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Nussige Zeiten: Haselnernte in Italien katastrophal

Die Ernte von Haselnüssen in Italien ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Experten prognostizieren steigende Preise für Haselnuss-Produkte in Deutschland.

Die Haselsnussernte ist in Italien so schlecht ausgefallen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. (Archivbild)
Foto: Lisa Ducret/dpa

Die Haselnussernte in Italien für dieses Jahr ist abgeschlossen. Selbst in den höheren Lagen Siziliens, wo die Nüsse länger an den Sträuchern verbleiben als im Piemont, ist alles eingesammelt oder gepflückt. Mitte Oktober war auch auf der Insel im Süden Schluss. Es steht bereits fest: Die Ernte ist so schlecht wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Große Landwirtschaftsverbände schätzen, dass nur noch etwa 70.000 Tonnen geerntet wurden – halb so viel wie im Durchschnitt der Vorjahre.

Das dürfte auch Auswirkungen auf die Frühstückstische in Deutschland haben: Haselnüsse (auf Italienisch: nocciole) sind eine der wichtigsten Zutaten für Brotaufstriche wie Nutella. Die Expertin Ursula Schockemöhle von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft sagt: «Für die Industrie wird die Produktion von Haselnuss-Erzeugnissen auf alle Fälle teurer. Das wird sich voraussichtlich auch in den Verbraucherpreisen niederschlagen.» Wird das Glas Nutella im Supermarkt künftig also noch mehr kosten?

Nutella, Nusspli und Ritter Sport jetzt schon deutlich teurer 

Haselnuss-Produkte sind laut einer Analyse der Vergleichs-App Smhaggle in den letzten Jahren bereits deutlich teurer geworden: 450 Gramm Nutella kosten jetzt 3,79 Euro – 27 Prozent mehr als 2022. Im Mai stieg der Preis um weitere 30 Cent. Nusspli hat sich sogar um 37 Prozent verteuert. Auch für Nuss-Schokolade muss man jetzt tiefer in die Tasche greifen: Die Tafel Ritter Sport Voll-Nuss kostet derzeit 2,29 Euro – eine Steigerung um 65 Prozent.

Als Gründe für die schlechte Ernte in Italien gelten vor allem der Klimawandel mit einem milden Winter, starkem Regen im Frühling und Dürre im Sommer sowie ein Schädling: die Haselnusswanze (Phylus coryli). Der Branchenverband Confagricoltura stellt fest: «Die nationale Haselnussproduktion ist in freiem Fall.» Auch Italiens Bauernverband CIA spricht von einem «weiteren schwarzen Jahr» – dem dritten in Folge. Vergangenes Jahr waren es noch 85.000 Tonnen, 2023 immerhin noch 102.000 Tonnen. Schätzungen zufolge hängen in Italien mehr als 30.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt davon ab.

Vielerorts auch schlechtere Qualität

Des Weiteren ist die Ernte nicht nur geringer, sondern auch die Qualität ist vielerorts schlechter. Im Piemont – der wichtigsten Anbauregion im Norden, wo auch der Nutella-Mutterkonzern Ferrero seinen Hauptsitz hat – fallen Haselnüsse jetzt häufiger von den Sträuchern, noch bevor sie reif sind. In anderen Regionen wie Latium rund um Rom sowie in Kampanien und auf Sizilien ist die Situation nicht besser. Umweltschützer kritisieren schon seit langem, dass in Italien ganze Landstriche durch Haselnuss-Monokulturen veröden.

Die schlechte Ernte ist ein Problem für Nutella, eine der bekanntesten Marken Italiens. Ferrero produziert jährlich etwa 500.000 Tonnen des Nuss-Nougat-Aufstrichs. Die Deutschen sind weltweit treue Kunden. Der Konzern mit einem Jahresumsatz von 18 Milliarden Euro bezieht Nüsse längst auch außerhalb Italiens, hauptsächlich aus der Türkei, dem wichtigsten Produzenten weltweit. Allerdings ist auch dort die Ernte dieses Jahr aufgrund von Frostschäden schlechter ausgefallen.

Ferrero will keine Auskunft über Preisentwicklung geben

Ferrero selbst schweigt sich darüber aus, ob das alles Auswirkungen auf den Ladenpreis von Nutella haben wird. «Wir geben keine Auskunft zur Preisgestaltung», heißt es dort nur. In der Regel werden in der Lebensmittelbranche höhere Rohstoff-Preise jedoch an die Kunden weitergegeben, wenn auch mit etwas Verzögerung. 

Expertin Schockemöhle erwartet, dass bei Nutella die Preiserhöhungen geringer ausfallen werden als bei unverarbeiteten Haselnusskernen. Dies liegt auch daran, dass der Branchenführer vergleichsweise wenig Nüsse verwendet: Laut Etikett sind es 13 Prozent in Nutella. Andere Hersteller betonen, dass ihr Aufstrich aus deutlich mehr Haselnüssen besteht. Bei der ostdeutschen Traditionsmarke Nudossi beträgt der Anteil laut Angaben 36 Prozent. Bei der italienischen Edelmarke Baratti & Milano sind es sogar 51 Prozent.

China könnte als neuer Lieferant hinzukommen

Möglich wäre nach Expertenmeinung auch, dass sich die Hersteller künftig ihre Nüsse in anderen Ländern besorgen. «Für den Einzelhandel in Deutschland sind die für türkische und italienische Haselnüsse aufgerufenen Preise zu hoch», sagt Schockemöhle. Möglich seien Importe aus den USA, wo die Ernte gut ausgefallen sei. Zudem sei denkbar, dass bald auch China als Lieferland in Erscheinung tritt: Walnüsse aus der Volksrepublik gibt es im deutschen Discounthandel bereits.

dpa