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Wichtiger Gerichtstermin: So ist der Stand bei Varta

Varta galt als Hoffnungsträger. Dann übernahm sich das Management – und stürzte den Konzern in die Krise. Die Sanierung bedeutet für Kleinanleger einen Totalverlust. Nun steht ein wichtiger Termin an.

Das Sanierungskonzept für den Batteriekonzern Varta könnte am Montag eine wichtige Hürde nehmen. (Symbolbild)
Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Beim Batteriekonzern Varta haben in letzter Zeit die negativen Nachrichten zugenommen. Beobachter konnten beobachten, wie das Unternehmen immer tiefer in die Krise gerät. Seit dem Sommer gibt es bereits einen Sanierungsplan für Varta. Daher wird es am Montag bei einem Gerichtstermin in Stuttgart darum gehen. Ein Überblick über die Krise bei Varta – und wie es um die Zukunft des Traditionsunternehmens bestellt ist:

Der Aufstieg

Vor der Krise schien beim Batteriekonzern mit Sitz in schwäbischen Ellwangen alles nach Erfolgsgeschichte auszusehen: “2017 brachte der Österreicher Michael Tojner das Unternehmen an die Börse. Mit Erfolg.” Die Entwicklung wurde hauptsächlich von der stark steigenden Nachfrage nach wiederaufladbaren Lithium-Ionen-Batterien angetrieben – beispielsweise für kabellose Kopfhörer und Smartwatches. 2019 erwarb Varta den Geschäftsbereich Haushaltsbatterien zurück. Der Umsatz vervierfachte sich innerhalb weniger Jahre nahezu. Um die Produktion zu erweitern, wurden Millionen investiert – und Schulden aufgenommen.

Erste Risse im Bild

Im Jahr 2022 begannen Probleme aufzutauchen: Varta hatte sich offensichtlich zu stark von einem seiner Hauptkunden – Apple – abhängig gemacht. Das US-Unternehmen hatte damals die Batterien in seinen kabellosen Ohrhörern verbaut. Als Apple einen anderen Zulieferer suchte, geriet das Geschäft in Schwierigkeiten. Der damalige Varta-Chef Herbert Schein verfehlte die Umsatz- und Gewinnziele – und trat kurz darauf zurück. In der Folgezeit traf die globale Wirtschaftskrise und die hohe Inflation die Unterhaltungselektronik hart, die Nachfrage sank. Dazu kamen Konkurrenten aus Fernost und Probleme in den Lieferketten. Selbst der Versuch, ins Geschäft mit E-Auto-Batterien einzusteigen, war nicht erfolgreich.

Der große Knall

Varta schlitterte in der Folge immer weiter in die Krise. Beschäftigte mussten in Kurzarbeit, später wurden Hunderte Stellen gestrichen. Zu allem Überfluss legte ein Hackerangriff im Frühjahr die Produktion an den deutschen Standorten lahm. Kritiker machen hauptsächlich Managementfehler für die Misere verantwortlich. Auch Tojner gab sich selbstkritisch: «Wir haben die Latte zu hoch gelegt. Wir haben verschiedene Projekte gestartet, groß investiert, die Produktion ausgebaut.» Um die Pleite zu verhindern, melde Varta im Juli ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren an.

Das Sanierungskonzept

Im Sommer wurde mit wichtigen Gläubigern ein Sanierungskonzept vereinbart. Dieses sieht hauptsächlich zwei Schritte vor: Eine Reduzierung der Verbindlichkeiten von fast einer halben Milliarde Euro auf 230 Millionen Euro durch einen Schuldenschnitt und die Verlängerung von Krediten. Zudem soll das Grundkapital der Varta AG auf null Euro gesenkt werden. Dies hat zur Folge, dass die Aktionäre ohne Entschädigung ausscheiden und der Konzern seine Börsennotierung verliert.

Nachfolgend sollen erneut Aktien ausgegeben werden – jedoch nur an eine Gesellschaft Tojners und den Sportwagenhersteller Porsche. Beide investieren jeweils 30 Millionen Euro. Die Gläubiger steuern 60 Millionen als Darlehen bei.

Was heute passiert

Die Sanierung erfolgt gemäß dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG). Es gibt einen Zeitpunkt, an dem das Sanierungskonzept präsentiert und mit den betroffenen Gläubigergruppen – darunter Banken und Aktionäre – erörtert wird. Anschließend wird über die Annahme des Plans abgestimmt.

Laut Varta-Chef Michael Ostermann stehen fast alle Betroffenen hinter dem Konzept. Allerdings dürfte eine klare Ablehnung von den Kleinanlegern kommen, da diesen die Enteignung droht. Im Rahmen eines StaRUG-Verfahrens können die Interessen der Aktionäre umgangen werden. Die Varta-Führung sieht diesen Schritt als alternativlos an, während Aktionärsschützer anderer Meinung sind. Erst letzte Woche hat die Schutzgemeinschaft der Kleinanleger (SdK) eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Sie argumentieren, dass der entschädigungslose Ausschluss des Bezugsrechts bei der Sanierung des Unternehmens gegen die Eigentumsgarantie verstößt.

Wie es weitergeht

Der CEO von Varta, Ostermann, geht davon aus, dass das Verfahren im besten Fall Ende Dezember, wahrscheinlicher jedoch Ende Januar, abgeschlossen sein wird. Dann werden die Aktien ausgebucht und Varta von der Börse genommen. Außerdem sollen anschließend Unternehmenszahlen für das Geschäftsjahr 2023 sowie mehrere Quartale 2024 veröffentlicht werden. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob die Aktionsvertreter mit ihrem Widerstand Erfolg haben. Dadurch könnte sich das Verfahren verzögern.

Die (mögliche) Zukunft

Und wie sieht es dann für das Unternehmen weiter aus? Varta plant, an allen deutschen Standorten festzuhalten. Auch die Mitarbeiterzahl von rund 4.000 dürfte sich kaum ändern. Allerdings soll es laut Ostermann eine Verschiebung geben: In der Verwaltung gibt es zu viele Stellen, die abgebaut werden sollen. In der Produktion hingegen werden Mitarbeiter gesucht.

Im laufenden Jahr musste Varta seine Umsatz-Prognose bereits mehrfach nach unten korrigieren. Aktuell erwarten die Schwaben einen Erlös von 750 bis 800 Millionen Euro. Ostermann gab sich für die Zukunft des Konzerns dennoch vorsichtig optimistisch. «Varta hatte ja kein operatives Problem, sondern ein Schuldenproblem», sagte er. Im Markt für Konsumgüter habe man eine exzellente Positionierung und auch im Hörgerätebereich laufe es gut. Beim Geschäft mit Energiespeichern für Photovoltaikanlagen erwartete Ostermann außerdem in Zukunft wieder Wachstum.

dpa