Immer mehr Kinder haben soziale Phobien, leiden unter Depressionen, zeigen Essstörungen: Vor allem Mädchen geht es laut dem Report einer Krankenkasse nicht gut. Was sind die Gründe dafür?
Bericht: Zunehmend Ängste bei Kindern – gerade bei Mädchen

Die Corona-Pandemie, die Klimakrise, Kriege, gesellschaftlicher Druck und Zukunftsängste setzen viele Kinder und Jugendliche unter Druck. Laut dem Kinder- und Jugendreport der Krankenkasse DAK, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, sind vor allem Mädchen aufgrund psychischer Probleme häufig langfristig in Behandlung.
Laut der Aussage haben 22 von 1.000 DAK-versicherten 5- bis 17-Jährigen Angststörungen – hauptsächlich soziale Phobien und Panikstörungen. Hochgerechnet entspricht dies bundesweit 230.000 Kindern und Jugendlichen. Im Vergleich zu den Daten aus 2019, also vor der Corona-Pandemie, ist dies ein Anstieg der Zahlen um 17 Prozent.
Vor allem jugendliche Mädchen leiden unter Angststörungen
Die Zunahme bei Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren war besonders stark. Im Jahr 2024 wurden 66,5 von 1.000 DAK-versicherten Mädchen aufgrund einer Angststörung behandelt, was einem Anstieg um 53 Prozent im Vergleich zu 2019 entspricht. Von diesen waren rechnerisch 16,6 Mädchen chronisch erkrankt. Im Vergleich dazu wurden 2019 8,1 von 1.000 Mädchen jedes Quartal des Jahres aufgrund einer Angststörung behandelt.
Laut dem Bericht sind fast alle Zahlen seit einem Anstieg bis 2021 in der Häufigkeit der Diagnosen auf einem konstant hohen Niveau geblieben. Wissenschaftler der Universität Bielefeld haben für die Auswertung DAK-Daten von 800.000 jungen Patienten sowie deren ambulanten und stationären Behandlungen analysiert und hochgerechnet. Die DAK ist die drittgrößte deutsche Krankenkasse.
Fehlende soziale Kontakte und falsche Werte in sozialen Medien
«Die Zahlen des DAK-Kinder- und Jugendreports machen das Erbe der Pandemie sichtbar», wird Christoph Correll, Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Berliner Charité, in einer DAK-Mitteilung zitiert. «Wir sehen eine langfristige Verfestigung psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen.»
Aufgrund fehlender soziale Kontakte und Entwicklungsschritte aus der Pandemie-Zeit hätten sich vor allem Mädchen zurückgezogen und Ängste entwickelt. Das habe viele Behandlungen nach sich gezogen. «Zudem sind Mädchen vulnerabler als Jungen für soziale Medien, deren Konsum in der Pandemie angestiegen ist», so Correll weiter.
Aufgrund der häufigen Konfrontation mit Körperbildern sowie Glücks- und Zufriedenheitsidealen, die unerreichbar sind, steigt das Stresslevel. Dies kann die Entwicklung und Verschlimmerung psychischer Erkrankungen begünstigen.
Kinderärzte: mehr Hilfe im Alltag der Kinder nötig
«Die Ergebnisse sind besorgniserregend und decken sich mit unseren Erfahrungen in der Praxis», erklärt Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ). Es sei deshalb wichtig, dass es in Schulen, Kitas und Jugendzentren mehr Präventions- und Unterstützungsangebote gibt.
Die Unterstützung von Fachkräften wie Schulpsychologen oder Schulsozialarbeitern sei wichtig, sagt auch Quentin Gärtner, Mitorganisator der Kampagne «Uns geht’s gut» der Bundesschülerkonferenz. «Wir brauchen (…) Schulgebäude, in denen man sich tatsächlich wohlfühlen kann, und Unterricht, der Wohlbefinden als notwendige Voraussetzung für Leistung anerkennt.»








