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Trump und Grönland: Kampf um kritische Rohstoffe

Kritische Rohstoffe sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung und haben ein hohes Versorgungsrisiko, besonders für die grüne Umstellung und Elektrogeräte.

Grönland ist ein Land voller Eis und Schnee. Unter der Erdoberfläche lagern jedoch immense Rohstoffvorkommen.
Foto: Steffen Trumpf/dpa

Der US-Präsident Donald Trump hat erneut sein Interesse an einer Übernahme Grönlands mit der nationalen Sicherheit gerechtfertigt. Beobachter vermuten jedoch, dass neben militärischen Überlegungen auch wirtschaftliche Gründe hinter seinen Ambitionen stecken: Grönlands reiche Vorkommen an kritischen Rohstoffen. Trumps Streben nach solchen Bodenschätzen wird besonders deutlich in seinem Werben um die Rohstoffe in der Ukraine.

Was sind kritische Rohstoffe und wozu sind sie gut?

Kritische Rohstoffe (CRM) sind Materialien von hoher wirtschaftlicher Bedeutung und gleichzeitig mit einem hohen Versorgungsrisiko. Zu diesen gehören die viel diskutierten seltenen Erden (REE), die aus 17 Metallen bestehen, die wiederum in neun schwere und acht leichte seltene Erden unterteilt sind. Sie sind in verschiedenen alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Smartphones, Laptops und Fernsehern enthalten. Je nach Bauweise benötigen diese Elektrogeräte unter anderem Yttrium, Praseodym, Terbium und Dysprosium.

Seltenerdmetalle sind von grundlegender Bedeutung für die grüne Umstellung, da sie in Elektroautos und Windkrafträdern verbaut werden. Diese Produkte erfordern leistungsstarke Permanentmagnete, die je nach Motorengröße von E-Autos bis zu mehrere Kilogramm Neodym und Praseodym enthalten können.

Was macht sie für die EU und für Trumps USA interessant?

In Deutschland gibt es eine starke Industrie, aber nur wenige wichtige Rohstoffe. Deutsche Unternehmen sind daher genauso abhängig von Lieferungen aus dem Ausland wie Unternehmen in anderen EU-Ländern. Dies wird besonders deutlich bei den seltenen Erden: Die EU ist einer der weltweit führenden Hersteller von Pkw-Motoren und Windturbinen, deckt jedoch fast ausschließlich ihren Bedarf an Seltenerdmagneten durch Importe aus China, das wiederum in diesem Bereich absoluter Weltmarktführer ist.

Die EU wäre anfällig für geopolitische Spannungen, wenn China die Belieferung aus politischen oder strategischen Gründen drosseln oder einstellen würde. Dies könnte aufgrund der Abhängigkeit der EU von China im Zuge eines Zollstreits zu erheblichen Problemen führen, insbesondere im Hinblick auf die EU-Klimapolitik und die Digitalisierung.

Nun schert sich Trump bekanntlich wenig ums Klima, wohl aber ums große Geld und auch darum, jegliche Führungsrolle Chinas einzudämmen – und da kommt das zum Königreich Dänemark zählende, ressourcenreiche Grönland ins Spiel. «Ich denke, Trump ist mehr an den seltenen Erden interessiert als daran, Militär auf Grönland zu haben», schätzt die frühere grönländische Finanzministerin Maliina Abelsen ein, die heute Aufsichtsratsvorsitzende beim Fischereikonzern Royal Greenland ist.

Was bedeuten Grönlands Bodenschätze für die EU? 

Auch die Europäische Union hat bereits die Rohstoffe im Fokus. Vor etwa einem Jahr eröffnete die Präsidentin der Kommission, Ursula von der Leyen, ein EU-Büro in der Hauptstadt Nuuk und unterzeichnete dabei zwei Kooperationsabkommen mit einem Gesamtvolumen von 94 Millionen Euro – ein Teil davon soll in Wertschöpfungsketten für Energie und kritische Rohstoffe investiert werden.

Bereits Ende 2023 wurde eine Vereinbarung über Rohstoffe getroffen, die Grönland als strategischen Rohstofflieferanten für den ökologischen Wandel in Europa positionieren soll. Es geht nicht nur um seltene Erden, sondern auch um Kupfer, Graphit und Lithium. Die EU hat insgesamt 34 kritische Rohstoffe identifiziert, die für den grünen und digitalen Wandel erforderlich sind – und 23 davon sind in Grönland zu finden, wie der Mineralforscher Jakob Kløve Keiding vom Geologischen Dienst für Dänemark und Grönland (Geus) sagt.

Bei mehreren davon wird das Potenzial in Grönland als überaus hoch eingestuft. «Manche der grönländischen Lagerstätten für seltene Erden zählen zu den größten der Welt», sagt Keiding. Allein in den Stätten Kringlerne und Kvanefjeld in Südgrönland lagern viele Millionen Tonnen ungenutzter Seltenerdelemente. Weitere große Lagerstätten für REE und andere Rohstoffe finden sich im Südwesten und im Osten Grönlands.

Wie könnte Grönland profitieren?

Dass diese Bodenschätze einen immensen Wert haben, liegt auf der Hand. Wie hoch dieser genau sei, lasse sich nur schwer abschätzen, sagt Keiding. Nur so viel: «Sie sind nichts wert, solange sie im Boden bleiben.»

Womit wieder Trumps USA und von der Leyens EU ins Spiel kommen. Denn der bloße Rohstoffabbau werfe nicht das große Geld ab, sondern vielmehr die späteren Schritte in der Wertschöpfungskette – und das Know-how dafür gebe es hauptsächlich in China, sagt Keiding. Sowohl in den USA als auch in der EU arbeite man daran, aufzuholen. «Man hat realisiert, dass China praktisch ein Monopol innehat und den Markt kontrolliert.»

Grönland ist heute weitgehend von der Fischerei und einem dänischen Finanzzuschuss in Höhe von umgerechnet mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr abhängig. Allein schon die Einkünfte aus Bergbaulizenzen und -steuern könnten für die 57.000-Einwohner-Insel ein neues wirtschaftliches Standbein bedeuten. «98 Prozent unseres Exports stammen momentan aus der Fischerei», sagt Ex-Ministerin Abelsen. Der Mineralsektor könne ebenso wie der Tourismus zu einer breiter aufgestellten Wirtschaft beitragen – die Grönland wiederum für eine viel diskutierte mögliche Unabhängigkeit von Dänemark benötigt.

Gibt es Schattenseiten des Abbaus?

Ja, und zwar in Form von Gefahren für die empfindliche arktische Umwelt, aber auch für die lokalen Bewohner durch radioaktive Nebenprodukte. Auf Grönland haben diese negativen Aspekte sogar den Ausgang der letzten Parlamentswahl 2021 beeinflusst: Damals wurde öffentlich über ein australisches Minenprojekt zur Förderung von seltenen Erden und Uran in Südgrönland diskutiert. Die linke Partei IA gewann die Wahl, indem sie sich gegen das Projekt aussprach. Ein halbes Jahr später wurde die Uranförderung verboten.

Ein weiteres Problem sind die rauen arktischen Bedingungen und hohen Betriebskosten. «Wir sind ein abgelegener Ort, weshalb es so teuer ist, Mineralien in Grönland abzubauen. Daher sind wir auch oft die letzte Option, die in Betracht gezogen wird», sagt Abelsen. «Aber da uns die seltenen Erden ausgehen, wird es offensichtlich attraktiver, wieder Richtung Grönland zu blicken.»

dpa