln könnte die weltweite Wirtschaftsleistung bereits bei den aktuellen Maßnahmen um 0,4 Prozent sinken. Das handelsorientierte Deutschland müsse daher bis zum Jahr 2026 mit einem um 0,4 Prozent niedrigeren Bruttoinlandsprodukt rechnen. Die angekündigten Stahl- und Aluminiumzölle sowie weitere von Trump angedrohte Zahlungen könnten die heimische Industrie noch stärker belasten.
Für die deutsche Automobilindustrie sind die höheren Zölle auf Importe aus Mexiko besonders schädlich, da sie vielfach Produktionsstandorte in Mexiko hat, sagt Sultan. «Autos und Autoteile überqueren teils mehrfach die Grenzen, bevor sie fertiggestellt sind. Diese Lieferketten stehen durch die Zollerhöhungen infrage.» Dieses Problem sieht man auch beim Münchner Ifo-Institut. Allerdings nennt man dort auch einen potenziell positiven Effekt: Deutsche Unternehmen könnten davon profitieren, wenn sich Nachfrage zu ihnen hin verschiebt, weil die Konkurrenz aus Kanada, Mexiko und China in den USA durch die Zölle teurer wird. Das gilt aber natürlich nur, solange es nicht auch zusätzliche Zölle auf europäische Waren gibt.
Der Verband der Automobilindustrie VDA kritisiert Trumps Pläne und warnt vor möglichen Belastungen und negativen Auswirkungen auf die Verbraucher – vor allem in Nordamerika. In Deutschland und Europa befürchtet der VDA jedoch Konsequenzen für die heimischen Arbeitsplätze, falls Unternehmen aufgrund von Protektionismus und wachsenden geopolitischen Spannungen zunehmend lokale Märkte bedienen müssen.
Was bedeuten die Zölle für die USA selbst?
Dorothee Hillrichs vom Ifo-Institut geht davon aus, dass die Zölle die Inflation in den USA treiben, unter anderem weil Zwischenprodukte für amerikanische Hersteller teurer werden. Außerdem könnten gerade Lebensmittelpreise steigen, was vor allem ärmere Haushalte treffen würde. Modellrechnungen des Ifo zu Zöllen gehen zwar davon aus, dass Export und Industrie in Kanada und Mexiko stärker getroffen werden als in den USA, auch diese bleiben aber nicht verschont.
Die IW-Expertin Sultan erwartet, dass Trump vermehrt Produktion in die Staaten zurückholen will. In diesem Fall führe aus seiner Sicht kein Weg an höheren Zöllen vorbei. «Dass er dabei der US-amerikanischen Wirtschaft selbst erheblichen Schaden zufügen dürfte, scheint zweitrangig.» Eine Rückverlagerung von Produktion in die USA würde wegen der höheren Produktionskosten dort unweigerlich die Inflation treiben. Die Produkte würden für die Konsumenten teurer. Außerdem sind die USA auf Rohstoffimporte angewiesen.
Wie reagieren die betroffenen Staaten?
Neben den bereits erwähnten Zollschritten haben Kanada und China Maßnahmen jenseits von Zöllen angekündigt. Bei Kanada könnte es um Einschränkungen oder den Stopp von Öl-Exporten in die USA gehen. China hat mögliche Einschränkungen für US-Unternehmen angekündigt. Auch die EU-Kommission hat sich eingeschaltet, kritisiert die nun verhängten Zölle und ruft die USA auf, diese zu überdenken. Sie gefährden stark integrierte Lieferketten, Investitionen und die wirtschaftliche Stabilität auf beiden Seiten des Atlantiks.
Welche Möglichkeiten hätte die EU im Falle von Zöllen?
Trump hat auch Europa gegenüber wiederholt mit hohen Zöllen gedroht. Die EU hat bereits schnelle Gegenmaßnahmen angekündigt, falls sie eingeführt werden. In Trumps erster Amtszeit hatte die EU neue Abgaben auf Stahl- und Aluminiumprodukte aus Europa mit Sonderzöllen auf Bourbon-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder und Jeans beantwortet. Wie stark die Reaktion der EU dieses Mal ausfallen wird, hängt von Trumps konkreter Zollentscheidung ab.
Laut Sultan zeigen die Beispiele Kanada und Mexiko, dass Verhandlungen mit der Trump-Administration wenig Erfolg versprechen. Trotz der Zusicherung eines besseren Schutzes vor illegaler Migration und Drogenhandel haben die USA die zuvor aufgeschobenen Zölle in Kraft gesetzt.
Laut Hillrichs vom Ifo sei es möglich, dass die EU alternative Maßnahmen ergreift, anstatt Gegenzölle einzuführen, wenn Trump Zölle zur Erreichung von Zielen außerhalb der Wirtschaft einsetzt. China droht beispielsweise damit, weniger im Anti-Drogenkampf zu unterstützen. Es ist jedoch entscheidend, bei Gegenmaßnahmen keine wichtigen Zwischenprodukte zu verteuern und keine Zölle auf Produkte zu erheben, die auch aus anderen Ländern als den USA bezogen werden können.
Droht eine weltweite Zollspirale, und was würde die bedeuten?
Es hängt letztendlich von Trump und den Reaktionen der betroffenen Länder ab, daher ist es schwer vorherzusagen.
Wenn es zu einer Eskalation im Zoll kommt, wird dies nach Ansicht von Ifo-Expertin Hillrichs weltweit die Inflation antreiben und die Weltwirtschaft unter Druck setzen. Unternehmen stehen vor hoher Planungsunsicherheit, was zu einer Verschiebung von Investitionen führen könnte. Einige Firmen verlagern jedoch auch – wie von Trump gewünscht – Produktionsstandorte in die USA, um Zölle zu umgehen.
Können sich die USA einen Zollkrieg gegen den Rest der Welt leisten?
Die Folgen für die USA werden nach Ansicht der IW-Ökonomin Sultan immer gravierender, je mehr Länder sie mit Zöllen belegen und je mehr Länder selbst mit Gegenmaßnahmen reagieren. «Ein umfangreicher Handelskrieg gegen den Rest der Welt wird die USA erheblich ärmer machen – nicht nur durch den wirtschaftlichen Verlust, der damit einhergeht, sondern auch durch die zunehmende Isolation. Handel ist ja nicht nur der reine Austausch von Waren, sondern stimuliert auch den Wettbewerb und den Austausch von Ideen.» Wenn die USA den Weltmarkt zunehmend verlassen, machen sie dort Platz für andere Akteure wie etwa China.