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Rasenmäher im Mai stehen lassen: Aktion für mehr Insektennahrung

Naturschutzverbände rufen dazu auf, im Mai nicht zu mähen, um Bienen und Hummeln mehr Nahrung zu bieten. Gartenbesitzer sollen die blühende Natur genießen.

Sich an der bunten Natur freuen statt zu mähen - dafür wirbt die Aktion «mähfreier Mai»
Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Es ist der klischeebehaftete Dreiklang am Samstagnachmittag im Frühling, irgendwo in Deutschland: die Radio-Konferenz zu den entscheidenden Spieltagen in der Fußball-Bundesliga hören, Auto waschen – und Rasenmähen. Nun rufen Naturschutzverbände dazu auf, im Mai den Rasenmäher im Schuppen zu lassen. Warum? Die Aktion «Mähfreier Mai» soll, kurz gesagt, Insekten wie Bienen und Hummeln zu mehr Nahrung verhelfen, weil Blumen aufblühen können im Garten.

Die Hintergründe – woher kommt der «Mähfreie Mai»? 

Die Aktion hat ihren Ursprung in England und heißt dort «No Mow May». Der englische Rasen ist besonders kurz, Wildblumen haben keine Chancen zu erblühen. Das mag adrett und ordentlich aussehen. Doch: Für Insekten und andere Tiere ist das misslich – sie finden keine Nahrung.

Beim Nabu Baden-Württemberg heißt es, die Initiative solle Gartenbesitzerinnen und -besitzer dazu motivieren, weniger zu mähen. «Wichtig: Das ist nur sinnvoll, wenn man eine klassische Rasenfläche hat. Bei Wildblumenwiesen kann Ende Mai mitunter genau der richtige Zeitpunkt sein, um zu mähen», betont eine Sprecherin. In Deutschland rufen inzwischen etliche Organisationen dazu auf, die Natur im Mai lieber zu genießen als den Rasen zu trimmen.

Und warum ist das Verzichten aufs Mähen sinnvoll?

«Wird im Frühjahr und Frühsommer auf das Mähen verzichtet, können sich die Pflanzen bis zur Blüte entwickeln. Im Rasen sind das unter anderem Gänseblümchen, Weißklee, Gundermann oder Löwenzahn», sagt Tarja Richter, Biologin und Insektenexpertin beim bayerischen Natur- und Umweltverband LBV. Das helfe Insekten, die Nektar und Pollen der Pflanzen brauchen, um sich und ihre Nachkommen zu versorgen. «Von den sich ansiedelnden Insekten können dann auch die im Mai geschlüpften Vogelküken ernährt werden.» 

Der Nabu in Baden-Württemberg rät zu mehr Gelassenheit bei der Rasenpflege im Garten, was ja auch weniger Arbeit bedeute: «Einfach weniger radikal rupfen und nicht ständig mähen, dann kommt die blühende Natur von ganz alleine», sagt Gartenexpertin Aniela Arnold. Wer weniger mähe, könne mehr Natur genießen und habe weniger Stress. 

Sind Gärten wirklich eine relevante Größe?

Ja, versichern Expertinnen und Experten. «Im Siedlungsraum leben erstaunliche viele Arten, die hier einen Ersatz für die freie Landschaft gefunden haben», sagt Tarja Richter vom LBV. Die Uni Würzburg habe beispielsweise in einem Projekt 247 Wildbienenarten in 40 Dörfern nachgewiesen. «Natürlich müssen die größten Bemühungen auf den Erhalt und Wiederherstellung von Lebensräumen in der Kulturlandschaft abzielen, aber solange es dort mau aussieht, können wir im Siedlungsbereich erstaunlich viel beitragen. Und so klein ist diese Fläche auch nicht: Etwa zwei Prozent der Gesamtfläche Deutschlands sind Privatgärten.»

Auch der Nabu im Südwesten versichert, es bringe etwas, wenn in den geschätzt 17 Millionen privaten Gärten in Deutschland auf die Artenvielfalt geachtet wird: «Auch wenn einzelne Gärten vielleicht nicht groß sind, in Summe können sie einen wichtigen positiven Effekt auf die Biodiversität haben – und als Trittsteinbiotope fungieren.»

Sind auch öffentliche Einrichtungen wie Kommunen dabei?

Einige Gemeinden beteiligen sich an der Aktion. Im Mai werden Grünstreifen, Böschungen und Flächen rund um öffentliche Gebäude nicht gemäht. Der Landkreis Wunsiedel in Nordbayern war bereits im letzten Jahr dabei und plant auch dieses Jahr wieder teilzunehmen. Eine Sprecherin sagt, dass die Aktion sinnvoll sei. Sie trägt dazu bei, das öffentliche Bewusstsein zu stärken, dass eine bunte Blumenwiese genauso schön sein kann wie ein gemähter Rasen. In diesem Jahr werden die Flächen mit eigenen Schildern gekennzeichnet, um die Bevölkerung auf die Aktion aufmerksam zu machen.

Beim Nabu heißt es: «Werden öffentliche Grünflächen, Böschungen, Weg- und Straßenränder weniger gemäht, spart das Zeit und Personal und fördert zugleich die Artenvielfalt – weniger ist mehr.»

Und nach dem 31. Mai?

Natürlich bringt es nichts, im Mai aufs Mähen zu verzichten, dann aber allwöchentlich den Rasen wieder kurz zu halten. Am besten solle man eine Sense nutzen und «die Mähintervalle strecken», rät der LBV. Außerdem: «Es empfiehlt sich abschnittweise vorzugehen: Wenn erst ein Gartenabschnitt gemäht wird, bleiben andere Teile des Gartens als Rückzugsräume für die Tiere erhalten.» Das Schnittgut sollte nicht auf den Flächen liegen gelassen werden. 

Ein Rasenmäher-Roboter sei keine passende Option, da er Igel verletzen oder Insekten schädigen könnte. Neben den Insekten und den Wildblumen profitiere auch der Boden vom höheren Gras. Die Erde bleibe feuchter und trockne in heißen Sommern nicht so schnell aus.

Der LBV hat auch einen Tipp für diejenigen, die dennoch besorgt über die Ordnung im Garten sind: Wenn Wege und Ränder freigeschnitten werden, wirkt der Garten trotzdem aufgeräumt.

dpa