Ambrosia birgt Tücken für Pollenallergiker. Ihre Pollen sind hoch allergen und können heftige Gesundheitseffekte auslösen. Eine Vorhersage wäre wünschenswert, doch es fehlt an guten Informationen.
Ambrosia: Die unterschätzte Gefahr für Allergiker

Für manche Pollenallergiker stehen harte Zeiten bevor. Während Bäume wie Birke, Hasel und Erle im Frühjahr blühen und auch die meisten Gräser längst durch sind, hat eine Pflanze im Spätsommer Hochsaison: Und Ambrosia birgt gleich in mehrfacher Sicht Tücken. Die Pollen sind sehr allergen, wie Anke Kniffka vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung Freiburg des Deutschen Wetterdienstes (DWD) erklärt. «Also wäre eine Vorhersage wünschenswert.» Doch es fehle an guten Informationen.
«In diesem Jahr befinden wir uns noch am Anfang der Saison, über einen speziellen Verlauf können wir also noch nichts sagen», so Kniffka. Was man über die nach Deutschland eingeschleppte Pflanze wissen muss:
Wie gefährlich ist Ambrosia?
Pollen der Ambrosia – im Fachjargon Beifußblättriges Traubenkraut (Ambrosia artemisiifolia) genannt – haben laut Umweltbundesamt (UBA) ein fünfmal höheres Allergiepotenzial als Gräserpollen. «Ihr Pollen kann schon in kleinen Mengen heftige Gesundheitseffekte beim Menschen auslösen.» Dazu zählten Heuschnupfen, Bindehautreizungen und allergisches Asthma. Bei einigen Menschen könne schon die Berührung allergische Reaktionen auf der Haut verursachen, erklärt die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW).
Laut der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst sind vor allem Allergiker, die auf Gemeinen Beifuß (Artemisia vulgaris) reagieren, besonders betroffen. Der Grund dafür ist eine hohe Kreuzreaktivität: Beifußallergiker reagieren auf Pollen beider Arten.
Forscher des Helmholtz-Zentrums in München haben vor Jahren entdeckt, dass Ambrosia besonders an Straßenrändern aggressiv wird. Stickstoffdioxid (NO2) aus Abgasen führt bei der Pflanze zu Stress, was zu Veränderungen in der Protein-Zusammensetzung des Pollens führt. Die Menge an allergenen Proteinen nimmt dadurch zu.
Wann blüht die Pflanze?
Von Juli bis Oktober. Ambrosia kann dem Polleninformationsdienst zufolge noch bis zum Absterben beim ersten Frost Pollen produzieren und abgeben. Diese werden Kniffka zufolge über weite Strecken geweht – auch aus Nachbarländern nach Deutschland. Regen sei gut für Allergiker. «Denn die Niederschläge waschen Ambrosia-Pollen schnell wieder aus.»
Experten zufolge können Tausende von Samen, die von einer Pflanze produziert werden, über Jahre hinweg im Boden keimfähig bleiben und somit die Ausbreitung von Ambrosia fördern.
Wo können sich Allergiker über die aktuelle Lage informieren?
Der DWD bietet im Internet unter anderem einen Pollenflug-Gefahrenindex an. Dort kann man sich über die aktuelle und kommenden beiden Tage informieren, wie hoch die Belastung in verschiedenen Regionen ist. Die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst veröffentlicht auf ihrer Homepage unter anderem eine Wochenpollenvorhersage für Deutschland.
Wie erkennt man Ambrosia?
Laut dem Polleninformationsdienst ist Ambrosia zwischen 15 und 180 Zentimeter hoch. Die Stängel der einjährigen Pflanze sind stark verzweigt und während der Blütezeit leicht rötlich gefärbt. Bei der Bestimmung sollte man laut der LUBW besonders auf die Blattform, die Blattunterseite und Behaarung des Stängels achten. Die Blattunterseite ist nur geringfügig heller gefärbt als die Blattoberseite.
Woher kommt die Pflanze?
Sie kommt aus Nordamerika. Laut LUBW gelangten Mitte des 19. Jahrhunderts Samen mit sonnenblumenhaltigen Saat- und Futtermischungen nach Europa. Ambrosia ist in Ungarn, Italien und Frankreich laut Angaben des Julius Kühn-Instituts (JKI), dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, schon seit langem als Problempflanze bekannt – nicht nur wegen der stark allergieauslösenden Pollen, sondern auch als lästiges Unkraut in der Landwirtschaft.
Wo breitet sie sich aus?
Laut LUBW wächst Ambrosia an gut beleuchteten, vegetationsarmen Standorten. Sie findet sich beispielsweise auf Brachflächen, in Neubaugebieten, auf Erddeponien, an Randstreifen und Böschungen von Wegen, Straßen, Autobahnen und Gleisen, aber auch in Gärten und landwirtschaftlich genutzten Flächen, auf denen beispielsweise Sonnenblumen oder Mais angebaut werden.
Nach Auskunft von DWD-Expertin Kniffka ist der Hauptverbreitungsweg Vogelfutter. «In osteuropäischen Gebieten, in denen viel Vogelfutter angebaut wird, und auch dort, wo Sonnenblumen angebaut werden, tritt Ambrosia am häufigsten auf.»
Die Pflanze ist nicht sehr frostresistent. «Daher spielt auch der Klimawandel eine Rolle, dass sie mittlerweile doch permanent anzutreffen ist», erklärt Kniffka. Mittlerweile sei die Art in Deutschland etabliert, insbesondere im Süden und Südwesten, im südlichen Brandenburg und Hessen. «Vor allem im südlichen Brandenburg befindet sich ein Hotspot, wie unsere Messungen zeigen.»
Wird die Verbreitung erfasst?
Wer Ambrosia-Bestände sieht, sollte sie laut UBA dem örtlichen Grünflächen- oder Pflanzenschutzamt melden oder dem JKI. Allerdings gibt es in keinem Bundesland eine gesetzliche Melde- und Bekämpfungspflicht, wie jüngst eine Umfrage des ARD-Politikmagazins «Report Mainz» ergab. Demnach gab etwa das Umweltministerium in Baden-Württemberg an, dass seit 2019 «aufgrund der großräumigen Verbreitung kein (…) systematisches Monitoring mehr möglich» gewesen sei.
Ein Problem auch für Vorhersagen, wie Kniffka vom DWD schildert: «Um den Pollenflug zu modellieren, bräuchte man als Ausgangsinformation eine sogenannte Verbreitungskarte, in der das Vorkommen der Art möglichst räumlich genau erfasst ist.» Es gebe aber nicht ausreichend Informationen über die tatsächliche Verbreitung der Pflanze in Deutschland.
Was kann man gegen die Ausbreitung tun?
«Wer die Pflanze auf eigenem Grund und Boden antrifft, kann selbst aktiv werden», heißt es beim UBA. Am besten sei es, sie noch vor der Blüte samt Wurzel mit Handschuhen ausreißen. Blüht sie schon, sollte man eine Maske gegen Staub tragen. Allergiker hingegen sollten jeglichen Kontakt vermeiden.
«Die blühende Ambrosia-Pflanze gehört wegen der Gefahr der Weiterverbreitung nicht in Kompost, Biotonne oder Grünabfuhr, sondern, in einem Plastikbeutel verpackt, in den Restmüll», heißt es weiter. Bei größeren Beständen sollten Betroffene sich bei der örtlichen Stadtreinigung erkundigen, ob die Pflanzen dort entsorgt und verbrannt werden können.