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Wiesn gestartet: Achterbahn-Unfall mit Leichtverletzten

In München herrscht wieder Ausnahmezustand: Es ist Oktoberfest. Auch Prominente feiern mit – und die Politik. Sonne, Riesenandrang – und ein Achterbahn-Unfall, der glimpflich ausgeht.

Zahlreiche Menschen laufen am ersten Tag der Wiesn über das Festgelände.
Foto: Sven Hoppe/dpa

Schreckmoment zum Start des Oktoberfests: Bei einem Achterbahn-Unfall sind am ersten Tag der Wiesn acht Menschen leicht verletzt worden. Nur rund zehn Stunden nach dem Anstich trübte der Zwischenfall am Samstagabend zwar die Stimmung, der Unfall ging jedoch einigermaßen glimpflich aus. Die Festleitung schilderte am Sonntag, es sei dennoch insgesamt ein entspannter Auftakt bei tollem Wetter gewesen. Auch Polizei und Sanitätsdienst berichteten ansonsten von einem friedlichen und weitgehend ruhigen Auftakt.

Am Samstagabend war in der Familien-Achterbahn «Höllenblitz» ein anfahrender Zug langsam auf einen stehenden Zug zurückgerollt, wie der Betreiber die Situation schilderte. Die Polizei ermittelt – Gutachter sollen die Gründe klären. «Es war augenscheinlich ein technischer Defekt an der Anlage. Wir sind in der Klärung», sagte der Betreiber. Zugleich liefen Reparaturen. Dem Vernehmen nach gibt es Hoffnung, dass die Bahn am Montag wieder anlaufen könnte.

Die Bahn war wie alle Fahrgeschäfte vor dem Fest vom Tüv geprüft worden. Jeder der Züge sei mit etwa 30 Menschen besetzt gewesen, alle seien selbst ausgestiegen. Drei der acht verletzten Fahrgäste wurden von den Sanitätern vorsorglich ins Krankenhaus geschickt.

Hoher Besucherandrang im Vergleich zu 2022

Insgesamt mussten die Wiesn-Ärzte und Sanitäter am ersten Oktoberfesttag fast 650 Patienten versorgen. Das waren etwa so viele im wie Vorjahr, obwohl der Andrang deutlich höher war. Allein am Samstag kamen rund 450.000 Gäste zum Oktoberfest, rund 100.000 mehr als an dem verregneten ersten Tag im Vorjahr.

Anders als noch 2022 sorgt sich niemand mehr groß um Corona. Auch die Energiekrise scheint vergessen. Im vergangenen Jahr hatten sich die Wirte auf einen Verzicht auf Heizstrahler an den Biergärten geeinigt. Nun ist mancherorts zu lesen: «Beheizter Biergarten». Sorgen wegen Klimawandels, Inflation, Ukrainekriegs – das scheint ausgeblendet. Zuversicht und gute Stimmung bei Wirten, Schaustellern und Gästen, die dieses Jahr erstmals seit der Pandemie zahlreich auch wieder aus dem Ausland anreisten.

«Der Wunsch der Menschen zu feiern, ist groß», sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der als Stadtoberhaupt am Samstag Punkt 12.00 Uhr mit dem Anstich des ersten Fasses das Volksfest eröffnet. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte, die Menschen brauchten auch das Feiern um Kraft zu tanken. «Wir sind die Visitenkarte für Lebensfreude.» Mit Blick auf den strahlend-sonnigen Tag kreierte er statt Kaiserwetter einen neuen Begriff: «Ministerpräsidentenwetter».

Landtagswahlen spielen keine Rolle

Anders als auf anderen Volksfesten wie dem Gillamoos mit den traditionellen Bierzeltreden – soll die Wiesn wahlkampffreie Zone bleiben. Die Betriebsvorschriften verbieten Polit-Veranstaltungen einschließlich Wahlkampf. Doch drei Wochen vor der Landtagswahl in Bayern am 8. Oktober ist das nicht ganz einfach. Schließlich feiert traditionell auch die Polit-Prominenz auf dem Oktoberfest.

Söder wandte sich beim live im Fernsehen übertragenen Anstich im Schottenhamel mit einer politischen Forderung an die Gäste: Die «Gastrosteuer» dürfe nicht erhöht werden, sagt er. «Ich finde, Essen und Trinken ist eh schon zu teuer. Keine Erhöhung für Steuern auf Essen und Getränke», rief er – und holte sich Applaus ab.

Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie war in der Pandemie von 19 auf 7 Prozent gesenkt worden. Wie es Ende 2023 weitergeht, ist offen. Er habe das Thema angeschnitten, «weil es halt passt», sagte Söder. Die Wiesn sei schon teuer, solle aber für alle erschwinglich bleiben.» Reiter, der mit Söder auf eine friedliche Wiesn anstieß, sagte, Steuerentscheidungen fielen nicht im Bierzelt und für diese sei Berlin zuständig. Söder dürfe natürlich seine Meinung sagen.

Auf der Wiesn zeigten sich auch SPD-Bundeschef Lars Klingbeil und Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne). Auch Söders Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kam zum Anstich. Danach entkorkte der Wirtschaftsminister – eine Nummer kleiner als Reiter, der ein 200-Liter-Fass anstach – in «Bodo’s Cafézelt» mit der fränkischen Weinkönigin eine Flasche Wein. Er werde so oft um Selfies gebeten «wie noch nie», auch auf der Wiesn, sagte Aiwanger, der zuletzt wegen der Flugblatt-Affäre unter Beschuss war.

Viele prominente Gäste kommen nach München

Auch viele Prominente feierten mit. Der österreichische Sänger Andreas Gabalier erklomm kurz nach dem Anstich die Bühne im Schottenhamel-Zelt und sang – natürlich – «Hulapalu». Mit beim Anstich dabei waren auch Florian Silbereisen, Carolin Reiber, Marianne und Michael Hartl – und auch der Urenkel des letzten bayerischen Königs: Franz Herzog von Bayern (90) und sein Lebensgefährte Thomas Greinwald feierten an Reiters Tisch mit. Gesehen wurde im Käferzelt außerdem Fürst Albert II. von Monaco.

Präsenter als früher ist das Thema Nachhaltigkeit. Die Wirte wollen die großen Festzelte binnen fünf Jahren klimaneutral machen, wenn möglich schon 2026. Nach einer Debatte, ob die Wiesn nur mit Bio-Produkten oder zumindest einer Bio-Quote möglich sein könnte, bietet das Paulaner-Zelt probeweise nur Bio-Hendl an. In jedem Zelt soll es mindestens ein veganes Gericht geben, und mehr vegetarische Gerichte. Inzwischen gibt es – nach einer veganen Weißwurst im Vorjahr – an Buden auch veganen Leberkäse.

In den Zelten schleppen Bedienungen allerdings wie eh und je vor allem Hendl und Haxn an die Tische. Söder, der selbst keinen Veggie-Leberkäse und auch kein Tofu-Hendl essen möchte, hat hier jenseits der Gastro-Steuer einen Gastro-Tipp für die Festgäste: Jeder solle «essen was er will – und trinken so viel er verträgt».

Das gelingt nicht jedem. Dreieinhalb Stunden nach dem Anstich meldete die Wiesn-Sanitätsstation einen jungen Mann aus den USA als ersten Patienten mit «alkoholbedingtem Totalausfall». Er konnte nicht mehr selbst laufen. Noch gehen konnte ein anderer Gast, der sichtlich dem Bier zugesprochen hatte und ohne Hose das Volksfest verließ.

dpa