Exportrückgang und Produktionsrückgang setzen Deutschland unter Druck. Eine Wirtschaftswende wird dringend benötigt.
Deutsche Wirtschaft in Schwierigkeiten
Die deutsche Wirtschaft gerät aufgrund von Exportschwäche und rückläufiger Produktion in politisch unruhige Zeiten. Laut Dirk Jandura, dem Präsidenten des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), ist Deutschland als Außenhandelsnation international nicht mehr wettbewerbsfähig.
Europas größte Volkswirtschaft brauche nach dem Bruch der Ampel-Koalition schnellstmöglich eine handlungsfähige Regierung – auch angesichts der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und damit drohenden Importzöllen im wichtigsten Absatzmarkt für Waren «Made in Germany», mahnte Jandura: «Deutschland braucht eine Wirtschaftswende. Wir müssen das Ruder herumreißen, bevor die Wellen zu hoch werden.»
Exportwirtschaft tut sich schwer
Nach einem kurzen Anstieg im August haben die Unternehmen im September wieder weniger Waren ins Ausland geliefert. Laut vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes betrugen die Exporte insgesamt 128,2 Milliarden Euro, was 1,7 Prozent unter dem Niveau von August 2024 lag. Im Vergleich zum September 2023 gab es ebenfalls einen Rückgang von 0,2 Prozent.
Die deutschen Produkte sehen sich zunehmender Konkurrenz auf den Weltmärkten, beispielsweise aus China, sowie strukturellen Problemen der deutschen Industrie wie den im internationalen Vergleich hohen Energiepreisen gegenüber. Dies belastet die Exportnation Deutschland schon seit einiger Zeit. Laut Angaben der Wiesbadener Behörde sind die Exporte von Januar bis einschließlich September dieses Jahres kalender- und saisonbereinigt um 1,0 Prozent unter dem Wert des Vorjahreszeitraums, bei insgesamt 1175,5 Milliarden Euro.
Die Importe stiegen im September auf 111,3 Milliarden Euro – ein Anstieg sowohl im Vergleich zum Vormonat (plus 2,1 Prozent) als auch zum Vorjahresmonat (plus 1,3 Prozent). Von Januar bis September beliefen sich die Importe nach Deutschland auf insgesamt 988,6 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 4,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Industrieproduktion sinkt unerwartet stark
Auch die Produktion in der deutschen Industrie schwächelt: Im Vergleich zum August dieses Jahres sank die Gesamtherstellung im September um 2,5 Prozent, was stärker ist als von Marktbeobachtern erwartet. Im Vergleich zum September 2023 betrug das Minus sogar 4,6 Prozent, wie das Statistische Bundesamt berechnet hat. Die Statistiker erklärten den Rückgang vor allem mit einem deutlichen Produktionsrückgang um 7,8 Prozent im Vormonat in der Automobilindustrie.
Der erneute Rückgang der Industrieproduktion im September sollte als Warnsignal für eine verbesserte Wirtschaftspolitik betrachtet werden. Volker Treier, der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), bewertet die Situation, da auch die Exporte im gleichen Monat gesunken sind und somit keine Impulse aus dem Ausland für die inländische Konjunktur kommen. Trumps Wiederwahl und das Ende des Dreierbündnisses aus SPD, Grünen und FDP sorgen für zusätzliche Unsicherheit.
Zweite Amtszeit Trumps bereitet Sorgen
«Der Rückgang der Industrieproduktion und der Exporte sind in Anbetracht des Sieges von Donald Trump eine Mahnung. Mehr US-Protektionismus heißt für das industrielastige Deutschland nichts Gutes», prognostiziert der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel.
Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, hohe Importzölle zum Schutz der US-Wirtschaft einzuführen. Dies würde Waren aus deutscher Produktion im wichtigsten Absatzmarkt für Waren «Made in Germany» verteuern. Im September waren die Vereinigten Staaten einmal mehr Abnehmerland Nummer eins für deutsche Produkte: Die Exporte in die USA erhöhten sich zum August 2024 um 4,8 Prozent auf einen Gesamtwert von 14,2 Milliarden Euro. Dagegen verringerten sich die Ausfuhren nach China um 3,7 Prozent auf 7,1 Milliarden Euro, die Exporte in das Vereinigte Königreich sanken um 4,9 Prozent auf 6,4 Milliarden Euro.
Volkswirte: Reformen in Deutschland überfällig
Ökonomen mahnen die heimische Politik, den Industriestandort Deutschland zu stärken, zum Beispiel durch den Abbau von Bürokratie. Doch der Bruch der Ampel-Koalition macht rasche Entscheidungen unwahrscheinlicher, wie Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer zusammenfasst: «Deutschland steht vor einem schwierigen Winterhalbjahr, ohne dass es bereits politische Mehrheiten für notwendige Wirtschaftsreformen gäbe.»