Anstieg von drei bis vier Prozent erwartet, Angebot knapp, Baukosten und Zinsen gestiegen.
Immobilienpreise steigen trotz Wirtschaftskrise

Trotz der Wirtschaftskrise müssen Käufer von Wohnungen und Häusern nach teilweise deutlichen Preisrückgängen in den vergangenen Jahren wieder tiefer in die Tasche greifen. Die Immobilienpreise steigen seit Monaten kontinuierlich an. Insbesondere in den Ballungsräumen ist erschwinglicher Wohnraum knapp und die Mieten steigen stark an.
Besserung für Mieter und Käufer ist vorerst nicht in Sicht: Denn während das Angebot knapp bleibt, sind die Baukosten und Zinsen gestiegen. Michael Voigtländer, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erwartet, dass die Preise für Wohnungen und Häuser 2026 anziehen. «Ich rechne mit einem moderaten Anstieg von drei bis vier Prozent, aber nicht rasant wie in den 2010er Jahren.»
Obwohl die Wirtschaftskrise, die zu einem Verlust vieler Arbeitsplätze geführt hat, den Immobilienmarkt beeinträchtigt, gibt es eine Vielzahl von Gründen, die für steigende Mieten und Kaufpreise sprechen, darunter langfristige Treiber.
Immer mehr Singe-Wohnungen
Für Druck sorgt die wachsende Zahl an Menschen, die allein wohnen. «Der Anteil an Einpersonenhaushalten nimmt stetig zu, was den Wohnraumbedarf unabhängig von der Bevölkerungszahl erhöht», schreibt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der Bank ING. «Die durchschnittliche Haushaltsgröße sinkt kontinuierlich und liegt derzeit bei 2,0 Personen». Zum Vergleich: 1991 waren es rechnerisch 2,3 Menschen. Zu den Ursachen zählen die spätere Familiengründung und eine sinkende Geburtenrate.
Laut dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung wird der Anteil der Einpersonenhaushalte bis 2045 voraussichtlich um zwei Prozentpunkte auf 44 Prozent steigen, und es ist kein Ende des Trends in Sicht.
Ballungsräume ziehen Menschen an
In Deutschland gibt es einen Mangel an Wohnraum, aber die Situation ist uneinheitlich. Laut dem Analysehaus Empirica stehen bundesweit rund 1,7 Millionen Wohnungen leer, hauptsächlich auf dem Land, während der Markt in Metropolen umkämpft ist. Jedes Jahr ziehen Zehntausende von jungen Menschen dorthin, wie die Zahlen von Empirica Regio zeigen – nicht zuletzt aufgrund der Arbeitsmöglichkeiten.
Die Mieten steigen aufgrund verschiedener Faktoren: Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stiegen sie im Jahr 2025 bundesweit sowohl im Bestand als auch im Neubau um vier Prozent. In den Großstädten betrug der Anstieg sogar bis zu acht Prozent.
Laut IW-Experte Voigtländer könnte eine Senkung der Grunderwerbsteuer helfen, die je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent liegt. Auch die hohen Kosten für Grundbucheintrag und Notar halten viele Menschen vom Bau oder Immobilienkauf ab.
Der durchschnittliche Mieterhaushalt habe ein Nettovermögen von 22.300 Euro, sagte Voigtländer auf einer Veranstaltung des Maklers von Poll Immobilien. «Es wird immer elitärer, Wohneigentum zu erwerben.» Das könne aber helfen, den Druck auf Metropolen zu lindern. «Denn für Wohneigentum sind die Menschen bereit, ein Stück weit rauszuziehen.»
Wachsende Bevölkerung braucht Wohnraum
Für großen Wohnungsbedarf sorgt die wachsende Bevölkerung. Ende 2024 lebten in Deutschland rund 83,6 Millionen Menschen, etwas mehr als im Vorjahr. Seit fast zwanzig Jahren werde eine Schrumpfung vorhergesagt, sagt ING-Chefvolkswirt Brzeski. «Es ist bisher noch nie dazu gekommen. Im Gegenteil, die deutsche Bevölkerung war noch nie größer als aktuell.»
Die Migration sei die Erklärung: Obwohl Modellprognosen in der Regel von einer Zuwanderung von 200.000 Menschen pro Jahr ausgingen, betrug die durchschnittliche Nettozuwanderung der letzten zehn Jahre jährlich 600.000 Personen. Insbesondere war die Einwanderung während der Flüchtlingskrise 2015 und nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 besonders stark.
Gewöhnung an Zinsanstieg
Bauzinsen liegen seit Monaten auf einem erhöhten Niveau von zuletzt etwa 3,7 Prozent. Es gibt keine Entlastung für Käufer und Bauherren in Sicht. Der Kreditvermittler Dr. Klein prognostiziert stabile bis leicht steigende Bauzinsen. Investoren haben anscheinend die veränderten Rahmenbedingungen akzeptiert, wie zuletzt vom Baugewerbeverband ZDB berichtet wurde.
Oliver Kohnen, Geschäftsführer bei Baufi24, erwartet in der ersten Jahreshälfte 2026 Zinsen zwischen 3,5 und 4,0 Prozent. «Die Hoffnung auf eine Rückkehr zu den paradiesischen Zuständen der Niedrigzinsphase ist unbegründet.»
Die steigende Staatsverschuldung führt zu einem Aufwärtsdruck bei den Zinsen: Investoren verlangen daher höhere Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen. Diese sind wegweisend am Kapitalmarkt, die Bauzinsen richten sich danach.
Neubau stockt
Das Angebot an Wohnungen ist aufgrund des stockenden Neubaus in Städten knapp, was zu steigendem Druck auf Mieten und Kaufpreise führt. Laut dem IW wird die Situation voraussichtlich noch schlimmer: In diesem Jahr sollen etwa 235.000 Wohnungen gebaut werden, während es 2026 nur 215.000 sein sollen. Der Rückgang der Baugenehmigungen in den Vorjahren wird als Ursache genannt. Im Jahr 2024 wurden nur knapp 252.000 Wohnungen errichtet, der niedrigste Wert seit 2015.
Immerhin: «Die Stimmung im Wohnbau hat sich deutlich verbessert», sagt Robin Winkler, Chefvolkswirt Deutschland bei der Deutschen Bank. Auch die Baugenehmigungen steigen wieder.
Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK-Instituts der Hans-Böckler-Stiftung, ist der Meinung, dass der Tiefpunkt der Krise überschritten sei. Dennoch erwartet er vorerst keine Entspannung: Es werden etwa 320.000 neue Wohnungen pro Jahr benötigt.
Steigende Löhne, hohe Erbschaften
Für eine rege Immobiliennachfrage sprechen auch steigende Löhne bei vielen Beschäftigten. Seit mehr als zwei Jahren wachsen die Löhne nach Abzug der Inflation. Allein im dritten Quartal kletterten die Reallöhne um 2,7 Prozent – laut Statistischem Bundesamt «der bislang höchste Anstieg in diesem Jahr».
Auch große Erbschaften führen dazu, dass sich viele Leute Immobilien leisten können. 2024 verzeichneten die Finanzverwaltungen einen Rekord bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Gut ein Drittel der künftigen Erben hierzulande rechnet mit einer Erbschaft von 250.000 Euro oder mehr, zeigt eine Studie der Deutschen Bank. Michael Neumann, Vorstandschef von Dr. Klein, beobachtet, dass in Ballungszentren viele Käufer hohe Summen Eigenkapital mitbringen. «Das ist der Beginn der Erbengeneration, den wir gerade sehen.»








