Mehr als 180 Jahre galten Luchse in Baden-Württemberg als ausgerottet. Nun wächst die Population wieder. Was hinter dem Auswilderungsprojekt steckt.
Achter Luchs im Schwarzwald: Das ist Martins Aufgabe
Martin vermeidet Gesellschaft von Menschen und Hunden, ist genetisch gut ausgestattet und beherrscht die Kunst, ganze Tierkörper zu zerlegen. Jetzt soll der Luchs im Schwarzwald für Nachwuchs sorgen, daher wurde das einjährige Tier ausgewildert.
Damit ist die Zahl der Luchse im Schwarzwald auf acht gestiegen. «Wir hoffen sehr, dass sich auch Martin gut zurechtfindet», sagte Micha Herdtfelder von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA).
Projekt soll Luchsbestand erhöhen
Weil Luchse in Europa stark bedroht sind, wurde 2023 das auf vier Jahre angelegte Projekt «Luchs Baden-Württemberg» ins Leben gerufen. Ziel ist es laut dem Ministerium für Ländlichen Raum, den Luchsbestand zu stützen und die notwendige Akzeptanz für den Luchs in Baden-Württemberg zu fördern.
«Der Luchs Martin kann dazu beitragen, dass diese faszinierende Tierart den Schwarzwald wie einst wieder dauerhaft besiedelt», erklärte Minister Peter Hauk (CDU) laut in Stuttgart verbreiteter Mitteilung.
Weitere Auswilderungen geplant
Ende 2024 hat das Projektteam Luchskatze Verena und Luchskuder Reinhold im Nordschwarzwald ausgewildert. «Beide Tiere haben sich sehr gut im Gebiet etabliert», sagte Projektleiterin Eva Klebelsberg von der FVA. Weitere fünf Kuder, also männliche Tiere, sind auf natürlichem Weg zugewandert.
Vor einem Jahr starb die erste ausgewilderte Luchskatze Finja an der seltenen Infektionskrankheit Staupe. Bis Ende 2027 sollen im Rahmen des Projekts etwa zehn, hauptsächlich weibliche Tiere ausgewildert werden.
Das steht auf dem Speiseplan
Der Eurasische Luchs (Lynx lynx) ist die größte Katze Europas. Laut Wildtierportal Baden-Württemberg sind die Tiere 80 bis 110 Zentimeter lang und haben eine Schulterhöhe von bis zu 60 Zentimetern. Sie leben im Wald, sind hauptsächlich nachtaktiv, Einzelgänger und benötigen viel Platz.
Laut den Angaben besteht das Nahrungsspektrum nur aus Fleisch und reicht von der Maus bis zum Rothirsch(kalb). Die Hauptbeute sind Rehe.
Martin soll auch der Forschung dienen
Martin wurde im Juni 2024 im Tiergarten Nürnberg geboren. Seit März lebte er in einem extra eingerichteten Gehege im Tierpark Oberwald des Karlsruher Zoos. Die dort gehaltenen Tiere haben nur minimalen Kontakt zu Menschen, um sie bestmöglich auf ein Leben in freier Natur vorzubereiten.
Die Tierärzte haben Martin vor seiner Auswilderung sorgfältig untersucht und geimpft. Er wurde mit einem Sender versehen. Dadurch soll die Wissenschaft mehr darüber erfahren, wie Luchse ihren Lebensraum nutzen.
«Vor über 180 Jahren wurde der letzte Luchs in Baden-Württemberg ausgerottet. Nun können wir endlich seine Rückkehr feiern», erklärte Sybille Klenzendorf von der Naturschutzorganisation WWF Deutschland, die das Auswilderungsprojekt unterstützt. Bislang gebe es in Deutschland nur drei ständige Luchsvorkommen: im Pfälzer Wald, im Harz und im Bayerischen Wald.