Der Schufa-Score soll Unternehmen helfen, die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden einzuschätzen. Die Auskunftei greift dafür auf Daten von Millionen Verbrauchern zurück. Welche Grenze setzt der Datenschutz?
Wie lange darf die Schufa Zahlungsprobleme speichern?

Der Schufa-Score spielt bei der Wohnungssuche, der Aufnahme eines Bankkredits oder einem Kauf auf Rechnung oft eine wichtige Rolle. Unternehmen sollen mithilfe dieses Scores besser beurteilen können, ob Kundinnen und Kunden ihre Rechnungen rechtzeitig begleichen werden. Die Grundlage dafür bilden auch Daten zu früheren Zahlungsausfällen. Doch wie lange dürfen Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa solche Informationen speichern?
Der Bundesgerichtshof (BGH) wird heute in Karlsruhe eine Entscheidung zu dieser Frage verkünden. Ein Mann hatte von der Schufa Schadenersatz gefordert, da die Auskunftei Forderungen, die er bereits abbezahlt hatte, über mehrere Jahre gespeichert hatte. Ein Überblick über die bisherige Rechtslage und mögliche Folgen des Urteils:
Was ist eine Wirtschaftsauskunftei?
Auskunfteien sind Unternehmen in der Privatwirtschaft. Sie sammeln Informationen, um vorherzusagen, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Person in Zukunft ihre Rechnungen pünktlich bezahlen wird. Diese Bonitäts- oder Kreditwürdigkeitsprüfungsergebnisse werden oft in Form von Score-Werten an Händler, Banken oder Versicherungen weitergegeben. Personen mit einem schlechten Score erhalten möglicherweise keine günstigen Kreditkonditionen oder können online nicht in Raten oder auf Rechnung bezahlen.
Die Schufa ist die größte und bekannteste Wirtschaftsauskunftei. Laut eigenen Angaben hat der Marktführer aus Wiesbaden Informationen über 68 Millionen Privatpersonen und 6 Millionen Unternehmen.
Welche Speicherfristen gelten bislang?
Wie lange Wirtschaftsauskunfteien Daten über Verbraucherinnen und Verbraucher speichern dürfen, ist vom Gesetzgeber nicht klar vorgegeben. Die Auskunfteien in Deutschland haben sich aber ein eigenes Regelwerk auferlegt. Dieser «Code of Conduct» wurde zuletzt 2024 überarbeitet und vom hessischen Landesdatenschutzbeauftragten abgesegnet. Er sieht für erledigte Zahlungsstörungen grundsätzlich eine Speicherfrist von drei Jahren vor. In bestimmten Fällen endet die Speicherung schon nach 18 Monaten.
Wo liegt das Problem?
Beim BGH wird nun geprüft, ob die Schufa diese Daten nach Ausgleich der Forderungen überhaupt weiterhin speichern darf oder ob dies gegen Datenschutzrecht verstößt. Das Oberlandesgericht Köln hatte dies im April bestätigt und die Schufa zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Demnach müssen Auskunfteien Informationen über Zahlungsstörungen löschen, sobald die überfälligen Schulden beglichen sind.
Was sagt die DSGVO?
Die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) schreibt vor, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten dann erlaubt ist, wenn sie zur Wahrung berechtigter Interessen dient. «Darauf können sich die Auskunfteien durchaus berufen», sagt Niko Härting, IT-Rechtsanwalt und Vorstandsmitglied beim Deutschen Anwaltverein. «Die Frage ist nur: Wie lange bestehen diese berechtigten Interessen?» Das sei der Kern des Verfahrens am BGH.
Können Betroffene auf Schadenersatz hoffen?
