Die Discounter Aldi und Lidl senkten zuletzt viele Preise und heizten den Wettbewerb an. Der Umsatz stieg um fast ein Drittel in den letzten fünf Jahren.
Preiskampf der Discounter: Aldi und Lidl liefern sich heiße Schlacht um Kunden
Die Discounter sind in Deutschland nach wie vor sehr beliebt, aber sie kämpfen zunehmend um Kunden. Vor allem die Marktführer Aldi und Lidl haben in letzter Zeit viele Preise gesenkt und damit den Wettbewerb angeheizt. Im Jahr 2024 erzielten alle Discounter hierzulande einen Umsatz von rund 77 Milliarden Euro – fast ein Drittel mehr als fünf Jahre zuvor. Dies geht aus neuen Daten des Marktforschungsinstituts YouGov hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.
Die Discounter – zu denen neben Aldi und Lidl auch Penny, Netto und Norma gehören – konnten stärker zulegen als der gesamte Markt. Der Umsatz im Lebensmitteleinzelhandel stieg zwischen 2019 und 2024 um 26,6 Prozent auf etwa 203 Milliarden Euro. Auch Supermärkte wie Edeka und Rewe verzeichneten im Fünf-Jahres-Vergleich ein ähnliches Wachstum.
Während des Zeitraums, der von Corona und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine geprägt war, konnten sowohl Discounter als auch Vollsortimenter Marktanteile gewinnen. Im Jahr 2024 erreichten die Discounter einen Marktanteil von gut 38 Prozent, während Vollsortimenter fast 29 Prozent erreichten. Verloren haben hauptsächlich SB-Warenhäuser wie Kaufland, Marktkauf und Globus sowie der Fachhandel. Letzterer spezialisiert sich in der Regel auf einzelne Sortimente wie Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch oder Käse.
Harte Konkurrenz im Handel
Der intensive Wettbewerb zwischen den Gruppen wird im Detail sichtbar: Zu Beginn der Pandemie gewannen die Super- und Verbrauchermärkte Marktanteile. Das zeigt sich in den Daten. Damals waren beispielsweise Restaurantbesuche und Urlaube vorübergehend nicht möglich, wodurch viele Menschen mehr Geld zur Verfügung hatten. Laut dem YouGov-Experten Robert Kecskes entwickelte sich 2022 und 2023 dann ein Trend hin zu Discountern. In diesen Jahren stieg die Inflation aufgrund von Kriegsereignissen stark an – Lebensmittel verteuerten sich rapide.
Diese Verschiebung sei inzwischen gestoppt. Die Discounter gewinnen den Angaben nach nicht mehr wie selbstverständlich, die Vollsortimenter holen wieder auf. Kecskes teilte weiter mit: «Damit nimmt nicht nur der Wettbewerb zwischen den Vertriebsschienen an Intensität zu, auch der Kampf um Marktanteile zwischen den Discountern verschärft sich».
Preisrutsch bei Lidl und Aldi
Zu beobachten ist das gerade bei den größten deutschen Discountern: Aldi und Lidl. In den vergangenen Tagen lieferten sich die Handelsunternehmen einen ausgewachsenen Preiskampf. Zuerst kündigte Lidl die «größter Preissenkung seiner Geschichte» an – und verbilligte nach eigenen Angaben mehr als 500 Artikel über nahezu alle Warengruppen hinweg. Angekündigt wurden je nach Region ein Nachlass von bis zu 35 Prozent. Welche Produkte genau günstiger werden sollen, ließ die Firma aus Bad Wimpfen bei Heilbronn aber offen.
Marktführer Aldi ließ sich nicht lange bitten: 2025 habe man bereits rund 1.000 Artikel dauerhaft im Preis gesenkt, in den kommenden Wochen sollen Hunderte hinzukommen. Weniger bezahlen sollen Kundinnen und Kunden unter anderem für Molkereiprodukten, Fleisch- und Wurstwaren, Tiefkühlkost, Süßigkeiten und Reinigungsmittel. «Preisführerschaft ist für uns kein kurzfristiger Aktionsmodus, sondern ein Grundprinzip», hieß es. Auch andere Händler zogen nach.
Kampf um Discount-Marktanteile
Spielraum für Senkungen gibt es: Im Mai waren Lebensmittel nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 36,5 Prozent teurer als im Jahresdurchschnitt 2020. Dass die Senkungen von Dauer sein werden, glaubt Handelsexperte Stephan Rüschen von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg: «Wenn die Händler die Preise nach ein paar Wochen klammheimlich wieder heraufsetzen würden, würden sie Glaubwürdigkeit verlieren. Ihnen ist klar, dass das beobachtet wird».
Rüschen geht ohnehin davon aus, dass es bei der Preisspirale um mehr geht: «Lidl geht es darum, Marktanteile zu gewinnen und Aldi die Preisführerschaft abzunehmen.» Preisführerschaft bedeute, dass man von Kunden als günstigster Anbieter wahrgenommen werde und die Preise setzen könne. «Lidl ist im Aufwind und kommt immer näher ran – und könnte es irgendwann auch mal schaffen, Aldi Nord und Süd gemessen am Umsatz zu überflügeln».
Auch Kecskes ist sich sicher: «Die Preiskämpfe im Discount sind Ausdruck eines strategischen Wettbewerbs um preissensible Konsumenten». So sollen Kunden in die Läden gelockt werden. Diese Preissenkungen beträfen jedoch nicht das gesamte Sortiment, sondern seien Teil einer Mischkalkulation: Günstige Preise bei manchen Produkten sollen neue Kunden anziehen, die dann idealerweise auch Artikel mit einer höheren Gewinnmarge kauften.