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Anstieg der Firmenpleiten in Deutschland

Die Insolvenzzahlen steigen weiter an, Experten sehen keine Trendwende. Im ersten Quartal 2024 meldeten 5209 Unternehmen Insolvenz an, ein Viertel mehr als im Vorjahr.

Experten rechnen damit, dass im laufenden Jahr die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland steigen wird.
Foto: Martin Gerten/dpa

Die Anzahl der Firmenpleiten in Deutschland nimmt weiter zu. Experten sehen keine Anzeichen für eine schnelle Trendwende – im Gegenteil: Aufgrund der langsamen Erholung der Konjunktur aus der Schwächephase könnten im Gesamtjahr 2024 sogar mehr Unternehmensinsolvenzen in Europas größter Volkswirtschaft auftreten als bisher prognostiziert. Es wurde erwartet, dass die Zahlen nach dem Auslaufen staatlicher Hilfen und Sonderregelungen während der Corona-Pandemie steigen würden.

Im ersten Quartal dieses Jahres meldeten 5209 Unternehmen Insolvenz an, wie das Statistische Bundesamt bekannt gab. Dies entspricht einem Anstieg um gut ein Viertel (26,5 Prozent) im Vergleich zum Vorjahresquartal. Der Wert des ersten Quartals 2020 wurde ebenfalls um 11,2 Prozent übertroffen. Zu dieser Zeit gab es vergleichsweise niedrige Insolvenzzahlen, bevor die Corona-Krise mit Ausnahmeregelungen begann.

https://x.com/destatis/status/1801497440031281614

Schwache Konjunktur spricht gegen schnelle Trendwende

Der Trend zeigt weiterhin nach oben: Im Mai 2024 wurden 25,9 Prozent mehr Regelinsolvenzen beantragt als im Vorjahr. Seit Juni 2023 wurden kontinuierlich zweistellige Zuwachsraten im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet, so die Wiesbadener Statistiker. Die Verfahren werden erst nach dem ersten Urteil des Insolvenzgerichts in die Statistik aufgenommen. Der tatsächliche Zeitpunkt des Insolvenzantrags liegt in vielen Fällen ungefähr drei Monate zuvor.

«Es gibt keine Anzeichen für eine Trendwende. Denn eine schwache Binnenkonjunktur und handfeste strukturelle Herausforderungen halten die Wirtschaft weiterhin im Griff», analysierte Marc Evers, Mittelstandsexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). In der jüngsten DIHK-Konjunkturumfrage berichteten viele der mehr als 24 000 Unternehmen von knappen Kassen: 29 Prozent in der Gastronomie, 24 Prozent in der Gesundheitswirtschaft, 22 Prozent im Einzelhandel machen sich Sorgen um ihre Liquidität.

Meiste Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen in Berlin

Beim Finanzinformationsdienst Crif wächst ebenfalls der Pessimismus: «Zehn Monate in Folge gab es jetzt zweistellige prozentuale Zuwachsraten bei den Insolvenzzahlen. Es fällt daher zunehmend schwer, von einer nicht vorhandenen Insolvenzwelle zu sprechen», kommentierte Crif-Deutschland-Geschäftsführer Frank Schlein die aktuellen Zahlen.

Laut einer Auswertung von Crif gab es im ersten Quartal 2024 die höchste Insolvenzdichte in Berlin mit 28 Insolvenzen pro 10.000 Unternehmen. Der Bundesdurchschnitt lag bei 17. Neben Berlin lagen auch Hamburg (22), Nordrhein-Westfalen und das Saarland (je 21) über diesem Wert. Die geringste Anzahl an Firmenpleiten wurde in den ersten drei Monaten des Jahres in Bayern, Brandenburg und Thüringen verzeichnet (je 12 Fälle pro 10.000 Unternehmen).

Wirtschaftsforscher sehen auch positive Signale

Etwas Hoffnung macht die jüngste monatliche Analyse des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Demnach sank im Mai die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Deutschland erstmals seit November 2023 wieder – und zwar um sieben Prozent zum Vormonat auf 1271. «Der Abwärtstrend bei den Insolvenzzahlen wird sich auch im Juni fortsetzen», erwartet IWH-Forscher Steffen Müller. Allerdings rechnet er zugleich damit, dass die Insolvenzzahlen in Deutschland noch länger über dem Vor-Corona-Niveau liegen werden.

Experten gehen davon aus, dass die Anzahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland im laufenden Jahr auf etwa 20.000 Fälle steigen wird. Trotz eines Anstiegs um gut ein Fünftel im Vergleich zu 2023, bleibt dies ein vergleichsweise niedriger Wert im langjährigen Vergleich. Im Jahr 2009 während der Finanz- und Wirtschaftskrise waren fast 33.000 Unternehmen in Deutschland zahlungsunfähig.

dpa