Laut dem OLG Köln: Ja. Das Gericht hat dem Kläger im konkreten Fall 500 Euro Schadenersatz zugesprochen. Gemäß der DSGVO haben Betroffene grundsätzlich ein Recht auf Entschädigung bei Verstößen. Es hängt jedoch unter anderem davon ab, ob der Auskunftei ein eigenes Verschulden anzulasten ist oder nicht, sagt Experte Härting. Möglicherweise muss auch der BGH darüber entscheiden. Es ist auch rechtlich interessant, wie in diesem Fall die Höhe des zu ersetzenden Schadens berechnet werden würde.
Warum ist die Speicherung für die Schufa so wichtig?
Falls der BGH die Rechtsauffassung des Kölner Urteils bestätigen würde – und die Speicherung der Daten verbieten -, würde die Bonitätsauskunft in Zukunft keine Informationen mehr darüber enthalten, ob es bei einer Person Zahlungsstörungen gegeben hat, sagt Schufa-Sprecherin Tanja Panhans. Personen, die ihre offenen und längst fälligen Schulden beglichen haben, hätten jedoch ein mindestens 10-fach höheres Risiko, erneut in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten, verglichen mit Personen, die ihren Zahlungsverpflichtungen zuverlässig nachkommen.
Welche Folgen könnte das für Verbraucher haben?
Unternehmen könnten das Risiko von Zahlungsausfällen ohne die Daten nicht mehr präzise einschätzen und würden das am Ende wohl in ihre Waren und Dienstleistungen einpreisen, sagt Panhans. Verivox-Geschäftsführer Oliver Maier warnte ebenfalls, der Wegfall dieser Daten würde die Risikokalkulation für Banken erschweren. «Dieses finanzielle Risiko dürften einige Kreditinstitute in Form höherer Zinsen auf ihre Kundinnen und Kunden umlegen».
Welche Nachteile hat der Schufa-Score für Betroffene?
Bei der Verhandlung vor dem BGH im November betonten die Anwälte des Klägers die schwerwiegenden Folgen, die eine schlechte Bonität auch Jahre nach der Schuldenbegleichung für Betroffene haben könnte. Der Score sei oft ausschlaggebend dafür, ob man eine Wohnung, ein Auto oder einen Arbeitsvertrag erhalte. Rechtsanwalt Veaceslav Ghendler kritisierte, dass die von den Auskunfteien festgelegten Fristen wiederum willkürlich seien.
Woher kommt die Drei-Jahres-Frist?
Die Schufa hält dagegen: Vor der DSGVO und dem daraufhin angefertigten «Code of Conduct» war bis 2018 die dreijährige Speicherfrist für erledigte Zahlungsstörungen im Bundesdatenschutzgesetz verankert, argumentiert die Auskunftei. In die letzte Genehmigung ihres Regelwerks 2024 seien sowohl Verbände der Kredit-gebenden Wirtschaft, als auch Verbraucherschützer wie der Bundesverband der Verbraucherzentralen und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungen einbezogen worden.
Wie viele Menschen sind konkret betroffen?
Laut Angaben der Auskunftei würden rund 564.000 Personen von einer BGH-Entscheidung gegen die Schufa profitieren. Die Schufa müsste bei diesen Personen bereits erledigte Zahlungsstörungen aus dem Datenbestand löschen. Dadurch hätten sie keine erledigten Negativeinträge mehr in ihren Schufa-Daten und ihr Score würde sich entsprechend verbessern.
Ist das Thema mit einem BGH-Urteil geklärt?
Ja und Nein. Der BGH prägt als höchstes Zivilgericht Deutschlands die Rechtsprechung der Bundesrepublik. Seine Entscheidung in Bezug auf die Speicherfristen für Zahlungsstörungen ist daher wichtig. Allerdings sind auch die Speicherfristen für andere Arten von Daten bisher nicht eindeutig geklärt, so Schufa-Sprecherin Panhans. Um zu verhindern, dass diese Fragen erst nach langwierigen Gerichtsverfahren durch mehrere Instanzen beantwortet werden müssen, fordert die Auskunftei gesetzliche Klarheit und wirbt für eine Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes.








