Seit rund 11.000 Jahren nutzen Menschen Schafe als Haustiere. Nun haben Wissenschaftler die gemeinsame Geschichte von Mensch und Tier näher entschlüsselt – und erklären, warum Hausschafe weiß sind.
Das Hausschaf und der Mensch – eine uralte Verbindung
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Nach Angaben von Forschern begannen die Menschen vor etwa 11.000 Jahren mit der Haltung von Schafen. Fleisch, proteinreiche Milch und warme, wasserabweisende Wollkleidung machten die Tiere im Laufe der Zeit tatsächlich zu einer Art „Wollmilchsau“.
Anhand genetischer Analysen von 118 Schafknochen aus den vergangenen rund 12.000 Jahren bestätigte ein internationales Team unter Beteiligung Münchner Forscher nun, dass die Domestizierung in Südostanatolien begann. Die Knochen stammen aus Europa und Asien. Das Team erklärt zudem, wie die Schafe weiß wurden.
Jahrtausendealte Ausgrabungen in Zentral-Türkei
Insbesondere anhand von Ausgrabungen in dem über 10.000 Jahre alten Dorf in Asıklı Höyük in Anatolien zeigten die Forschenden, dass die ersten häuslich gehaltenen Schafe von Mufflons abstammen, die im Westlichen bis Mittleren Taurus beheimatet waren. Dort fanden sie unter anderem Genome, die den frühen Hausschafpopulationen Europas ähnelten. Ihre Ergebnisse präsentieren sie im Fachjournal «Science».
Es sei ein «Riesenglück, dass die Fundplätze in Anatolien extrem gute Bedingungen aufweisen», sagt Mitautor Joris Peters von der Ludwig-Maximilians-Universität München. In mehreren Schichten seien dort Relikte aus verschiedenen Jahrhunderten geborgen worden.
Die Forscher analysierten zuerst die Knochen. Es war erkennbar, dass die Tiere ab einem bestimmten Zeitpunkt Gelenkschäden aufwiesen, was darauf hindeutete, dass sie eingesperrt waren. Außerdem wurde die DNA analysiert und die Knochen mittels Radiokarbonmethode datiert.
Weißes Schaf
Schon sehr früh hatten Schafhalter laut Studie Interesse an der Zucht von Tieren mit unterschiedlichen Fellfarben. «Dies ist der früheste Beleg für menschliche Eingriffe in die Biologie von Nutztieren», erläutert der Hauptautor der Studie, Kevin Daly, vom Trinity College Dublin in Irland.
Warum gerade weiß? Die Tiere seien so in der Landschaft leichter sichtbar und wiederzufinden gewesen, sagt der Münchner Wissenschaftler Peters. Die Züchtung verschiedener Fellmuster habe auch dazu gedient, die Herden zu unterscheiden. So sei klar gewesen, wem welches Tier gehöre. Es sei wohl auch ein Ausdruck des Stolzes auf den eigenen Besitz gewesen.
Migration nach Europa
Laut Peters geht der gesamte Schafbestand im heutigen Europa auf vorgeschichtliche Herden aus Anatolien und der Eurasischen Steppe zurück. «In diesen Regionen sind die Schafpopulationen entstanden, die dann nach Europa gebracht worden sind.» Die Migration habe gleichermaßen die Genetik von Schafen und Menschen in Europa beeinflusst. «In zwei Wellen kamen Hirten aus dem Osten nach Europa – und brachten Schafe und Gene mit.»
Die Wanderbewegung vor etwa 7.000 Jahren und 2.000 Jahre später nach Mitteleuropa veränderte den hiesigen menschlichen und tierischen Genpool grundlegend.
Schaf als Motor für Entwicklung moderner Gesellschaften
Forscher haben festgestellt, dass Schafe eine wichtige Rolle in der Evolution menschlicher Gesellschaften gespielt haben. Ohne Nutztiere wie Schafe, Ziegen, Schweine und später domestizierte Rinder hätte sich die Menschheit nicht so entwickeln können.