Ein neuer Chef für die Deutsche Bahn steht möglicherweise fest, die Strategie bleibt vorerst geheim.
Neuer Bahnchef in Sicht, Verkündung der Strategie unklar

Nach rund einmonatiger Suche scheint sich eine neue Lösung für den Chefposten bei der Deutschen Bahn abzuzeichnen. «Wir haben einen Kandidaten, aber es kann sein, dass wir ihn oder sie aus rechtlichen Gründen noch nicht präsentieren dürfen», sagte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) am Freitag der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Ob der neue Bahnchef oder die neue Chefin bereits am Montag zusammen mit einer neuen Strategie für den bundeseigenen Konzern verkündet wird, bleibt somit offen.
Man sei zwar guter Dinge, dass am Montag «nicht nur» Schnieder in der Bundespressekonferenz (BPK) sitzen werde, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Das hänge aber noch von vielen Dingen ab. Der Minister stellt am Montag Eckpunkte einer Reform der bundeseigenen Deutschen Bahn vor.
Seit etwa einem Monat wird ein neuer Führungsperson an der Spitze der Bahn gesucht. Der aktuelle Vorstandsvorsitzende Richard Lutz konnte die tiefgreifenden Krisen an mehreren Fronten nicht bewältigen. Mitte August gab Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) das Ende des langjährigen Bahnchefs bekannt. Er wird das Amt nur noch ausüben, bis ein Nachfolger gefunden ist.
Neue Strategie soll Montag präsentiert werden
Die Abberufung von Lutz ist Teil einer breiteren Neuaufstellung des Konzerns. Es wurde wenig über konkrete Kandidaten für den Chefposten bekannt. In Medienberichten wurden wiederholt einige Namen genannt, darunter die Chefin der Bahn-Regionalverkehrstochter DB Region, Evelyn Palla; der Chef des Technologiekonzerns Siemens Mobility, Michael Peter; oder die Geschäftsführerin des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV), Anna-Theresa Korbutt.
Es ist unklar, ob diese Kandidaten noch im Rennen sind oder jemals waren. Einige, wie Korbutt, wurden von Branchenverbänden vorgeschlagen. Andere haben bereits abgesagt, wie der ehemalige kurzzeitige Finanzminister der SPD, Jörg Kukies. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) sind ebenfalls in die Ernennung involviert. Die endgültige Entscheidung über die Personalie liegt beim Konzernaufsichtsrat. Die nächste Sitzung ist für den kommenden Dienstag geplant.
Laut der Deutschen Presse-Agentur sind auch zahlreiche Initiativbewerbungen für die offene Stelle des Bahnchefs eingegangen. Es ist jedoch unklar, wer sich beworben hat und wie ernsthaft diese Bewerbungen sind.
Fokus auf Reisende
Auch über die neue Bahnstrategie Schnieders ist bisher wenig bekannt. Lediglich den Titel hat das Ministerium schon verraten: «Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene». Ein Fokus auf die Reisenden wäre tatsächlich dringend notwendig. Infolge der maroden und überlasteten Schieneninfrastruktur leiden sie seit Jahren unter der immer schlechteren Pünktlichkeit im Fernverkehr.
Die Bauarbeiten führen regelmäßig zu monatelangen Einschränkungen. Besonders in stark bevölkerten Knotenpunkten sind Regionalzüge oft überfüllt. Zudem reduzieren immer mehr Verkehrsverbünde ihr Angebot aufgrund der stark gestiegenen Kosten und unzureichender Finanzierung.
Der Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert, warnt schon seit geraumer Zeit vor steigenden Fahrpreisen und einer Reduzierung von Verbindungen im Fernverkehr. Er ist der Ansicht, dass solche Maßnahmen drohen, wenn der Bund die kontinuierlich steigenden Trassenpreise, eine Art Schienenmaut für Eisenbahnunternehmen, nicht bald unter Kontrolle bekommt.
Bund will Bahn enger an die Leine nehmen
Es gilt als sicher, dass der Bund die bundeseigene Bahn in Zukunft enger kontrollieren und besser lenken möchte. Im Fokus steht dabei die Bahn-Infrastruktursparte InfraGo, die mehr Unabhängigkeit vom Konzern erlangen soll. Es ist noch unklar, wie genau dies geschehen soll und welche konkreten Erwartungen Schnieder an die Bahn hat.
Die Erwartungen sind hoch, nicht nur der Reisenden. Auch die Gewerkschaften fordern einen stärkeren Fokus auf die Kundinnen und Kunden: Laut einem Forderungspapier aus der Branche ist mehr Personal im direkten Kontakt mit den Reisenden in Zügen und Bahnhöfen erforderlich. Reisezentren und Fahrkartenautomaten sollten nicht digitalisiert werden. Die Liste der Wünsche ist lang. Es ist fraglich, ob die zahlreichen Probleme bei der Bahn den Initiativbewerbern voll bewusst sind.